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Ausbildung und Tätigkeit von Russisch-Dolmetschern im Dritten Reich anhand einer Korpusanalyse der "Dolmetscher-Bereitschaft"
Raphaela Wiltsche
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Zentrum für Translationswissenschaft
Betreuer*in
Larisa Schippel
DOI
10.25365/thesis.33990
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29694.33803.487755-1
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die Russisch-Dolmetscher im Dritten Reich standen angesichts des Feindbildes, das die nationalsozialistische Propaganda vom soziokulturellen Kontext der UdSSR zeichnete vor einer besonderen Herausforderung. Einerseits hatten sie sich als professionelle Translatoren eingehend mit der Zielkultur auseinanderzusetzen, andererseits wurde von ihnen erwartet, dass sie der antisowjetischen ideologischen Linie des Regimes treu blie-ben. Auch sie waren der Feindpropaganda der Nationalsozialisten ausgesetzt. Die Nega-tivdarstellung der „Russen“ und des entsprechenden soziokulturellen Kontextes im au-toritären NS-Staat tritt vor allem vor dem Hintergrund des Konzepts des „Eigenen“ und des „Fremden“ nach Busse (1997) deutlich zutage.
Zwischen 1940 und 1944 erschien im Dritten Reich die sogenannte Dolmetscher-Bereitschaft, ein Periodikum, das von der Reichsfachschaft für das Dolmetscherwesen (RfD) für Translatoren herausgegeben wurde. Die Reichsfachschaft für das Dol-metscherwesen arbeitete eng mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Pro-paganda (RMVP) zusammen und war diesem ab 1944 vollständig unterstellt. So ist es nicht verwunderlich, dass sich in der russischen Dolmetscher-Bereitschaft tatsächlich subtile oder explizite Hinweise auf die feindliche Gesinnung der Nationalsozialisten gegenüber der Zielkultur finden.
Die russische Dolmetscher-Bereitschaft enthält bedauerlicher Weise so gut wie keine Namen von Autoren der dort abgedruckten Texte. Anhand einiger weniger Quel-lenangaben bzw. anhand des Sprachstils können diesbezüglich lediglich Vermutungen aufgestellt werden. Als für den Inhalt verantwortlicher Herausgeber wird in sämtlichen Ausgaben Otto Monien genannt, der dem RMVP nahe stand und mit dessen Person sich Winter (2012) bereits befasst.
Die russische Dolmetscher-Bereitschaft wurde in erster Linie für Translatoren konzipiert, die bei der Wehrmacht tätig waren. Dies lässt sich aus der Fülle an den darin enthaltenen rein militärischen Fachtexten ohne Bezug zum Dolmetschen oder Überset-zen schließen. Die Schulungshefte beinhalten jedoch auch Übersetzungsübungen, Sprachübungen und Glossare. Der translationspädagogische Ansatz, der in einigen prak-tischen Übungen in der Dolmetscher-Bereitschaft angewandt wird, ist stark zielkulturo-rientiert und weist durchaus Ähnlichkeiten mit der Skopos-Theorie nach Reiß &Vermeer (1984) auf. Insofern ist die Dolmetscher-Bereitschaft trotz fragwürdiger Inhalte als methodisch fortschrittlich zu bezeichnen.
Abstract
(Englisch)
Between 1940 and 1941 the so-called Reichsfachschaft für das Dolmetscherwesen (RfD), an association of translators and interpreters in the Third Reich, issued a monthly journal: the Dolmetscher-Bereitschaft. Miriam Winter`s thesis on the English edition of the Dolmetscher-Bereitschaft was published in 2012 and was a pioneer work in this field. The aim of my thesis is to give insight into the Russian edition of this journal and to explore the way in which Russian interpreters in Germany were trained during the Third Reich. Winter`s research into how the work of translators and interpreters was structured and organized has been of great value.
The first part of this thesis discusses the relations between the Third Reich and the USSR in order to provide the necessary background knowledge. The historical and critical analysis of the relations between the two countries is based mainly on several essays in Volkmann (1994). The way in which “the Russians” and the related sociocul-tural context were presented in a negative light by the Nazis is analyzed, taking into account aspects of anti-soviet propaganda and the concept of the “Self” and the “Other” by Busse (1997).
The Reichsfachschaft für das Dolmetscherwesen worked closely with the Reichs Ministry of Public Enlightenment and Propaganda and became part of that ministry in 1944. It is therefore only to be expected that the Dolmetscher-Bereitschaft in places adopts (either subtly or explicitly) a hostile approach to the target culture – in this case the USSR. This hostility and the related indoctrination of interpreters and translators appearing in the Dolmetscher-Bereitschaf are analyzed in the light of the general anti-soviet propaganda discussed in the first part of the thesis.
The Russian Dolmetscher-Bereitschaft contains hardly any indication of its sources or information about the authors of the articles published in it. One therefore has to make assumptions regarding these, based on the few indications of sources that there are and the style used the articles. The only name mentioned in all issues of the journal as the editor and the person responsible for its content is Otto Monien. According to Winter (2012), Monien closely worked with the Reichs Ministry of Public En-lightenment and Propaganda.
The approach to the teaching of translation used in some of the exercises in the journals is often focused on the target culture, and is similar to the skopos theory of Reiß/Vermeer (1984). The Russian Dolmetscher-Bereitschaft can be valued as progres-sive so far as its teaching methods are concerned, despite some questionable content.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Dolmetscher Drittes Reich Russisch Dolmetscher-Bereitschaft
Autor*innen
Raphaela Wiltsche
Haupttitel (Deutsch)
Ausbildung und Tätigkeit von Russisch-Dolmetschern im Dritten Reich anhand einer Korpusanalyse der "Dolmetscher-Bereitschaft"
Publikationsjahr
2014
Umfangsangabe
146 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Larisa Schippel
Klassifikation
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.45 Übersetzungswissenschaft
AC Nummer
AC12145179
Utheses ID
30179
Studienkennzahl
UA | 065 | 360 | 351 |