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Dazwischen denken
Überlegungen zu Homi K. Bhabhas 'Dritten Raum' und dem Deutschkursprojekt der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung in Wien
Sabine Schröder
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Inci Dirim
DOI
10.25365/thesis.29203
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30308.42686.565969-7
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Diese Diplomarbeit thematisiert die Aushandlung von (kulturellen) Differenzen und das darin
vermutete Potential für Neuverhandlungen im Kontext von Migration. Dies wird am Beispiel von
Interaktionen zwischen Deutschlehrer_innen und Kursteilnehmer_innen in den Deutschkursen des
Deutschkursprojektes der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung (Dessi) in Wien diskutiert.
Ausgangspunkt ist dabei eine kritischen Auseinandersetzung mit der österreichischen
‚Integrationsdebatte‘, welche von Vorurteilen, rassistischen Stereotypen und
Differenzkonstruktionen geprägt ist. Teil dieser ‚Integrationsdebatte‘ ist die Gesetzgebung der
Integrationsvereinbarung, durch die die Beantragung bestimmter Aufenthaltstitel und somit der
Zugang zu Rechten an den Nachweis von Kenntnissen des Deutschen gekoppelt ist.
Sprachkenntnisse werden somit zu einem Selektionsinstrument einer neoliberalen
Migrationspolitik, die Aufenthaltstitel nur bestimmten, als besonders ‚leistungsfähig‘ bewerteten
Personen zugesteht. Problematisch ist in diesem Kontext das vorherrschende Verständnis von
Integration, welches gleichbedeutend mit der Forderung nach Assimilation ist. Ebenso
problematisch ist, dass die Bedeutung von Sprache auf ein Kommunikationsmittel und auf in
Prüfungen abfragbares Wissen reduziert wird.
Diese Situation wird von verschiedenen Seiten kritisch betrachtet und berurteilt. Dazu zählt unter
anderem das Deutschkursprojekt der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung, eines selbstorganisierten,
autonomen Teams von Deutschlehrer_innen, die kostenlose und für alle Interessierten jederzeit
offenen Deutschkurse anbieten. Diese Arbeit skizziert das Deutschkursprojekt als einen möglichen
Ort des Widerstandes innerhalb der beschriebenen ‚Integrationsdebatte‘. Sie macht es sich zur
Aufgabe, eine Perspektive zu entwickeln, die über das in der ‚Integrationsdebate‘ vorherrschende,
verkürzte Verständnis von Integration und Sprache hinausgeht. Anhand der Arbeiten des
postkolonialen Theoretikers Homi K. Bhabha wird dazu die diskursive Konstruktion von kultureller
Differenz im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen thematisiert. Bhabhas
Denkfigur des ‚Dritten Raumes‘ bietet eine Möglichkeit, die Aufmerksamkeit auf Zwischenräume
in diesen Diskursen zu lenken. Im ‚Dritten Raum‘ treffen Differenzen aufeinander und können eine
Neuverhandlung von Bedeutungen und Identitäten bewirken. Positionen, die in den die
‚Integrationsdebatte‘ dominierenden Diskursen festgeschrieben sind, können somit in Bewegung
versetzt werden. Bhabha verortet im ‚Dritten Raum‘ daher eine gewisse Handlungsmächtigkeit
unterdrückter Subjekte und somit ein Potential für subversives und widerständiges Handeln.Inspiriert von Bhabhas ‚Dritten Raum‘ skizziert diese Arbeit das Deutschkursprojekt als
Zwischenraum in der ‚Integrationsdebatte‘. Auf der Suche nach neuen Sichtweisen und
Perspektiven wird ein qualitativen Forschungsdesign entwickelt, mit dessen Hilfe die Deutschkurse
mit Blick auf die von Bhabha beschriebene Handlungsmächtigkeit erforscht werden können. Im
Vordergrund steht dabei ein selbstreflexives Vorgehen, welches die Verfasserin dieser Arbeit als
Subjekt im Schreibprozess und Forschungsfeld sichtbar werden lässt. Insgesamt ist die Arbeit als
ein Denkanstoß zu verstehen, der neue Perspektiven aufzeigt und zu einer weiteren
Auseinandersetzung mit der Thematik einlädt.
