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Die Kunstauktion Österreich - Frankreich
Liesa Stadlbauer
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Gertraut Reichelt
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.31485
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29563.39272.956461-4
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die Analyse der Rechtslage in Frankreich zeigt deutlich, wie weitgehend ein Kunstkäufer im Vergleich zu Österreich in einer Kunstauktion Rechtsschutz genießt. Insbesondere das höchste französische Gericht, die Cour de Cassation, hat sich, bis auf die Ausnahme im Fall „Boulle", stark für einen effektiven Käuferschutz eingesetzt. So wird dem Kunstkäufer für den Fall, dass das erworbene Objekt von der Katalogbeschreibung abweicht, die Rückabwicklung des Kaufvertrages unabhängig von einem Verschulden des Einlieferers oder des den Katalog erstellenden Auktionators ermöglicht. In Österreich haben sich hingegen in der Praxis weitreichende Haftungsfreizeichnungen in den Versteigerungsbedingungen der Auktionshäuser etabliert und somit den Käuferschutz wesentlich eingeschränkt. Entgegengesetzte Bestrebungen vonseiten des Gesetzgebers oder vonseiten der Rechtsprechung sind nicht erkennbar. Besonders die Irrtumsanfechtung gem Art 1110 Code Civil zeigt sich nach einer Weiterentwicklung durch die Rechtsprechung als geeignetes und sehr effektives Instrument für den Käufer, beim Kauf eines unechten oder sonst fehlerhaften Kunstwerkes den Kaufpreis gegen Rückgabe des Objektes herauszuverlangen. Insbesondere aufgrund der allgemeinen Vermutung durch die Gerichte, dass sich der Käufer bei Vorliegen einer objektiv unrichtigen Beschreibung im Auktionskatalog beim Kauf in einem Irrtum befunden hat, führt dieser Rechtsbehelf zumeist für den Käufer zu einem Erfolg. Auch für den Beweis, dass es sich um eine unrichtige Angabe handelt, hat die höchstgerichtliche Rechtsprechung den Maßstab stark heruntergeschraubt und lässt bereits einen ernsthaften Zweifel an der Echtheit des Kunstwerkes genügen. Damit reagiert sie auf die tatsächliche Situation in der Praxis, wo in den seltensten Fällen unter Experten Einheitlichkeit über die Frage der Echtheit besteht. Der OGH hingegen hat in einem Fall aus dem Jahre 1929, indem es um eine Geige aus der Werkstatt Jakobus Stainer ging, die Irrtumsanfechtung nicht zugelassen, weil sich mehrere Gutachten hinsichtlich der Herkunft des Instruments widersprachen. Aufgrund dieser Weiterentwicklung des französischen Irrtumsrechtes wird einmal mehr ersichtlich, dass die Rechtsbehelfe des Code Civil nur bedingt auf den Kunstkauf anwendbar sind, wenn sie keine Abwandlung und Anpassung erfahren. Dies haben die Gerichte in Frankreich sehr früh erkannt, was den Käuferschutz im europäischen Vergleich sehr stark erscheinen lässt. Zudem wurde richtig erkannt, dass besonders die Beweisbringung in der Praxis für den Kunstkäufer schwierig ist. Neben der französischen Rechtsprechung, die besonders durch die Fortschreibung des irrtumsrechtlichen Rechtsschutzes zu einer Stärkung der Position des Kunstkäufers beigetragen hat, wird dem Kunstkäufer in Frankreich auch durch zahlreiche Sonderbestimmungen unter anderem im Code de Commerce ein weitreichender Schutz eingeräumt. Besonders die gesetzliche Solidarhaftung des Auktionators und des Experten in Frankreich gilt als vorbildliches Institut, um einen wirksamen Schutz für enttäuschte Kunstkäufer zu garantieren. Der Käufer kann dabei Schadenersatzansprüche gleichermaßen gegen den Auktionator oder den Experten richten, um seinen Anspruch geltend zu machen, während er in Österreich in erster Linie lediglich gegen den Auktionator vorgehen kann, weil er nur mir diesem in einer vertraglichen Beziehung steht. Sowohl der Experte als auch der Auktionator haften in Frankreich für die Richtigkeit der Angaben im Katalog. Demnach kommt der Objektbeschreibung im Auktionskatalog eine erhöhte Bedeutung zu, welche aufgrund des Décret aus 1981 auch gesetzlich verankert wurde. Der Gesetzgeber hat somit den Inhalt der Katalogangabe als verbindliche Festlegung des Vertragsinhaltes festgeschrieben. Die Situation des Käufers wird in Österreich dadurch verschlechtert, dass die Auktionshäuser durchgängig die Haftung für leichte Fahrlässigkeit formularmäßig ausschließen. Während in Frankreich die Tendenz dahingeht, dass der Auktionator und der Experte auch verschuldensunabhängig für unrichtige Katalogangaben haften, kann ein österreichisches Auktionshaus in der Regel nur bei grobem Verschulden belangt werden. In Frankreich wird die Haftung des Auktionators und Experten für unrichtige Katalogangaben selbst dann bejaht, wenn sich a posteriori herausstellt, dass das Werk nicht echt ist. Es wird dem Kunstkäufer anders als in Österreich auch dann ein Anspruch zugebilligt, wenn nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Versteigerung das Gemälde als echt galt, sich später aber herausstellt, dass es sich um eine Fälschung handelt. Auch wenn diese Auffassung mE zu weit geht, garantiert die Ausdehnung und Weiterentwicklung dieser gesamtschuldnerischen Verantwortung des Auktionators und des Experten durch die französische Rechtsprechung, dass bei der Untersuchung und Nachforschung über die Herkunft der eingelieferten Gegenstände ein sehr hoher Sorgfaltsmaßstab angelegt wird und bei Zweifel die Echtheit nur mit Vorbehalt zugesagt wird. Somit befindet sich der enttäuschte Käufer in Frankreich in einer besseren Ausgangslage als ein Kunstkäufer in Österreich, da ihm im Falle einer Fälschung neben den vertraglichen Ansprüchen gegen den Einlieferer auch gesetzliche Ansprüche gegen den Auktionator und den Experten zustehen. Im Ergebnis kann der Kunstkäufer in Frankreich somit gegen drei Personen vorgehen, was besonders angesichts des Insolvenzrisikos der beteiligten Personen ein beachtlicher Vorteil ist. Selbst bei einer irrtumsrechtlichen Anfechtung des Vertrages ließ die Rechtsprechung eine Inanspruchnahme des Auktionshauses zu, weil der Käufer im besagten Fall nicht auffindbar war. In Österreich hingegen ist der Kunstkäufer weitestgehend auf eine Inanspruchnahme des Auktionators beschränkt und kann nicht direkt gegen den Einlieferer vorgehen. Bereits aufgrund dieser Ausgangslage wird klar, dass der österreichische Käuferschutz bereits hier im Vergleich zu Frankreich große Defizite aufweist. Zusätzlich wurde von der Aufsichtsbehörde der Kunstauktionatoren, dem Conseil des Ventes, im Jahr 2012 ein Verhaltenskodex für Kunstversteigerer erarbeitet, welcher die Pflichten im Umgang mit Kunstwerken festlegt. Welche Sorgfaltspflichten in Österreich von einem Auktionator oder Experten bei der Beschreibung und Bewertung eines Kunstwerkes einzuhalten sind, ist bisher nicht gesetzlich geregelt. Vielmehr kommen die allgemeinen Verkehrspflichten des Handels in Betracht. Besonders diskussionswürdig bleibt weiterhin die Frage der Prüfpflichten des Auktionators. Zuletzt hat der OGH auch eine nachvertragliche Aufklärungspflicht des Kunsthändlers über später hervorkommende Zweifel über die Echtheit eines verkauften Gegenstandes abgelehnt, obwohl der Verkäufer mit dem Käufer auch nach dem Kauf in einer engen Geschäftsbeziehung stand. Während in Frankreich sowohl seitens der Rechtsprechung als auch seitens der Gesetzgebung starke Bestrebungen dahin gehen, den Käuferschutz auch für Kunstkäufer effektiver zu gestalten, sind die Kunstkäufer in Österreich auf wenige, nicht allzu vielversprechende Rechtsbehelfe nach dem allgemeinen Zivilrecht angewiesen und befinden sich bereits aufgrund der starken Position der Auktionshäuser mit ihren sehr weitreichenden Haftungsfreizeichnungen in einer deutlich schwächeren Position als in Frankreich. Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen, wäre es notwendig, dem Kunstkäufer auch in Österreich für den Fall, dass er eine Fälschung oder ein sonst mangelhaftes Objekt erwirbt, einen effektiveren Schutz zu gewähren. Auch das Rechtsinstitut der „Echtheitsgarantie" bietet dem Erwerber eines unechten Kunstwerkes nur für eine beschränkte Anzahl an Fällen die Möglichkeit, dieses wieder zurückzugeben. Es kann jedoch nicht angehen, dass immer professionellere Fälschungstechniken und ein damit erhöhtes Risiko einseitig auf den Käufer abgewälzt werden. Im Interesse eines sicheren Marktes müssen Auktionshäuser meines Erachtens stärker in die Pflicht genommen werden Nach eingehender Betrachtung der Situation des Käuferschutzes in Österreich und in Frankreich wird daher erkennbar, dass gerade Österreich einen großen Aufholbedarf hat, um sich auch im internationalen Wettbewerb am Kunstmarkt als attraktiver Standort für Kunsttransaktionen zu bewähren. Es ist daher notwendig, dem Käufer auch hierzulande einen größeren Schutz zu bieten und ihn nicht weiter mit intransparenten Versteigerungsbedingungen zu konfrontieren. Voraussetzung ist, dass die österreichische Rechtsprechung das in Frankreich bereits richtig erkannte Ergebnis mit den geltenden Rechtsbehelfen verwirklicht. Ist dies nicht möglich, ist eine spezielle gesetzliche Kodifikation, wie sie in Frankreich verabschiedet wurde, zur Herstellung des gewünschten Ergebnisses notwendig.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Kunstauktion Commissaire-Priseur Ventes aux enchères Auktionator
Autor*innen
Liesa Stadlbauer
Haupttitel (Deutsch)
Die Kunstauktion Österreich - Frankreich
Publikationsjahr
2013
Umfangsangabe
A 262
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Richard Potz ,
Kurt Siehr
Klassifikation
86 Recht > 86.86 Europarecht: Allgemeines
AC Nummer
AC11656457
Utheses ID
27991
Studienkennzahl
UA | 783 | 101 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1