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Ende der Revolution
Heiner Müllers DDR oder der selbstverschuldete Zerfall des realsozialistischen Systems aufgrund seiner ideologischen Vorgaben
Florian Petsch
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft
Betreuer*in
Franz Martin Wimmer
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.34373
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29288.52021.568362-2
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Fünf geschichtliche Wirklichkeiten ((Real-)Politik, Ideologie, Alltag, Literatur und Philosophie) hausen in dieser Arbeit. Deren gegenseitige Beeinflussungen & Wechselwirkungen werden geschildert: dass dabei ein möglichst nahes Bild der Vergangenheit erzählt wird, das zur Analyse, Einordnung und Weiter-beschäftigung v.a. mit dem kulturellen Erbe des Kommunismus ermächtigt, einlädt oder herausfordert, ist das Ziel. Der Begriff ›Revolution‹ bildet in seinen verschiedenen Bedeutungen eine Hintergrundmatrix des Textes, quasi als Leitmotiv, ebenso die ›Farce‹. Dargestellt wird das sozialistisch-kommunistische System des 20. Jahr-hunderts mittels seiner Ideologie und Institutionen, indem seine kulturellen Erzeugnisse (als Hinterlassenschaft) befragt werden: Wirkmächtig¬keit von Literatur / Text als politischer und geschichtlicher Faktor. Für den Untergang des Kommunismus sowjetischer Prägung sind gute Erklärungen vorhanden, allen voran der westliche Kapitalismus als das insbesondere wirtschaftlich leistungsfähigere und somit stärkere System ("freie" Marktwirtschaft vs. staatliche Planwirtschaft). Die innersystemische Betrach¬tung des Sozialismus / Kommunismus aber führt zu dem Ergebnis, dass das System bereits aufgrund der eigenen Ideologie schlussendlich nicht funktionieren konnte (Fallhöhe ideologische Prämissen vs. realer Alltag) und dabei selbst im Laufe der Geschichte zur Farce wurde. Das Spannende und Erstaunliche ist, dass die kulturellen Erzeugnisse, die unter den Bedingungen des Systems hervorgebracht wurden – insbesondere die Literatur wird beleuchtet – einen wesentlichen Anteil (subversive Kraft) an der Infrage¬stellung und Delegitimation des Systems und v.a. seiner Macht¬habenden hatten, trotz (oder gerade wegen) einer generellen Affirmation der kommunistisch-sozialistischen Kernidee. Beispielgebend für die Aussagekraft von großer / echter Literatur für uns heute ist hier die ›Wolokolamsker Chaussee‹ von Heiner Müller, einem der wichtigsten deutschen Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Dieser Text und Walter Benjamins ›Thesen über den Begriff der Geschichte‹ (ein theoretisches Fundament für Heiner Müller) erregen zwar nachhaltig Aufmerksamkeit, entziehen sich aber einem intuitiven vollständigen Verständnis. Decodierung, Erklärung, Hintergründe und Zusammenhänge herstellen und Weiterdenken – den Text quasi der Vergangenheit entreißen und ihn in all seinen impliziten & expliziten Verweisen auf Geschichte, Politik, Philosophie, Literatur, Alltag und Ideologie (wieder) verstehbar zu machen, insbesondere für heutige Leser ohne den Erfahrungshintergrund des untergegangenen sozialistischen Systems – war der selbstgestellte Auftrag. Insofern erzählt diese Arbeit auch eine Kultur- und Alltagsgeschichte des Sozialismus / Kommunismus. (Nach der Lektüre hat man das notwendige Handwerkszeug, um Texte, die in diesem System oder unter dessen Prägung entstanden sind, zu beurteilen.) Fünf geschichtliche Wirklichkeiten ((Real-)Politik, Ideologie, Alltag, Literatur und Philosophie) hausen in dieser Arbeit. Deren gegenseitige Beeinflussungen & Wechselwirkungen werden geschildert: dass dabei ein möglichst nahes Bild der Vergangenheit erzählt wird, das zur Analyse, Einordnung und Weiter-beschäftigung v.a. mit dem kulturellen Erbe des Kommunismus ermächtigt, einlädt oder herausfordert, ist das Ziel. Der Begriff ›Revolution‹ bildet in seinen verschiedenen Bedeutungen eine Hintergrundmatrix des Textes, quasi als Leitmotiv, ebenso die ›Farce‹. Dargestellt wird das sozialistisch-kommunistische System des 20. Jahr-hunderts mittels seiner Ideologie und Institutionen, indem seine kulturellen Erzeugnisse (als Hinterlassenschaft) befragt werden: Wirkmächtig¬keit von Literatur / Text als politischer und geschichtlicher Faktor. Für den Untergang des Kommunismus sowjetischer Prägung sind gute Erklärungen vorhanden, allen voran der westliche Kapitalismus als das insbesondere wirtschaftlich leistungsfähigere und somit stärkere System ("freie" Marktwirtschaft vs. staatliche Planwirtschaft). Die innersystemische Betrach¬tung des Sozialismus / Kommunismus aber führt zu dem Ergebnis, dass das System bereits aufgrund der eigenen Ideologie schlussendlich nicht funktionieren konnte (Fallhöhe ideologische Prämissen vs. realer Alltag) und dabei selbst im