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Appropriation Art
die Aneignungskunst im US-amerikanischen und österreichischen Recht
Marco Genschorek
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Arthur Weilinger
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.29677
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30373.99393.357161-4
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Während im österreichischen Urheberrecht die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke oder Werkteile bezüglich der Appropriation Art im Rahmen einer selbständigen Neuschöpfung nach § 5 Abs 2 UrhG gerechtfertigt werden kann, muss sich die Zulässigkeit der Aneignungskunst im US-amerikanischen Copyright-Law an den Vorschriften des fair use defense nach 17 USC § 107 messen lassen. Entscheidungen zur urheberrechtlichen Rechtfertigung der im Wege der Aneignungskunst entstan-denen Arbeiten werden sowohl im österreichischen Urheberrecht als auch im US-amerikanischen Copyright-Law immer einzelfallbezogen und unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Grundsätze sowie des Zwecks des Urheberrecht / Copyright-Laws, nämlich der Förderung kreativer künstleri-scher Entfaltung, zu treffen sein. Im Hinblick auf das US-amerikanische Recht existieren mit Rogers v. Koons, Blanch v. Koons und Cariou v. Prince bereits drei wesentliche Gerichtsentscheidungen, anhand derer sich die Entwicklung der urheberrechtlichen Einordnung der Appropriation Art in der US-amerikanischen Rechtspre-chungspraxis anschaulich zeigt und auf deren Grundlage sich die Prinzipien für eine urheberrechtli-che Rechtfertigung der Werke der Aneignungskunst erarbeiten lassen. Den Ausgangspunkt hierfür bildet der einfachgesetzliche Rechtfertigungstatbestand des fair use defense mit seinen vier einzel-nen Abwägungsfaktoren purpose and character, nature of the copied work, amount and substantiality und effect upon work‘s value. Die entscheidenden Anknüpfungspunkte bei der Prüfung des fair use - Standards sind die Transfor-mativität der Aneignung und die Auswirkungen der Verwendung der Werkvorlage auf deren potentiel-len Markt. Bei der Transformativität der Aneignung kommt es dabei nicht darauf an, ob die Nach-schöpfung das Original direkt kommentiert, sondern es reicht aus, dass mit ihr eine allgemeine und von einem künstlerischen Zweck getragene Aussage getroffen wird. Eine schädliche Auswirkung auf den potentiellen Markt der Vorlage liegt zudem nur vor, wenn das Folgewerk einen wirtschaftlichen Ersatz für die Vorlage bildet. Im österreichischen Urheberrecht gibt es bisher keine gerichtlichen Entscheidungen, die sich mit der urheberrechtlichen Einordnung der Appropriation Art befassen. Lediglich die Entscheidung des OGH im Verfahren Lieblingshauptfrau (4 Ob 66/10z) kann herangezogen werden, um die Kriterien für eine urheberrechtliche Rechtfertigung der Werke der Aneignungskunst zu entwickeln. Entscheidend für die Einordnung der Aneignungskunst als selbständige Neuschöpfung nach § 5 Abs 2 UrhG ist deren Abgrenzung zur abhängigen Bearbeitung im Sinne von § 5 Abs 1 UrhG. Dabei sind die Übergänge zwischen abhängiger Bearbeitung und selbständiger Neuschöpfung fließend. Doch nur in der selbständigen Neuschöpfung liegt ein von der Werkvorlage verschiedenes und freies Werk vor. Und lediglich die Verwertung dieser selbständigen Neuschöpfung ist nicht von der Genehmigung des Schöpfers der Werkvorlage abhängig. Für eine selbständige Neuschöpfung darf der Künstler die Werkvorlage nur zur Anregung für das eigene Schaffen verwenden. Nach den allgemeinen äußeren Abgrenzungskriterien der von der Rechtsprechung zunächst entwickelten „Abstandslehre“ muss die Vorlage hierfür im Vergleich zum eigenen schöpferischen Arbeiten des nachschaffenden Künstlers verblassen. Die Kriterien der „Abstandslehre“ sind