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Soziales Entscheidungsverhalten psychopathischer Sexual- und Gewaltstraftäter
Daniel Prattinger
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Psychologie
Betreuer*in
Daniela Pfabigan
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29078.23698.877759-3
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Obwohl die empirische Erforschung des Psychopathie-Konzeptes auf eine lange Tradition verweisen kann, erscheint die Frage inwieweit sich psychopathische Persönlichkeitsmerkmale auf das soziale Entscheidungsverhalten auswirken als weitestgehend ungeklärt. Vor allem im Kontext des Strafvollzuges spielen psychopathische Persönlichkeitseigenschaften aufgrund ihrer hohen prädiktiven Kraft zur Abschätzung der Rückfallwahrscheinlichkeit und eines institutionellen Fehlverhaltens eine wesentliche und praktisch bedeutsame Rolle. Während bisherige Studien das soziale Entscheidungsverhalten von psychopathischen Personen aus der Allgemeinbevölkerung untersuchten, war es das Ziel der vorliegenden Studie, die für die soziale Interaktion wesentlichen Prozesse der Bestrafungssensitivität und der altruistischen Bestrafungstendenz erstmals bei inhaftierten Psychopathen zu untersuchen. Hierzu wurde ein computerisiertes Spielparadigma zur Erfassung der Bestrafungssensitivität und ein Paradigma zur Erfassung der altruistischen Bestrafungstendenz psychopathischen Inhaftierten (n = 12), nicht-psychopathischen Inhaftierten (n = 12) und gesunden Kontrollpersonen (n = 12) vorgegeben. Im Paradigma zur Erfassung der Bestrafungssensitivität mussten die Versuchspersonen 100 Geldeinheiten zwischen sich und einem anderen Spieler aufteilen, wobei in sechs Runden ihre Aufteilung bestraft werden konnte, in sechs weiteren Runden keine Bestrafung drohte und in nochmals sechs Runden der PC die Aufteilung übernahm. Das Verfahren zur Erfassung der altruistischen Bestrafung glich dem ersten Paradigma, jedoch mit der Ausnahme, dass hier die Versuchsperson Angebote erhielt und diese bestrafen konnte. Zusätzlich wurden die elektrodermalen Reaktionen der Versuchspersonen auf die Präsentation einer Strafandrohung und auf die Präsentation von unfairen Geldaufteilungen erfasst und miteinander verglichen um die Wirkungszusammenhänge von Emotion und Kognition in sozialen Entscheidungsprozessen näher untersuchen zu können. Während die Kontrollpersonen aufgrund der Strafandrohung ihr Verhalten änderten, konnte eine derartige Bestrafungssensitivität bei nicht-psychopathischen Inhaftierten und psychopathischen Inhaftierten, sowohl auf der verhaltens- als auch auf der psychophysiologischen Ebene nicht gefunden werden. Des Weiteren zeigten psychopathische Inhaftierte zwar eine intakte kognitive, jedoch fehlerhafte affektive Antizipation der negativen Entscheidungskonsequenzen. In Bezug auf das altruistische Bestrafungsverhalten konnten keine Gruppenunterschiede festgestellt werden, jedoch zeigten nicht- psychopathische Inhaftierte und vor allem psychopathische Inhaftierte, im Gegensatz zu den Kontrollpersonen ein erhöhtes Maß an antisozialem Bestrafungsverhalten, welches sich in der Sanktionierung von prosozialem Verhalten äußerte. Die hier gefundenen Ergebnisse zur Bestrafungssensitivität bei psychopathischen Inhaftierten stehen im Einklang mit der bisherigen Literatur und können die bisherigen Funde zur verminderten Bestrafungssensitivität von psychopathischen Personen aus der allgemeinen Population auf eine forensische Stichprobe erweitern. Hieraus ergeben sich praktisch relevante Indikationen und Vorschläge zum Umgang mit psychopathischen Inhaftierten im Vollzugsalltag. Die Ergebnisse bezüglich der altruistischen Bestrafung erhärten die Vermutung, dass ein abnormes altruistisches Bestrafungsverhalten zwar die primäre Psychopathie charakterisiert, jedoch nicht die sekundäre Psychopathie. Sekundäre Psychopathen zeigten in der vorliegenden Studie kein abweichendes altruistisches Bestrafungsverhalten sondern vermehrtes antisoziales Bestrafungsverhalten, dessen Ursache in weiteren Studien zu untersuchen wäre.
