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Grenzfälle der Arbeitskräfteüberlassung
Abgrenzung vom Werkvertrag, langfristige Überlassung und Payrolling
Felix Schörghofer
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Robert Rebhahn
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DOI
10.25365/thesis.33461
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30321.03855.642764-5
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Arbeitskräfteüberlassung und Werkvertrag Die Bedeutung der Abgrenzung von Arbeitskräfteüberlassung und Werkvertrag wurde vom österreichischen Gesetzgeber früh erkannt und mit § 4 Abs 2 AÜG gesetzlich geregelt. Aufgrund der stärkeren Regulierung der Arbeitskräfteüberlassung ist mit einer Zunahme der Werkverträge zu rechnen. Die Abgrenzung von Werkverträgen und Arbeitskräfteüberlassung gewinnt damit an Bedeutung. Nur in Ausnahmefällen liegt trotz Abschlusses eines Werkvertrags Arbeitskräfteüberlassung vor. Der Inhalt des Vertrags zwischen den beiden Unternehmern darf allerdings für die Qualifikation als Arbeitskräfteüberlassung nicht im Vordergrund stehen. Die Qualifikation als Arbeitskräfteüberlassung hat neben der Anwendbarkeit des AÜG auch andere weitreichende rechtliche Konsequenzen, ua im Gewerbe-, Betriebsverfassungs- und Ausländerbeschäftigungsrecht. Das österr Recht sieht keine expliziten Sanktionen für den Fall vor, dass eine Arbeitskräfteüberlassung als (Schein-)Werkvertrag getarnt wird. Denkbar sind, abhängig vom Einzelfall, Verwaltungsstrafen nach der GewO, dem AÜG, dem AuslBG und dem ArbVG. Die Rsp des VwGH zu § 4 Abs 2 AÜG ist nicht einheitlich. Teilweise vertritt er, dass bereits bei Erfüllung auch nur einer Ziffer Arbeitskräfteüberlassung vorliegt, teilweise stellt er auf eine Gesamtbetrachtung der Merkmale ab. Der OGH hat sich bei der Auslegung des § 4 Abs 2 AÜG bisher nicht festgelegt. Er stellt bei der Qualifikation als Arbeitskräfteüberlassung auf verschiedene Merkmale ab, insb auf die Unterscheidung von Werkvertrag und Dienstverschaffungsvertrag. Die Zwecke des AÜG sprechen dafür, für das Vorliegen von Arbeitskräfteüberlassung auf die Dispositionsmöglichkeit des Werkbestellers/Beschäftigers über die eingesetzten AN abzustellen. Nur wenn dieser den eingesetzten AN als zweiter, faktischer AG gegenübersteht, liegt eine besondere Schutzwürdigkeit vor, die das Eingreifen des AÜG notwendig macht. Nur dann treten die eingesetzten AN außerdem in jene direkte Konkurrenzsituation mit den StammAN, die durch das AÜG reguliert wird. Für die Qualifikation eines Drittpersonaleinsatzes als Arbeitskräfteüberlassung ist daher erforderlich, dass der Werkbesteller/Beschäftiger über die AN des Werkunternehmers/Überlassers ähnlich wie über eigene AN verfügen kann. Es muss daher immer § 4 Abs 2 Z 3 AÜG geprüft werden, also die organisatorische Eingliederung und die Weisungsbindung der eingesetzten AN gegenüber dem potentiellen Beschäftiger. Eine Qualifikation als Arbeitskräfteüberlassung ohne die Erfüllung der Z 3 ist nicht möglich. Die anderen Ziffern können die Erfüllung der Z 3 nur indizieren. Dieses Ergebnis ist mit dem Wortlaut des AÜG vereinbar, da durch § 4 AÜG der Begriff der Arbeitskräfteüberlassung gem §§ 1 und 3 AÜG nicht erweitert werden soll. Dieser Begriff der Arbeitskräfteüberlassung verlangt notwendig die Übertragung der Verfügungsmacht über die AN, also insb die Weisungsbefugnis des Beschäftigers, die in § 4 Abs 2 Z 3 AÜG genannt wird. Der Begriff der Arbeitskräfteüberlassung ist auch im Unionsrecht von Bedeutung. Der EuGH stellt bei der Definition der Leiharbeit insb darauf ab, dass AN „unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens“ eingesetzt werden. Erforderlich für die Qualifikation als Leiharbeit ist also auch im Unionsrecht die Verfügungsbefugnis des Beschäftigers über die eingesetzten AN. Diese Definition durch den EuGH muss jedenfalls im Anwendungsbereich der Entsende-RL als äußerster Rahmen für die nationale Begriffsbildung beachtet werden. Die hier vertretene Auslegung des § 4 Abs 2 AÜG entspricht dieser Vorgabe und damit einer unionsrechtskonformen Interpretation. Demgegenüber würde die Qualifikation als Arbeitskräfteüberlassung bereits bei Erfüllung der Z 1, 2 und 4 des § 4 Abs 2 AÜG über den unionsrechtlichen Begriff der Überlassung hinausgehen. Im Anwendungsbereich der Entsende-RL würde dadurch gegen die Entsende-RL und die Dienstleistungsfreiheit verstoßen. Bei rein innerstaatlichen Sachverhalten beeinflusst das Unionsrecht die Auslegung des § 4 Abs 2 AÜG nicht unmittelbar. Die hier vertretene Konzentration der Auslegung auf § 4 Abs 2 Z 3 AÜG hat aber den Vorteil einer einheitlichen Auslegung des Begriffs der Arbeitskräfteüberlassung. Bei der Prüfung des Weisungsrechts des potentiellen Beschäftigers können sowohl fachliche, als auch persönliche Weisungen berücksichtigt werden. Bloß vereinzelte Weisungen des Werkbestellers/Beschäftigers reichen nicht für eine Qualifikation als Arbeitskräfteüberlassung. Einer Arbeitskräfteüberlassung steht es aber nicht entgegen, wenn auch dem Werkunternehmer/Überlasser Weisungsrechte verbleiben. Abzulehnen ist die These, dass im Rahmen des § 4 Abs 2 Z 3 AÜG jene Weisungen nicht berücksichtigt werden können, die bereits aus der Natur der Tätigkeit oder Sachzwängen resultieren. Auch solche Weisungen begründen die Verfügungsbefugnis des Werkbestellers/Beschäftigers und damit die Schutzbedürftigkeit der eingesetzten AN und der Stammbelegschaft. Abzulehnen ist die Annahme eines eigenen Prüfungsmaßstabs für jeden Einsatzbetrieb, abhängig von der Intensität der Weisungsbindung der Stammbelegschaft. Den Z 1, 2 und 4 des § 4 Abs 2 AÜG kommt bei der Prüfung einer Arbeitskräfteüberlassung Indizfunktion zu. Gem Z 1 kann insb berücksichtigt werden, ob die Tätigkeit des Drittpersonals im „Kerngeschäft“ des potentiellen Beschäftigers erfolgt, was dessen Verfügungsbefugnis nahelegt. Zumindest bei manchen Tätigkeiten kann die Ausstattung mit Werkzeug gem Z 2 das Bestehen von Know-How und damit die Weisungsbefugnis indizieren. Gem Z 4 ist auf die Risikotragung abzustellen; wer für einen Erfolg einsteht wird sich die Kontrolle über die Ausführung und damit das Weisungsrecht über die eingesetzten AN sichern. Für die Qualifikation als Arbeitskräfteüberlassung ist es unerheblich, wenn die Weisungsbefugnis des Werkbestellers/Beschäftigers dadurch verschleiert wird, dass seine Weisungen über einen Zwischenvorgesetzten des Werkunternehmers/Überlassers an die eingesetzten AN weitergeleitet werden. Bei der Prüfung einer Arbeitskräfteüberlassung sind auch Weisungen zu berücksichtigen, die der Werkbesteller/Beschäftiger erteilt, obwohl ihm die Befugnis im zugrundeliegenden Vertrag mit dem Werkunternehmer/Überlasser nicht erteilt worden ist. Die Interessen der eingesetzten AN, die durch das AÜG gerade in ihrer Position zwischen zwei Dienstgebern geschützt werden sollen, sind höher zu bewerten als die des Werkunternehmers/Überlassers. Das Nichtvorliegen eines Werkvertrags hat nicht automatisch das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung zur Folge. Es ist genauso denkbar, dass Drittpersonal zur Erfüllung eines freien Dienstvertrags eingesetzt wird. Bei der Beurteilung ob Arbeitskräfteüberlassung vorliegt, muss auch dann