Laufe der Geschichte zur Farce wurde. Das Spannende und Erstaunliche ist, dass die kulturellen Erzeugnisse, die unter den Bedingungen des Systems hervorgebracht wurden – insbesondere die Literatur wird beleuchtet – einen wesentlichen Anteil (subversive Kraft) an der Infrage¬stellung und Delegitimation des Systems und v.a. seiner Macht¬habenden hatten, trotz (oder gerade wegen) einer generellen Affirmation der kommunistisch-sozialistischen Kernidee. Beispielgebend für die Aussagekraft von großer / echter Literatur für uns heute ist hier die ›Wolokolamsker Chaussee‹ von Heiner Müller, einem der wichtigsten deutschen Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Dieser Text und Walter Benjamins ›Thesen über den Begriff der Geschichte‹ (ein theoretisches Fundament für Heiner Müller) erregen zwar nachhaltig Aufmerksamkeit, entziehen sich aber einem intuitiven vollständigen Verständnis. Decodierung, Erklärung, Hintergründe und Zusammenhänge herstellen und Weiterdenken – den Text quasi der Vergangenheit entreißen und ihn in all seinen impliziten & expliziten Verweisen auf Geschichte, Politik, Philosophie, Literatur, Alltag und Ideologie (wieder) verstehbar zu machen, insbesondere für heutige Leser ohne den Erfahrungshintergrund des untergegangenen sozialistischen Systems – war der selbstgestellte Auftrag. Insofern erzählt diese Arbeit auch eine Kultur- und Alltagsgeschichte des Sozialismus / Kommunismus. (Nach der Lektüre hat man das notwendige Handwerkszeug, um Texte, die in diesem System oder unter dessen Prägung entstanden sind, zu beurteilen.)
Abstract
(Englisch)
Five historical realities ((practical) politics, ideology, everyday life, literature and philosophy) reside in this text. Described is their mutual impact & interaction – the target is to tell a picture (as close as possible) of the past, which allows, invites or provokes the analysis, classification and further dealing with the cultural heritage of communism. The term ›revolution‹ with its different meanings is building the background matrix, acting as a leitmotif, as well as ›farce‹. The 20th century socialist-communist system is presented by its ideology and institutions, through investigating its cultural legacy: sustainability of literature / text as political and historical factor. Good explanations exist for the declining of soviet kind communism, above all is western capitalism as the economically more efficient and therefore more powerful system ("free" market vs. state-planned economy). However, an inside view-analysis of the system leads to the outcome, that it could not function ultimately, because of its own ideology (height of fall between ideological premisses and everyday life) and became a farce itself throughout history. Fascinating and astonishing is the fact, that the cultural products created under the condition of the system – especially literature is highlighted – had a substantial role (subversive power) in questioning and delegitimation of the system and its authorities, despite (or perhaps because of) a general affirmation of the communist-socialist core idea. Concerning this, Heiner Müller's ›Wolokolamsker Chaussee‹, a play by one of the most important 20th century German dramatists, is an example for the explanatory power of real literature. This text, as well as Walter Benjamin's ›Thesen über den Begriff der Geschichte‹ attracts lasting attention, but fail when trying to be understood intuitively. The self-imposed task was decoding, explaining, assembling backgrounds and contexts and thinking ahead – snatching the text out of the past and making it (again) understandable with all its implicit & explicit references to history, politics, philosophy, literature, everyday life and ideology, especially for readers of today without the experience of the gone socialist system. Insofar, this dissertation is also telling a cultural and everyday life history of socialism / communism; which also allows to judge texts produced under the system.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
philosophy of history political philosophy aesthetics Walter Benjamin Heiner Müller DDR UdSSR
Schlagwörter
(Deutsch)
Geschichtsphilosophie Politische Philosophie Ästhetik Walter Benjamin Heiner Müller DDR UdSSR
Autor*innen
Florian Petsch
Haupttitel (Deutsch)
Ende der Revolution
Hauptuntertitel (Deutsch)
Heiner Müllers DDR oder der selbstverschuldete Zerfall des realsozialistischen Systems aufgrund seiner ideologischen Vorgaben
Publikationsjahr
2014
Umfangsangabe
258 S. : Ill.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Franz Martin Wimmer ,
Josef Rhemann
Klassifikation
08 Philosophie > 08.45 Politische Philosophie
AC Nummer
AC12179422
Utheses ID
30513
Studienkennzahl
UA | 092 | 296 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1