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Schon das Denken ist ein Theater
die theaterwissenschaftliche Relevanz des Körperbild-Begriffes inspiriert von Über das Marionettentheater Heinrich von Kleists
Christian Ruepp
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Monika Meister
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.29096
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29175.31938.888770-8
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Der Text Über das Marionettentheater von Heinrich von Kleist ist ein rezeptionsgeschichtlich äußerst kontrovers diskutiertes Werk. Auffallend ist, dass er in verschiedenster Hinsicht durch seine Widersprüchlichkeit besticht, die ihn fast bis an die Grenze der Absurdität navigiert. Diese, eigentlich offensichtlichen, Widersprüche führen jedoch verwunderlicher Weise keineswegs dazu, dass die Einheit und Kohärenz verloren gehen würde. Die Widersprüche lassen sich sowohl auf sprachlicher Ebene als auch inhaltlich verorten. Auf der Suche nach der Beantwortung der Frage, wie vordergründig unvereinbare Aussagen vereint und zusammengehalten werden, hat es sich aufgedrängt, den Begriff des Körperbildes zu Interpretationszwecken heranzuziehen. Zu diesem Zweck wurde der Begriff Körperbild analysiert und der Status quo seiner wissenschaftlichen Verwendung erhoben. Nach einer ersten Bestandsaufnahme wurde er in seiner Eigenschaft als Analyseinstrument untersucht und auf das Über das Marionettentheater angewendet. Die Erkenntnisse gelten in reziproker Weise sowohl für den Text als auch für den Begriff des Körperbildes. Auf literarischer Ebene kristallisiert sich ein übergreifendes Körperbild heraus, das die Erzählung zusammenhält und gegenüber dem Leser ein einheitliches und kohärentes Bild erzeugt. In vorliegender Arbeit wurden verschiedene Schichten des Textes thematisch isoliert und näher beleuchtet: die des Gliedermannes (der Marionette), des Tieres, des Menschen und des Gottes. Bereits auf der Textebene stellt sich des Weiteren die Frage nach der Grenze zwischen der realen Handlungsebene und derjenigen der fiktiven Erzählungen der Protagonisten. Damit verbunden wird deren Glaubwürdigkeit und damit die Glaubwürdigkeit des gesamten Werkes zur Diskussion gestellt. Das führt uns zum Thema der Aussagekraft von Glaube versus dem naturwissenschaftlichem Beweis. Es entwickelt sich ein Streitgespräch zwischen Kunst und Naturwissenschaft, das allerdings nicht nach dualen Prinzipien funktioniert. Vielmehr affirmieren sich die Streitenden, bestätigen sich, tauschen Positionen aus, um sich schlussendlich in trauter, aber verräterischer Eintracht zu versöhnen. Diese trügerische Eintracht spiegelt sich in den über die Zeit sehr widersprüchlichen Besprechungen der Rezensenten wider. Wie wirkt nun dieser Vorgang auf den Leser? Tatsächlich erzeugt die Darstellung und Dramaturgie einer Erzählung, aber auch die eines Theaterstückes eine Wirkung, welche auf körperlicher Ebene ihre Rückkoppelung im Körperbild finden kann. In diesem Sinne habe ich das Körperbild in neurologischer Hinsicht als Mittler zwischen an und für sich widersprechenden Ebenen gedeutet. Damit ermöglicht es dem Menschen, Ordnung und Realität zu etablieren. Aus der Analyse der Erzählung, und der Begutachtung und Anwendung des Körperbild-Begriffes resultiert die Kernthese meiner Arbeit. Diese besteht darin, dass bereits das Denken „Theater“ impliziert. Unsere Gedanken- und Vorstellungswelt virtualisiert im Gehirn reale Wahrnehmungen und Empfindungen. Damit löst sie in unserem Körper biologisch-physiologische Abläufe aus, unabhängig, ob die äußeren Ereignisse repräsentiert sind oder reale Ereignisse wahrgenommen werden. Die Auswirkungen unserer Gedanken- und Vorstellungswelt auf sogenannte körperliche und somit naturwissenschaftlich beobachtbare Vorgänge sind äußerst vielfältig. Durch die Beeinflussung des Muskeltonus beispielsweise geht dies bis zu konkret sichtbarer Einflussnahme auf unser Bewegungsverhalten. Der Umkehrschluss liegt nahe, nämlich dass die Art und Weise, wie wir und was wir wahr nehmen, wie wir uns bewegen oder schlicht die kulturellen Umstände, denen wir in unserem Sein ausgesetzt sind, auch ursächlich unser Denken beeinflussen. Der gerne propagierte idealisierende Wunschgedanke von der Freiheit und Selbstständigkeit des Denkens wird damit relativiert und in Frage gestellt. Angewendet auf brennende Themen, die sich im theaterwissenschaftlichen Diskurs stellen, zeigen sich bedeutende Auswirkungen auf das Verständnis vom Verhältnis zwischen Künstler, Darsteller, Rezipient oder Leser, aber auch für die Lektüre von Kunstwerken oder das Rezipieren von Theater im Allgemeinen.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Heinrich von Kleist Körperbild Marionettentheater Körperschema
Autor*innen
Christian Ruepp
Haupttitel (Deutsch)
Schon das Denken ist ein Theater
Hauptuntertitel (Deutsch)
die theaterwissenschaftliche Relevanz des Körperbild-Begriffes inspiriert von Über das Marionettentheater Heinrich von Kleists
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
155 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Monika Meister
Klassifikation
24 Theater > 24.15 Tanzkunst, Bewegungskunst
AC Nummer
AC11639816
Utheses ID
25968
Studienkennzahl
UA | 317 | | |
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