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Chiles Politische Ökonomie
Kontinuität und Wandel des abhängigen Entwicklungsmodells in Chile ab dem Pinochetismo bis heute
Klaus Winkelmeier
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Johannes Jäger
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.28864
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29422.33625.982169-8
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Diplomarbeit analysiert das chilenische Entwicklungsmodell. Der Militärputsch durch Augusto Pinochet im Jahr 1973 beendete die importsubstituierende Industrialisierung, die nach der Weltwirtschaftskrise 1929 installiert wurde, abrupt. Nach dem Coup d'État wurde zuerst die Ökonomie, danach die Politik, Gesellschaft und Kultur radikal reformiert. Um diese Reformen in all seiner Tragweite erfassen zu können, wurde ein Ansatz aus der Politischen Ökonomie gewählt. Ausgehend vom lateinamerikanischen Raum entwickelte sich in den 1960er Jahren eine Theorie, die international zu dieser Zeit große Aufmerksamkeit erlangte: die Dependenztheorie. Exakterweise müsste man aufgrund der Vielfalt der dependenztheoretischen Ansätze von der Dependenzschule, in dem sich die verschiedenen Strömungen einfinden, sprechen. Der erste Teil der Arbeit setzt sich näher mit den dependenztheoretischen Postulaten und ihren Ausprägungen auseinander. Eine Hauptforderung der DependenztheoretikerInnen ist die Einbeziehung der Historie und die Einbettung des Nationalstaates – demzufolge also Chile – in globale Transformationsprozesse. Deshalb werden in weiterer Folge die internationalen und kontinentalen Transformationen ab den 1970er Jahren näher analysiert und dargestellt. Der Hauptteil der Diplomarbeit gliedert sich in drei Periodisierungen. Nach einem kurzen Abriss der abhängigen Entwicklung Chiles vor der Pinochet-Diktatur beruht die Analyse auf zwei Komponenten. Zunächst wird für jede Periode die ökonomische Entwicklung unter die Lupe genommen, danach erfolgt die sozio-politische Entwicklung. Die erste Periode konzentriert sich auf die neoliberalen Umgestaltungen unter der Militärjunta. Die Zweite beginnt mit der demokratischen Transition bis zum Jahr 2002 und der Fortsetzung des neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells. Abschließend wird das günstige internationale Umfeld für Chile ab dem Jahr 2003 näher durchleuchtet und welche Veränderungen durch den vorteilhaften globalen Rohstoffboom stattfanden. Das heutige chilenische Entwicklungs- und Akkumulationsmodell lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Chile bleibt auch nach der demokratischen Transition durch die eklatante Einkommens-, Vermögens- und Landkonzentration eines der Länder mit der höchsten sozialen Ungleichheit der Welt. Der 'Pionier der Globalisierung' kann jedoch bei der Armutsreduktion durchaus beachtliche Erfolge vorweisen, auch wenn die Angaben mit Vorsicht zu genießen sind, weil die offiziellen Daten auf einem veralteten Warenkorb basieren und die Armutsquote nach neuesten Studien weitaus höher liegt als dies propagiert wird. Das 'chilenische Gold', Kupfer, erreichte in Folge des Rohstoffbooms im neuen Jahrhundert Preishöchststände und bescherte Chile zwar hohe Staatseinnahmen, doch wurde das Akkumulationsmodell einseitig auf diese natürliche Ressource ausgerichtet. Die (Re-)Primarisierung, d.h. eine verstärkte Rohstofforientierung, der chilenischen Ökonomie war die Folge. Die Preisanstiege bei den natürlichen Ressourcen lassen sich jedoch nicht ausschließlich auf die reale Nachfrage, speziell durch den Rohstoffhunger von China, zurückführen. Es ist auch eine Finanzialisierung der Rohstoffmärkte zu beobachten, die gerade für die