darauf abgestellt werden, wem das Weisungsrecht über die eingesetzten AN zukommt. Langfristige Arbeitskräfteüberlassung Überlassene AN sind gegenüber direkt beschäftigten AN auf jeder Regelungsebene des Arbeitsrechts benachteiligt. Die Risiken der Arbeitskräfteüberlassung für die AN zeigen sich deutlich bei der Beendigung der Überlassung. Es stellt sich die Frage, ob das österr Arbeitsrecht diese Benachteiligung auch bei langfristigen Überlassungen akzeptiert. Eine Beschränkung der Überlassungsdauer würde den Zwecken des AÜG entsprechen. Den überlassenen AN bliebe dadurch die Möglichkeit erhalten, in die Stammbelegschaft des Beschäftigers zu wechseln. Langfristige Überlassungen indizieren eine „Billigkonkurrenz“ für die Stammbelegschaft, eine Regulierung entspricht daher dem Schutz der vertraglichen AN des Beschäftigers. Langfristige Überlassungen erfüllen auch nicht jene arbeitsmarktpolitischen Funktionen, die der Arbeitskräfteüberlassung zumindest ursprünglich zugedacht wurden. Der OGH hat eine neunjährige Überlassung als „atypische Arbeitskräfteüberlassung“ qualifiziert und daraus einen weitergehenden Gleichstellungsanspruch des überlassenen AN abgeleitet. In FolgeE hat er diese These auf mehrjährige Überlassungen nicht mehr angewandt. Aus § 10 Abs 1a AÜG lässt sich ableiten, dass auch mehrjährige Überlassungen grds zulässig sind. Die Annahme einer planwidrigen Lücke des AÜG hinsichtlich langfristiger Überlassungen ist nicht möglich. Die Beschränkung der Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs 3 AÜG auf vorübergehende Überlassungen zeigt allerdings, dass der Gesetzgeber von einer Zunahme der Schutzwürdigkeit mit steigender Überlassungsdauer ausgeht. Die Verordnungsermächtigung des § 15 AÜG, mit der ua eine Höchstdauer eingeführt werden kann, ist unionsrechtskonform, wurde bisher aber nicht genutzt und dient nicht primär dem Schutz überlassener AN. Im normativen Teil von KV kann keine Übernahmeverpflichtung bei Überschreiten einer gewissen Überlassungsdauer vorgesehen werden. Auch eine Beeinflussung der vereinbarten Überlassungsdauer im Überlassungsvertrag ist nicht möglich. Eine Regulierung der Überlassungsdauer ist in KV daher nicht möglich, mit Ausnahme eines ansteigenden Gleichstellungsanspruchs im Überlasser-KV. In BV gem § 97 Abs 1 Z 1a ArbVG kann im Beschäftigerbetrieb eine Höchstquote für den Einsatz von überlassenen AN gültig vereinbart werden. Ebenso zulässig ist die Regelung einer Höchstdauer der Überlassung iVm einem Kontrahierungsgebot des Beschäftigers bei ihrem Überschreiten. Diese BV-Bestimmungen haben allerdings nur obligatorische Wirkung. Der Beschäftiger-BR hat die Möglichkeit einer Verbandsklage gem § 54 Abs 1 ASGG. Er kann die Einhaltung außerdem bereits bei einem einmaligen Verstoß in einem Verfahren gem § 50 Abs 2 ASGG durchsetzen. Bei der Durchsetzung eines Kontrahierungsgebots kann eine Leistungsklage gem § 50 Abs 2 ASGG auf ein Vertragsangebots des Beschäftigers gerichtet sein, das mit Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt. Unzulässig ist die Vereinbarung einer Konventionalstrafe in einer BV gem § 97 Abs 1 Z 1a ArbVG. Der Überlasser-BR kann mit dem Überlasser ebenfalls eine BV gem § 97 Abs 1 Z 1a AÜG abschließen, allerdings bestehen dabei engere inhaltliche Grenzen. Die §§ 6 Abs 3 und 6a AÜG stehen einer Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zwischen der Stammbelegschaft und den überlassenen AN grds offen gegenüber. Dem Gleichbehandlungsanspruch steht allerdings entgegen, dass die Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft und der überlassenen AN jeweils von verschiedenen Personen