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Das "Konglomerat" Nordkorea
eine Betrachtung mit Schwerpunkt auf dem militärischen Potential des Nordens sowie auf die Bedeutung der Juche-Idee hinsichtlich der isolationistischen und totalitären Struktur der DPRK ; der Versuch einer Bestandsaufnahme aus Fragmenten
Karl Stingeder
Art der Arbeit
Magisterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Otmar Höll
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.3056
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29183.99896.619355-2
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Der Konflikt auf der Halbinsel Koreas wird durch einen grundsätzlichen Widerspruch charakterisiert. Zum einen würde ein Gutteil der internationalen Gemeinschaft ein baldiges Regimeende begrüßen, zum anderen zielt die realpolitische internationale Machtpolitik – in unterschiedlichen Nuancen und mit verschiedenen Motiven – auf ein Überleben des Regimes von Kim Jong-Il ab. Warum hat Nordkorea Waffenprogramme wiederholt als reale Bedrohung kommuniziert, obwohl sich die Beweislage größtenteils mangelhaft dargestellt hat? Welche Rolle kann dem militärischen Potential des Nordens zugemessen werden? Einfache und eindeutige Antworten auf diese Fragen erscheinen derzeit auf Grund der mangelhaften Datenlage nicht zweckmäßig. Sämtliche Schlussfolgerungen beruhen auf Indizien und Annahmen bzw. Hypothesen. Außenpolitische Analysemodelle sind für sich gesehen ebenso unzureichend wie ein rein ökonomischer Erklärungsansatz. Der Schlüssel liegt nach Auffassung des Autors in einer dialektischen Annäher¬ung, auch unter Berücksichtigung der konstruktivistischen Sichtweise. An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass die neorealistische Annäherung zwar nur teilweise für die Betrachtung Nordkoreas geeignet scheint; die Kritik der Theorie und der infolgedessen gelungene Fund einiger Lücken bei der theoretischen Annäherung (im Zusammenhang mit der Ergänzung mit konstruktivistischen Aspekten) jedoch einige brauchbar anmutende Rückschlüsse ergab. In diesem Kontext hat der Autor dieser Studie den Versuch unter¬nommen, bestehende Perspektiven zum nordkoreanischen Dilemma zu verknüpfen und gegenüber zu stellen. Sicherlich eine der wichtigsten Schlussfolgerungen dieser qualitativen Arbeit ist die folgende Conclusio: Das Regime Nordkoreas ist weder irrational noch unberechenbar. Kim Jong-Il und die elitären Machtzirkel des Landes agieren durchaus rational, allerdings ist die zugrunde liegende Handlungslogik nicht immer auf den ersten Blick zu durchschauen. Ein Schlüssel für das Verständnis der Konfliktkonstellation liegt – laut Ansicht des Verfassers – in der Betrachtung der gegenseitigen Perzeption der Konfliktparteien. Die Wahrnehmung ist vor allem bei Auseinandersetzungen eine der wichtigsten Faktoren, was sich auch in Zusammenhang mit der Darlegung der Abschreckungstheorie widerspiegeln sollte. Weitere unverzichtbare Zugänge für das Verständnis des Konflikts sind der historische Werdegang auf der Halbinsel und die Betrachtung der nordkoreanischen Transformation des Kommunismus in eine theokratisch gefärbte und dynastisch geprägte Herrschaftsidee. Die Juche-Philosophie ist dabei theoretischer Grundstock des Regimes und zugleich Fundament für die soziale Struktur Nordkoreas. Eine „Zivilgesellschaft“ kann – aus der Perspektive des Autors als entfernter Beobachter – nur bedingt festgestellt werden, da es an konkreten Hinweisen auf Widerstandsbewegungen und Informationen im Hinblick auf eine möglicherweise vorhandene Kritik am Regime mangelt. Alleine der Umstand, dass das Regime ein ausgeklügeltes Lagersystem geschaffen hat, zeigt nach Meinung des Autors dieser Diplomarbeit, dass die Eventualität einer „Zivilgesellschaftsausprägung“ vom Regime ernst genommen wird. Möglicher politischer Widerstand wird im Keim erstickt, Bagatell¬delikte werden gemäß Zeugenberichten mit langjährigen Haftstrafen bestraft bzw. resultieren in Lagereinweisungen, einschließlich „politischer Umerziehung“. Der religiöse Rahmen des Juche, gemeinsam mit dem konfuzianisch geprägten Paternalismus, ist in den Augen des Autors ein schlechter Nährboden für politisches und soziales Engagement in Nordkorea. Dies zeigt sich vor allem in dem Umstand, dass trotz aller Krisen und der totalitären Herrschaft des Regimes, bei vielen Nordkoreanern weiterhin ein tiefer Glauben an die Führung bzw. Kim Il-Sung als Vaterfigur des „Ewigen Führers“ verwurzelt ist. Ferner scheint die Jucheidee die Basis für den Isolationismus des Landes zu bilden. Die Abschottung wiederum ist die zentrale Voraussetzung für das Überleben des Regimes, welches durch das fundamentale Sicherheitsdilemma permanent in Frage gestellt wird. Das Dilemma Nordkoreas kann (auf Grund der charakteristischen Asymmetrie des Konflikts) als „strategiepolitisches