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Die italienischen Seerepubliken als Wegbereiter der europäischen Hegemonie
eigenständige Entwickler des Kapitalismus oder Nutznießer transkontinentaler Verbindungen
Stefan Binder
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Gottfried Liedl
DOI
10.25365/thesis.31677
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29284.65066.676162-2
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Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Der erste Teil des Titels, „Die italienischen Seerepubliken als Wegbereiter der europäischen Hegemonie“ definiert den historischen Kontext dieser Arbeit, während der zweite Teil, „Eigenständige Entwickler des Kapitalismus oder Nutznießer transkontinentaler Verbindungen“, bereits sehr konkret die Forschungsfrage benennt. Die Arbeit bietet demnach im Kontext verschiedener Theorien zum Aufstieg Europas und seiner möglichen Ursprünge, einen Vergleich der Forschungsliteratur zu förderlichen oder hinderlichen Alleinstellungsmerkmalen, welche die Entwicklung des Kapitalismus in zwei untersuchten Wirtschaftsräumen maßgeblich beeinflussten. Diese sind, methodisch an Kenneth Pomeranz angelehnt, Italien mit Schwerpunkt Venedig und der islamische Machtbereich mit Schwerpunkt mamlukisches Ägypten. Beide Wirtschaftsmächte sind im mit Janet Abu-Lughod definierten Untersuchungszeitraum, 1250 bis 1350, in ihrem Kulturkreis in vielfacher Weise führend. Abu-Lughods Weltsystem ist Ausgangspunkt und Hauptreferenzpunkt der Arbeit. Sie zeichnet in ihrem viel beachteten Werk „Before european hegemony – The world-system A.D. 1250 – 1350, ein globales Handelssystem, welches in eben jenen Jahrzehnten, wesentlich begünstigt durch die „Pax Mongolica“ bestanden haben soll, nach. Dieser transkontinentale Handelskreislauf, wird von Abu-Lughod in verschiedene Kreise unterteilt, welche China, Südostasien, Indien, den muslimisch dominierten, persisch-arabischen Machtbereich, den östlichen Mittelmeerraum, sowie die Apenninnen-Halbinsel und Frankreich sowie Flandern mit einschließt. Am langfristigsten und intensivsten in vielfältiger wirtschaftlicher und kultureller Verbindung standen dabei, die italienischen Seerepubliken als Ausgangspunkt nehmend, Venedig und das Mamlukenreich, welche eine lange Zeit für beide Seiten günstige Symbiose im Fernhandel, im Speziellen mit Luxusgütern aus Indien und Fernost eingingen, welche gleichzeitig profitable und sichere Absatzmärkte für eigene hochwertige Fertigprodukte und Rohstoffe garantierten. Beide Wirtschaftsräume verfügten demnach zu Beginn des Untersuchungszeitraums über äußerst günstige Voraussetzungen im Kontext eines transkontinentalen Wirtschaftssystems. Um eine Untersuchung kapitalistischer Strukturen zu ermöglichen, wird zunächst der Begriff des Kapitalismus, mittels einer Darlegung von Sichtweisen unterschiedlicher historischer Schulen, klar dargelegt. Diese umfassen klassisch marxistische Positionen, wie auch neo-marxistische Sichtweisen und solche von Vertretern der Weltsystemschule, etwa Wallerstein, Braudel, Amin, Lane und solche der so genannten California School, hier seien Frank, Goldstone, Pomeranz, Marks und Hobson als maßgebliche Vertreter genannt. Entscheidende Faktoren der Untersuchung sind folglich, ob im jeweiligen Wirtschaftssystem Gewinne profitorientiert reinvestiert wurden, dabei alle Ebenen des Wirtschaftskreislaufes unter Kontrolle gebracht werden konnten und, schließlich, ob das hierfür notwendige finanztechnischen Know-How und entsprechende wirtschaftspolitischen Strukturen vorhanden Waren. Die äußerst Kontroverse Forschungsliteratur umfasst Klassiker wie Braudel, Pirenne, Labib, Udovitch, Ashtor und Lopez, wie auch maßgebliche, rezentere Beiträge von Mitterauer, Amin, Feldbauer, Hosseini, Liedl, Hobson, Chaudhuri, Vries, Ptak, Ertl oder Nagel. Diese verändern den Blick vor allem durch eine globale Sicht auf die Entwicklungen in einzelnen Räumen, welche davon Abstand nimmt Ursachenforschungen für einen vorgezeichneten, europäischen Aufstieg zu betreiben. Besonders kontrovers werden dabei die wirtschaftspolitischen Strukturen und der Einfluss religiöser Institutionen und Traditionen auf das Wirtschaftsleben in den beiden untersuchten Räumen diskutiert. Völlig unterschiedlich bewertete Aspekte sind etwa das entspiritualisierte, rationale Gebaren der Italiener, gestützt auf staatlichen Protektionismus und finanzieller Planungssicherheit, im Kontext des klassischen Themas der „europäischen Stadt“ und ihrer möglichen Vorzüge gegenüber anderen Kulturkreisen, oder der ebenso klassische Diskurs, welcher (nicht nur) im persisch-arabischen Raum eben jene Faktoren als beträchtlich ungünstiger bewertet, mangelnde kapitalistische Entfaltung gar den Grundsätzen des Islam zuschreibt. Vor diesem Hintergrund zeichnet diese Arbeit ein umfassendes Bild unterschiedlicher Sichtweisen mit Hilfe der vielfältigen Literatur, welche den Forschungsstand darlegt und damit hilfreiche Basis für weitere Untersuchungen sein soll. Diese könnten im Speziellen weitere Wirtschaftszentren des Abu-Lughodschen Weltsystems, etwa Genua, Malacca oder Peking, umfassen oder die hier getätigten Untersuchungen weiter vertiefen.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Kapitalismus Spätmittelalter Venedig Mamluken Islam transkontinentale Verbindungen Globalgeschichte
Autor*innen
Stefan Binder
Haupttitel (Deutsch)
Die italienischen Seerepubliken als Wegbereiter der europäischen Hegemonie
Hauptuntertitel (Deutsch)
eigenständige Entwickler des Kapitalismus oder Nutznießer transkontinentaler Verbindungen
Publikationsjahr
2014
Umfangsangabe
131 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Gottfried Liedl
Klassifikation
15 Geschichte > 15.09 Wirtschaftsgeschichte
AC Nummer
AC11355828
Utheses ID
28164
Studienkennzahl
UA | 190 | 344 | 313 |