bestimmt werden, dem Beschäftiger und dem Überlasser. Aus § 6a AÜG lässt sich allerdings ableiten, dass Gleichbehandlungsansprüche der überlassenen AN nicht am Handeln verschiedener Rechtspersönlichkeiten scheitern sollen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsanspruch wird bzgl der Arbeitsbedingungen der überlassenen AN im Vergleich zu jenen der Stammbelegschaft jedoch durch § 10 AÜG, als spezielle gesetzliche Ausgestaltung dieses Gleichbehandlungsanspruchs, verdrängt. Aus § 10 Abs 1a AÜG lässt sich ableiten, dass das Gleichstellungsgebot des § 10 AÜG auch hinsichtlich langfristiger Überlassungen nicht lückenhaft ist. Weder das AÜG, noch die Vertragsbeziehungen zwischen den Beteiligten verlangen die Nichtigkeit eines (zweiten) Arbeitsvertrags des überlassenen AN mit dem Beschäftiger. Durch den Abschluss eines Arbeitsvertrags auch mit dem Beschäftiger wird der Anwendungsbereich des AÜG nicht verlassen. Allerdings kommt nur in Ausnahmefällen ein konkludenter Vertragsabschluss zwischen einem überlassenen AN und dem Beschäftiger in Betracht. Insb bei langjährigen Überlassungen kann die Gewährung zusätzlicher Leistungen durch den Beschäftiger ein Indiz dafür sein. Die Leiharbeits-RL erwähnt mehrmals, dass Überlassungen bloß „vorübergehend“ erfolgen. Der Wortlaut legt nahe, dass dadurch Dauerüberlassungen vom Anwendungsbereich der Leiharbeits-RL ausgenommen werden sollen. Dem steht allerdings eine teleologische Auslegung der Leiharbeits-RL entgegen, die entweder für ein Verbot der Dauerüberlassung oder für die Annahme eines bloßen Programmsatzes ohne direkte Rechtsfolge spricht. Geht man von einem Verbot der Dauerüberlassung durch die Leiharbeits-RL aus, ist naheliegend, dass die RL eine zeitliche Obergrenze verlangt. Die Leiharbeits-RL lässt den MS dann aber jedenfalls einen Umsetzungsspielraum bei der Auswahl der Sanktion bei Dauerüberlassungen. Bei Annahme eines Verbots der Dauerüberlassung durch die Leiharbeits-RL steht § 10 Abs 1a AÜG einer richtlinienkonformen Interpretation des österr Rechts teilweise entgegen. Verlangt die RL bloß ein Missbrauchsverbot, so steht allerdings § 2 Abs 4 AMFG einer richtlinienkonformen Interpretation offen. Die Einführung des § 10 Abs 1a AÜG ist keine verbotene Verschlechterung gem Art 9 Abs 2 Leiharbeits-RL. Payrolling Das Payrolling ist eine Gestaltung der Arbeitskräfteüberlassung in der Praxis, bei der dem Beschäftiger weitreichende Befugnisse im Hinblick auf die eingesetzten AN zukommen, insb die Entscheidung über deren Einstellung durch den Überlasser und ebenso die Beendigung der Arbeitsverträge. Man kann das Payrolling als „arbeitsrechtliche Treuhandkonstruktion“ bezeichnen, da nach außen der Überlasser als AG auftritt, im Innenverhältnis entscheidet der Beschäftiger. Bei unklaren Willenserklärungen kann es schwierig sein festzustellen, ob eine Direktanstellung oder Arbeitskräfteüberlassung vorliegt. Im Zweifel ist von einer Direktanstellung auszugehen. Liegt eine Überlassung vor und war das dem AN nicht klar, kommt bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Irrtumsanfechtung in Betracht. Rechtsfolge dieser Anfechtung kann die Anpassung des Vertrags sein, indem dem AN ein Anspruch auf einen Flexibilitätszuschlag für die Überlassungskonstruktion gewährt wird. Erfolgt der Hinweis auf die Einstellung durch den Überlasser in AAB kommt in Ausnahmefällen ein Wegfall des Vertrags durch die Geltungskontrolle gem § 864a ABGB in Betracht. Demgegenüber ist weder bzgl der Bestimmung des Überlassers als Vertragspartner, noch bzgl der Überlassungsabrede eine Geltendmachung der Inhaltskontrolle gem § 879 Abs 3 ABGB