Abstract
(Englisch)
Whereas the empirical research on psychopathy has a long history, the question how psychopathic personality traits are affecting social decision-making, remains unclear. In the past, only a few studies investigated sensitivity to punishment threats, social norm-compliance, and altruistic punishment- behavior of psychopaths, using samples from the general population. However, with it ́s predictive power for recidivism and for institutional misconduct, psychopathy plays a crucial role for the prison system. Therefore, the aim of the present study was to investigate the sensitivity to punishment-threats, social norm compliance, and altruistic punishment behavior of incarcerated psychopaths using two computerized social bargaining paradigms. In the first game, the participants had to distribute 100 money units between themselves and another player under three randomly presented conditions; control-condition where no punishment was available, a punishment-condition where the participants could be punished, and a computer-condition where a computer made the offer. The second game was identical with the first one, but now the participants played the role of the responder and were able to punish offers. Twelve incarcerated psychopathic Offenders from a correctional facility in Vienna, twelve non-psychopathic Offenders and twelve healthy controls participated in the present study. Additionally, electrodermal activity was investigated during these two bargaining-games. Behavioral results showed that psychopathic offenders and non-psychopathic offenders did not adapt their behavior due to the punishment-threat whereas the controls changed their behavior in order to obey the fairness norm when punishment threat was salient. In contrast to the healthy controls, psychopathic offenders and non-psychopathic offenders showed no increased electrodermal activity as a reaction to the punishment threat. With regard to the altruistic punishment-behavior, no group differences were found. However, non-psychopathic offenders and in particular psychopathic offenders showed an increased antisocial punishment-behavior. Whereas all groups punished unfair offers to nearly the same extend, the incarcerated participants and in particular psychopathic offenders additionally punished fair and prosocial behavior. Most of the present findings are in line with the past literature, showing a diminished sensitivity to punishment threats in psychopathic individuals from the general popu- lation. The present study, however, extended these findings to a forensic incarcerated sample, generating practical implications for dealing with psychopathic inmates in correctional institutions. Regarding the altruistic punishment behavior, the present study supports the literature hypothesizing that only primary psychopathy but not secondary psychopathy is characterized by an increased punishment of norm violations. Secondary psychopathic inmates showed a comparable altruistic punishment behavior as the healthy controls but exhibited antisocial punishment to a greater extent of behavior. Underlying processes should be investigated in future research.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Decision-making Psychopathy Sex Offender Violent Offender PCL-R electrodermal activity SCR Game Theory
Schlagwörter
(Deutsch)
Entscheidungsverhalten Psychopathie Sexualstraftäter Gewaltstraftäter Maßnahmenvollzug PCL-R Elektrodermale Aktivität EDA
Autor*innen
Daniel Prattinger
Haupttitel (Deutsch)
Soziales Entscheidungsverhalten psychopathischer Sexual- und Gewaltstraftäter
Paralleltitel (Englisch)
Social decision-making in psychopathic sex and violent offenders
Publikationsjahr
2014
Umfangsangabe
93 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Daniela Pfabigan
Klassifikationen
77 Psychologie > 77.05 Experimentelle Psychologie ,
77 Psychologie > 77.50 Psychophysiologie ,
77 Psychologie > 77.57 Erwachsenenpsychologie ,
77 Psychologie > 77.63 Soziale Interaktion, Soziale Beziehungen ,
77 Psychologie > 77.70 Klinische Psychologie
AC Nummer
AC11433762
Utheses ID
28301
Studienkennzahl
UA | 298 | | |
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