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Realismus ist nicht wie die wirklichen Dinge sind, sondern wie die Dinge wirklich sind
das dokumentarische Migrationstheaterprojekt "Die Reise" am Wiener Volkstheater
Anne Bettina Hünseler
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Michael Gissenwehrer
DOI
10.25365/thesis.33906
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29142.05600.318261-7
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Theaterprojekt Die Reise, welches im September 2011 am Wiener Volkstheater uraufgeführt wurde. Dreißig Migranten erzählen darin die Geschichte ihrer „Reise“ nach Österreich, den damit verbundenen Unwägbarkeiten und ihrer neuen Lebenswirklichkeit. Der Theatertext entstand im Rahmen des Castings, in welchem die Darsteller für das Projekt ausgewählt wurden. Die in diesem Rahmen entstandenen Geschichten wurden transkribiert und somit für die Bühne generiert. Durch diese Vorgehensweise und aufgrund des biographischen Materials, welches Einzug in das Stück findet, handelt es sich um ein dokumentarisches Theaterprojekt. Solche Projekte erheben oftmals den Anspruch besonders authentisch zu sein, handelt es sich doch um „echte“ Menschen, die ihre real erlebten Geschichten wiedergeben. Wie wirkt sich ein solcher Authentizitätsanspruch auf den Zuschauer aus, obwohl sich dieser der künstlich hergestellten Rahmung bewusst ist?
Dokumentarisches, also auf Fakten beruhendes Material, erfährt durch den künstlerischen Eingriff des Regisseurs eine gesonderte Form und wird in einen neuen Zusammenhang gestellt. Die Art und Weise wie mit den Darstellern und dem Material umgegangen wird, konstruiert dabei das Endresultat der Inszenierung. Dabei gilt es im vorliegenden Beispiel insbesondere die Thematik „Migration“ zu berücksichtigen. Das Thema „Migration“ auf deutschsprachigen Bühnen ist ein sensibles und viel diskutiertes. Die Gefahr einer „Zur-Schau-Stellung“, die das Fremde und Unbekannte in Opposition zum Publikum stellt, muss berücksichtigt werden. Auch in Die Reise besteht die Gefahr dieser Entgegensetzung, obschon es das von der Regisseurin ausgesprochene Ziel war, das Publikum zu sensibilisieren bzw. Empathie zu erzeugen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Darsteller als authentisch wahrgenommen werden, um so die implizit verhandelte Realpolitik, trotz ihres ästhetischen Gewands, als gegebene Fakten zu verstehen.
Der Frage in wieweit das Stück Die Reise seinen Authentizitätsanspruch erfüllt, bindet sich dabei, neben den Inszenierungselementen, an die Rezeption des Zuschauers. In der dieser Arbeit wird zur Untersuchung dieses Aspekts, der Begriff des Zeugnisses (beziehungsweise des Zeugen) in der Interpretation von Jacques Derrida hinzugezogen. Derrida unterstellt dem Zeugnis, dass es untrennbar mit der Literatur verbunden ist, die allerdings immer Fiktion beinhaltet. Das dadurch entstehende Spannungsverhältnis zwischen Zeugnis und Fiktion wird übertragen auf die Begriffe Authentizität und Inszenierung, um unter diesem Aspekt die Darsteller von Die Reise auch als Zeugen zu begreifen, die ihre eigenen Geschichten bezeugen beziehungsweise Zeugnis ablegen. Inwieweit diesen Glauben geschenkt wird, obliegt einem Vertrauensverhältnis, welches immer auch ein Wagnis darstellt.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Dokumentartheater Migration Authentizität Zeugnis Volkstheater Derrida
Autor*innen
Anne Bettina Hünseler
Haupttitel (Deutsch)
Realismus ist nicht wie die wirklichen Dinge sind, sondern wie die Dinge wirklich sind
Hauptuntertitel (Deutsch)
das dokumentarische Migrationstheaterprojekt "Die Reise" am Wiener Volkstheater
Publikationsjahr
2014
Umfangsangabe
102 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Michael Gissenwehrer
Klassifikation
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.00 Geisteswissenschaften allgemein: Allgemeines
AC Nummer
AC12054005
Utheses ID
30099
Studienkennzahl
UA | 317 | | |