möglich, da es sich nicht um Nebenbestimmungen handelt. Payrolling ist kein Scheingeschäft, da die Rechtsfolgen, insb das Fehlen eines Arbeitsvertrags zum Beschäftiger, tatsächlich gewollt sind. Denkbar ist demgegenüber die Qualifikation des Payrolling als verbotenes Umgehungsgeschäft. Als umgangene Norm kommen § 105 ArbVG, die Anspruchsgrundlagen besserer Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft, aber auch der Arbeitsvertrag, der bei Direktanstellung mit dem Beschäftiger bestünde, in Betracht. Die Begründung einer Rechtsfolge aufgrund einer verbotenen Umgehung durch Payrolling wäre Rechtsfortbildung. Voraussetzung dafür ist eine planwidrige Lückenhaftigkeit des österr Arbeitsrechts bzgl des Payrolling. Dafür muss geprüft werden, ob nicht bereits § 2 Abs 4 AMFG das Payrolling reguliert. Sowohl der Tatbestand („Überlassung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte, sofern der Überlasser nicht die Pflichten des Arbeitgebers trägt“) als auch die Rechtsfolge des § 2 Abs 4 AMFG („als Tätigkeit im Sinne des Abs.1 [Arbeitsvermittlung, Anm] gilt“) sind auslegungsbedürftig. Die Entwicklung der Rechtsinstitute der Arbeitskräfteüberlassung und der Arbeitsvermittlung im österr Arbeitsrecht spricht für eine zivilrechtliche Rechtsfolge des § 2 Abs 4 AMFG. Nur dann hat diese Bestimmung auch aktuell noch praktische Relevanz. Teleologische Überlegungen sprechen ebenfalls für eine vertragsrechtliche Rechtsfolge des § 2 Abs 4 AMFG, genauer einen Wechsel des Arbeitsvertrags vom Beschäftiger zum Überlasser. Verfassungsrechtliche Bedenken stehen dieser Rechtsfolge nicht entgegen. Der Schutz des zweipersonalen Arbeitsverhältnisses ist ein öffentliches Interesse, das den Eingriff in die Eigentums- und Erwerbsfreiheit der beteiligten Unternehmer rechtfertigt. Rechtsfolge des § 2 Abs 4 AMFG ist daher die Herstellung des Vertragszustands, der im Normalfall von der Arbeitsvermittlung hergestellt wird, nämlich ein Arbeitsvertrag zum faktischen Empfänger der Dienstleistung, dem vermeintlichen Beschäftiger. Der Tatbestand des § 2 Abs 4 AMFG stellt nicht auf einzelne rechtliche Verpflichtungen des Überlassers ab, sondern darauf, ob der Überlasser gewisse abstrakte AG-Funktionen wahrnimmt. Dem AÜG liegt die Idee zugrunde, dass dem Beschäftiger manche AG-Funktionen übertragen werden, nämlich das Bereitstellen von Arbeit und die Entscheidung über die konkrete Leistungserbringung durch den AN. Die übrigen AG-Funktionen sollen jedoch beim Überlasser, dem vertraglichen AG, verbleiben. Er soll nach dem Modell des AÜG über die Einstellung und die Beendigung des AN entscheiden. Zudem soll der Überlasser für das Arbeitsentgelt zuständig sein und das unternehmerische Risiko tragen, also das Risiko der Einsetzbarkeit der AN. Der Tatbestand des § 2 Abs 4 AMFG ist erfüllt, wenn der Überlasser eine oder mehrere dieser Funktionen nicht übernimmt, entweder weil er sie auf den Beschäftiger überträgt oder weil sie von keinem der beiden wahrgenommen werden. Beim Payrolling-Modell werden AG-Funktionen auf den Beschäftiger übertragen. Ist der Beschäftiger an der Einstellung des AN beteiligt, ist zu vermuten, dass der Überlasser nicht plant ihn auch an andere Beschäftiger zu überlassen und damit das Unternehmerrisiko nicht trägt. Payrolling wird in vielen Fällen den Tatbestand des § 2 Abs 4 AMFG erfüllen, der vermeintliche Beschäftiger wird dann vertraglicher AG der eingesetzten AN. Dieses Ergebnis entspricht aktuellen Forderungen im Schrifttum nach einer funktionellen Betrachtung des AG-Begriffs. Diese Forderungen stehen in einem gewissen Naheverhältnis zur älteren Eingliederungstheorie.