Paradoxon“ bezeichnet werden; das bewusst herbeigeführte Bedrohungspotential ist existenzieller Reflex und politisches Machtkalkül gleichermaßen. In jedem Fall bleibt das Dilemma Ursache und Brennpunkt der komplexen Spannungskonstellation auf der koreanischen Halbinsel, eine dauerhafte Lösung der Krise ist vorerst nicht in Sicht. Ein Schlüsselrolle wird in diesem Zusammenhang sicherlich die Frage spielen, ob dem Erben Kim Jong-Ils die gleiche Unterstützung des Militärs zu Gute kommt, wie dies in Folge der „Armee-zuerst“-Politik Kim Jong-Ils (im Zuge der Nachfolge Kim Il-Sungs) der Fall war. Im Hinblick auf die geopolitische Ausgangsposition sei abschließend erneut auf die bemerkenswerte Konstellation auf der Halbinsel hingewiesen: Die USA, Japan und Südkorea auf der einen Seite, China und Russland auf der anderen Seite – und Nordkorea in der Mitte. Alle Beteiligten verfolgen eigene Interessen und strategische Ziele. In diesem machtpolitischen Ränkespiel sind die Entwicklungen auf der Halbinsel mit einem immanenten Gefahrenpotential behaftet.
Abstract
(Englisch)
The nuclearisation of the Korean peninsula has to be considered as a consequence of the end of the bipolar world. After the Korean War, North Korea enjoyed security guarantees from the Soviet Union. Thus, the North was economically stronger and militarily superior compared to the South. The end of the Cold War has resulted in a significant change in the balance of powers. Even more, the reciprocal treat perceptions of South Korea and North Korea have changed. Today, in the perspective of the regime, the USA seems to be hostile towards North Korea and wants to achieve its collapse. In general, the conflict is divided in a political and a military level. The political component can be characterized by the rejection of legitimacy by the US and various indications that Washington would like to see a regime change. The military level consists of the strong North Korean military deterrent and the presence of US forces on the peninsula and in Japan. Even though, the USA is the only global military power, the balance of power on the Korean peninsula is stable. The DPRK has sufficient military capabilities to establish a credible deterrent, which would result in unattractive losses if the US decided to take pre-emptive action. Apart from that, the nuclear conflict is distinguished by a paradox fact. On the one side most of the international community would like to see regime change, because of the totalitarian and egalitarian ideology of North Korea, which rejects human rights and capitalism. On the other side every involved power wants to avoid regime collapse, because chaos and regional instability could be the result. Consequently, the North Korean entity is based politically and militarily on a credible deterrent and ideologically on an anachronistic value system. Moreover, national sovereignty is founded by the idea of Juche and dynastic governance of the so called “Kiminism”. This conception must be seen as the reason for the fundamental reform dilemma of North Korea. A change of system would lead eventually to the despise of the regime; this indentifies the security dilemma on the Korean peninsula. On the one side the regime is compelled to reform in order to survive, on the other side reform measures could ultimately gain momentum, which is threatening the existence of the DPRK. As a consequence of that the North Korean isolationism is a basic principle for regime survival.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
North Korea DPRK South Korea USA Japan China Russia nuclearisation peninsula Korean War Kim Jong-Il Kim Il-Sung bipolar world collapse reform dilemma security dilemma Totalitarism isolationism Neorealism Constructivism deterrent Juche dynastic governance Juche regime survival
Schlagwörter
(Deutsch)
Nordkorea DPRK Südkorea USA Japan China Rußland Nuklearisierung Halbinsel Korea-Krieg Kim Jong-Il Kim Il-Sung bipolare Welt Kollaps Reformdilemma Sicherheitsdilemma Totalitarismus Isolationionismus Neorealismus Konstruktivismus Abschreckung Juche Dynastische Regierung Überleben des Regimes
Autor*innen
Karl Stingeder
Haupttitel (Deutsch)
Das "Konglomerat" Nordkorea
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine Betrachtung mit Schwerpunkt auf dem militärischen Potential des Nordens sowie auf die Bedeutung der Juche-Idee hinsichtlich der isolationistischen und totalitären Struktur der DPRK ; der Versuch einer Bestandsaufnahme aus Fragmenten
Publikationsjahr
2008
Umfangsangabe
106 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Otmar Höll
Klassifikation
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.99 Geisteswissenschaften allgemein: Sonstiges
AC Nummer
AC07139442
Utheses ID
2662
Studienkennzahl
UA | 300 | | |
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