Abstract
(Englisch)
This diploma thesis discusses the negotiation of (cultural) differences, focusing on the assumed potential for renegotiations in the context of migration and integration processes. The German class project of the Deserteurs- und Flüchtlingsberatung in Vienna and especially the interactions between German teachers and students serve as the case study for this discussion.
For this purpose a critical examination of the Austrian 'integration debate' which is mired by prejudices, racist stereotypes and the construction of differences is chosen as an introduction to the discussion. Part of this problematic debate is the legislation of the Integrationsvereinbarungen, linking the application of certain resident titles and hence the access to crucial rights to proof of knowledge of the German language. Thus language skills are being used as an instrument of selection by a neoliberal migration policy which only grants residency titles to those individuals who are being considered ‘efficient’. The dominant problematic perception of integration in this context mainly appears to be the demand for assimilation. It is just as problematic that, at the same time, the value of language is reduced to a means of communication and type of factual knowledge which can be evaluated in exams.
This situation will be critically discussed and evaluated from various perspectives, including the German class project of the Deserteurs- und Flüchtlingsberatung. The project consist of a self-organized, autonomous team of German-teachers, offering free of charge German classes that are always open for all who are interested. This thesis portrays the German class project as a possible space of resistance within the described 'integration debate'. It seeks to develop a perspective, which broadens the dominant narrow perception of integration and language. Based on the work of the postcolonial theoretician Homi K. Bhabha it therefore points out the discursive construction of cultural difference in relation to social power relations. Bhabha’s theoretical figure of a 'third space' offers the potential to raise attention to the 'inbetween spaces' in those discourses. The 'third space' is a place where differences are encountered, which can result in renegotiations of meanings and identities. Positions which are otherwise transfixed in the dominant discourses dominating the 'integration debate' can therefore be set in motion. Bhabha hence locates a certain potential for subversion and resistance in the 'third space', which may result in some form of agency for the oppressed.
Inspired by Bhabha's 'third space' this thesis interprets the German class project as an 'inbetween space' or 'third space' in the 'integration debate'. Seeking for new points of view and perspectives, a qualitative research design will be developed, which shall be utilized to explore the German classes, focusing on the potential for agency described by Bhabha. In this context special attention is given to a self-reflective approach, making the author of this thesis visible as a subject in the writing process and the field of research. Overall this thesis aims to be understood as an thought-provoking impulse, presenting a new point of view and inviting further discussion of the topic.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
integration language cultural differences third space Deserteurs- und Flüchtlingsberatung Vienna
Schlagwörter
(Deutsch)
Integration Sprache kulturelle Differenzen Dritter Raum Widerstand Deserteurs- und Flüchtlingsberatung Wien
Autor*innen
Sabine Schröder
Haupttitel (Deutsch)
Dazwischen denken
Hauptuntertitel (Deutsch)
Überlegungen zu Homi K. Bhabhas 'Dritten Raum' und dem Deutschkursprojekt der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung in Wien
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
V, 115 S. : Kt.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Inci Dirim
Klassifikationen
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.99 Geisteswissenschaften allgemein: Sonstiges ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.22 Sprachlenkung, Sprachpolitik ,
20 Kunstwissenschaften > 20.24 Gesellschaft, Kultur ,
70 Sozialwissenschaften allgemein > 70.99 Sozialwissenschaften allgemein: Sonstiges ,
71 Soziologie > 71.52 Kulturelle Prozesse ,
89 Politologie > 89.93 Nord-Süd-Verhältnis
AC Nummer
AC11045238
Utheses ID
26054
Studienkennzahl
UA | 057 | 390 | |