Abstract
(Englisch)
Triangular employment relationships and especially agency work have become a relevant factor in the Austrian economy. One of the current challenges is to define the boundaries and frontiers of agency work. Instead of providing workforce through agency work, companies can enter into contracts for services in which one party promises to fulfil a certain task. In order to fulfil the contractual obligation the company will send its employees to the other company. These employees act as vicarious agents for their employer. Like agency workers, these workers work ‘for’ someone (the ‘user undertaking’) they have no employment contract with. Therefore, agency work and contracts for services are economically very similar to each other. However, the applicable legal regime differs. For example different collective agreements may apply, the employees may or may not be represented by the works council of the user undertaking and their work may or may not fall under the scope of the Austrian Act on Agency Work. This act provides for a presumption in favour of agency work. This presumption has to correspond with the reason behind the different treatment of vicarious agents and agency workers - which is the additional need for protection of agency workers and the special threat they pose for the permanent staff in user undertakings and the labour market as a whole. This special situation arises with the power of the user undertaking to direct and control the workers. Therefore in accordance with the European Court of Justice a triangular employment relationship can only be qualified as agency work if the workforce works under the ‘control and direction of the user undertaking’. The basic concept of agency work is that agency workers get several different short term assignments by their work agency that has several business partners – they are being assigned “temporarily”. In Austrian reality, arrangements often deviate from this standard model. There is no explicit maximum period for agency work. Sometimes a single assignment of an agency worker lasts for many years. It is questionable if, in such cases, agency work fulfils its basic functions. In this thesis it is argued that long-term agency work is not illegal in Austrian law, although it does not correspond with the aims of the Austrian Act on Agency work. It can be asked, if this is compatible with the Directive on temporary agency work. The German title of the Directive (‘Leiharbeit’) does not include the adjective ‘temporary’, as the English version does. Still, even in its German version, the Directive mentions five times, that an agency worker is assigned only ‘temporarily’ (‘vorübergehend’) to the user undertaking. Apart from this, the Directive neither defines the word ‘temporary’ nor explicitly states the legal situation regarding non-temporary (long-term) agency work. Concerning the legal effects of the Directive on long-term agency work, three different ‘theories’ are put forward. Some authors argue that non-temporary agency work falls outside the scope of the Directive and therefore is not regulated by Union law at all. Other scholars deny that the Directive differentiates between ‘temporary’ and ‘long-term’ agency work. Finally, some construe the wording of the Directive as actually banning long-term agency work. If one is to follow this last approach, two new problems arise. Firstly, it is not at all clear what ‘temporary’ means. Secondly, the sanctions or legal consequences for non-temporary agency work are not clear. ‘Payrolling’ is an atypical case of agency work. In the Payrolling-model the user undertaking takes most of the important decisions concerning the agency workers instead of the agency. In this thesis it is argued that the Austrian Act on Agency Work is based on a certain distribution of power over the employee between the agency and the user undertaking. The user undertaking can direct and control the work of the employee. Meanwhile the agency is responsible for the conclusion and the termination of the employment contract. Moreover the agency has to bear the risk of not being able to find a suiting user undertaking for its employees. Payrolling deviates from this concept by shifting the focus from the agency to the user undertaking. Therefore the user undertaking has to be seen as the contractual employer of the employee. This conclusion corresponds to current research concerning the definition of ‘the employer’ in labour law. This line of reasoning demands that there has to be a functional approach to the notion of the employer, instead or in addition of a purely contractual one. In this thesis it is argued that this hypothesis shares a common goal with a much older, German theory, the so-called ‘Eingliederungstheorie’.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Arbeitskräfteüberlassung Werkvertrag Überlassungsdauer Leiharbeits-RL Payrolling
Autor*innen
Felix Schörghofer
Haupttitel (Deutsch)
Grenzfälle der Arbeitskräfteüberlassung
Hauptuntertitel (Deutsch)
Abgrenzung vom Werkvertrag, langfristige Überlassung und Payrolling
Publikationsjahr
2014
Umfangsangabe
XVI, 284 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Martin Risak ,
Wolfgang Mazal
Klassifikation
86 Recht > 86.74 Arbeitsrecht: Allgemeines
AC Nummer
AC11986958
Utheses ID
29726
Studienkennzahl
UA | 783 | 101 | |
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