ärmsten Bevölkerungsschichten (in den peripheren Staaten) schwerwiegende Auswirkungen hat. Das heutige Akkumulationsmodell basiert auf folgenden Achsen: Die passive Extraversion Chiles drückt einerseits die Außenorientierung, die Ausrichtung auf den Weltmarkt aus und andererseits die Abhängigkeit vom Waren- und Kapitalimport. Die dominant extensive Akkumulation in Chile stützt sich auf ein Heer von billigen Arbeitskräften, einer Unterbewertung des Peso und der Inwertsetzung der natürlichen Ressourcen. Die dritte Achse beruht auf der (weiteren) Dominanz der produktiven, und nicht wie oftmals angenommen auf der finanzialisierten, Akkumulation. Dabei handelt es sich genauer gesagt, um eine rohstoffbasierte Akkumulation, weil die einseitige Ausrichtung auf die extraktive Industrie in Chile auf dem Abbau von Kupfer basiert und sich in einer Reprimarisierung der Wirtschaft ausdrückt. Für das heutige Entwicklungsmodell Chiles bedeuten die obigen Ausführungen, dass der neoliberale Staat auch nach der demokratischen Transition weiter fortbesteht. Der Block an der Macht setzt sich aus einer transnationalen Kapitalfraktion, neoliberalen TechnokratInnen und Teilen der Mittelschicht zusammen. In diesem Kontext kommt es durch die enorme Einflussnahme der transnationalen Unternehmen zu einer 'Internalisierung von externen Interessen', die durch den neoliberalen Block nach innen vermittelt wird. Die neoliberale Hegemonie wirkt auch in die progressiven Parteien, welche neoliberale Konzepte als alternativlos ansehen und übernehmen. Die Disziplinierung der Subalternen erfolgt durch Wettbewerb und beruht auf dem Leistungsprinzip. Demzufolge können folgende Abhängigkeiten herauskristallisiert werden: 1) Die chilenische Enklaven-Wirtschaft zeichnet eine hohe Abhängigkeit gegenüber dem Bergbausektor – speziell zu Kupfer – und der konjunkturellen Entwicklung des Weltmarktes aus. 2) Ebenso ist eine Dependenz gegenüber Kapital- und Warenimporten zu konstatieren. 3) Die chilenische Rentenökonomie ist durch den großen Einfluss der transnationalen Unternehmen gekennzeichnet, die klientelistische Beziehungen fördern und eine autonome(re) Entwicklung verhindern. 4) Ebenfalls sind der chilenischen Entwicklungsweise ökologische Restriktionen gesetzt, die spätestens bei Erschöpfung der Kupferreserven das Modell zu Fall bringen. Hinzu kommen durch den enormen Energieverbrauch der extraktiven Industrie Umweltzerstörung- und verschmutzung. 5) Abschließend ist die strukturelle Heterogenität Chiles zu nennen, die aufgrund der Einkommens- und Vermögensungleichheit zur Prekarisierung und Marginalisierung der Massen führt und die abhängige Entwicklung Chiles manifestieren.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Politische Ökonomie Dependenztheorie Chile Abhängige Entwicklung Finanzialisierung Neoliberalismus Finanzmarktkapitalismus Liberalisierung Primarisierung Extraktivismus
Autor*innen
Klaus Winkelmeier
Haupttitel (Deutsch)
Chiles Politische Ökonomie
Hauptuntertitel (Deutsch)
Kontinuität und Wandel des abhängigen Entwicklungsmodells in Chile ab dem Pinochetismo bis heute
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
205 S. : graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Johannes Jäger
Klassifikationen
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.00 Geisteswissenschaften allgemein: Allgemeines ,
15 Geschichte > 15.09 Wirtschaftsgeschichte ,
70 Sozialwissenschaften allgemein > 70.02 Philosophie und Theorie der Sozialwissenschaften ,
83 Volkswirtschaft > 83.46 Entwicklungsökonomie ,
89 Politologie > 89.93 Nord-Süd-Verhältnis
AC Nummer
AC11031750
Utheses ID
25771
Studienkennzahl
UA | 057 | 390 | |
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