indes mit den Wesensmerkmalen der Appropriation Art nicht vereinbar. Für die Aneignungskunst ist der Rückgriff auf fremde Werke oder Werkteile essentiell und die damit verbundene äußerlich-formale Gleichartigkeit mit der Werkvorlage logische Folge, so dass derartige äußere Übereinstimmungen zwischen Vorlage und Nachschöpfung in der Regel zu einem negativen Ergebnis der „Verblassensprüfung“ führen. Im Verfahren Lieblingshauptfrau (4 Ob 66/10z) entwickelte der OGH zusätzliche Abgrenzungskriterien, die über die alleinige Anknüpfung an den äußerlichen Vergleich zwischen Werkvorlage und Nachschöpfung hinausgehen. Dieses Verfahren bot dem OGH erstmals die Möglichkeit, sich zur Kunstform der Parodie im Urheberrecht zu äußern. Wie die Aneignungskunst zeichnet sich auch die Parodie durch die Bezugnahme auf das Ausgangswerk durch äußerlich sichtbare Übernahmen in der Nachschöpfung aus. Der OGH erkannte, dass die bisher bestehenden äußeren Kriterien des Ver-blassens nicht mehr ausreichen, um die Parodie mit dem Gefüge der urheberrechtlichen Vorschriften in Einklang zu bringen. Es wurde notwendig, dass weitere Abgrenzungskriterien hinzutreten, die der OGH folgendermaßen definiert: (1) Das Verhalten fällt in den Schutzbereich von Art 13 StGG bzw Art 10 EMRK. (2) Es handelt sich nicht um unwahre, ehrenrührige Tatsachenbehauptungen. (3) Die wirt-schaftlichen Interessen des Urhebers werden nicht ausgehöhlt. (4) Die normale Auswertung des Werkes wird nicht beeinträchtigt. (5) Die berechtigten Interessen des Urhebers werden nicht unge-bührlich verletzt. (6) Das Grundrecht der freien Meinungsäußerung kann ohne Eingriff in das Urheber- oder Leistungsschutzrecht nicht oder nur unzulänglich ausgeübt werden. Obwohl der OGH seine Abgrenzungskriterien zunächst nur mit Blick auf die Parodie entwickelt hat, steht einer Anwendung dieser Kriterien auf die Aneignungskunst nichts entgegen. Denn die Bevor-zugung einer Kunstform gegenüber einer anderen verbietet sich. Die Abgrenzungskriterien bleiben nicht auf die Parodie beschränkt. Sie finden grundsätzlich auch auf jede andere Kunstform Anwen-dung, die den Schutz der verfassungsrechtlich garantierten Kunstfreiheit genießt. Neben dem Rückgriff auf die durch den OGH für die selbständige Neuschöpfung nach § 5 Abs 2 UrhG entwickelten Abgrenzungskriterien kann die Rechtfertigung der Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke oder Werkteile durch die Aneignungskunst darüber hinaus nicht auf der Grundlage des Zitatrechts erfolgen. Direkte gesetzliche Anknüpfungspunkte sind in der Urheberrechtsordnung, insbesondere in den Vorschriften zu den freien Werknutzungen der §§ 41 ff UrhG, nicht vorhanden. Für eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen ist kein Platz. Die für einen Analogieschluss erforderliche gesetzliche Lücke existiert nicht. Schlussendlich können durch die Aneignungskunst aber jederzeit gemeinfreie oder ehemals ge-schützte Werke, die nicht mehr unter die Schutzfristen nach den §§ 60 ff UrhG fallen, sowie andere Ausgangswerke ohne Urheberrechtsschutz frei benutzt werden.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Appropriation Art Aneignungskunst
Autor*innen
Marco Genschorek
Haupttitel (Deutsch)
Appropriation Art
Hauptuntertitel (Deutsch)
die Aneignungskunst im US-amerikanischen und österreichischen Recht
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
245 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Arthur Weilinger ,
Helmut Ofner
Klassifikationen
20 Kunstwissenschaften > 20.05 Kunst in Beziehung zu anderen Wissenschaftsgebieten ,
86 Recht > 86.18 Privatrecht: Allgemeines ,
86 Recht > 86.28 Gewerblicher Rechtsschutz, Verlagsrecht ,
86 Recht > 86.65 Wirtschaftsrecht
AC Nummer
AC11239136
Utheses ID
26461
Studienkennzahl
UA | 083 | 101 | |
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