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Die Austria Wochenschau und ihre Rolle im Identitätsbildungsprozess der Zweiten Republik
1955 - 1965
Marie-Theres Egyed
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Oliver Rathkolb
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.3586
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29765.32414.881955-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Wie im ersten Teil der Arbeit dargelegt wurde, fungierten Wochenschauen seit ihrer Erfindung immer als Bestandteil eines politischen Systems oder politischer Propaganda. Ausschlaggebend dafür ist ihre Eigentums- und Gesellschafterstruktur, genauso wie ihr Verhältnis zu dem Land, in dem sie ausgestrahlt wurden. Es ist daher schwierig bis unmöglich diese außerhalb eines politisch-historischen Kontextes zu lesen. Die AWS wurde 1949 noch während der alliierten Verwaltung gegründet. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzten aber auch die Alliierten auf das Medium Wochenschau: In jeder der vier Zonen wurde eigene Wochenschauen produziert und ausgestrahlt. Hier galt es der Bevölkerung nach sieben Jahren faschistischer Propaganda neue Werte zu vermitteln. Nach Gründung der AWS wurden diese teilweise eingestellt. Und auch bei der Geburtsstunde der AWS stand die Idee im Vordergrund, die Werte des neuen Österreich zu präsentieren, damit diese von den ZuseherInnen verinnerlicht werden konnten.Die Gesellschafterstruktur (52% im Republiksbesitz, je 27% hielten zwei Filmvertriebsfirmen, die SPÖ-nahe KiBa und die ÖVP-nahe Sascha-Film), also streng nach Proporz organisiert, spiegelt sich auch in der Belegschaft wider, auf die aber in dieser Untersuchung nicht eingegangen wurde.Der Titel der Arbeit lautet: Die Austria Wochenschau und ihre Rolle im Identitätsbildungsprozess der Zweiten Republik. 1955 bis 1965. Zeitlich eingegrenzt wurde die Untersuchung durch den Staatsvertrag und durch die Etablierung des Nationalfeiertages. Aus heutiger Sicht ist es schwer, die Rolle der AWS zu bewerten. Es gibt keine Zuschauerbefragungen, die die Ergebnisse der Analyse bestätigen oder negieren könnten. Jedoch ist die Absicht der AWS klar: Berichterstattung im staatspolitischen Interesse war das wesentliche Argument. Doch hier stellt sich wieder die Frage, wer genau das Zielpublikum war. Auf den ersten Blick: alle ÖsterreicherInnen. Dennoch war es wichtig, vor allem bei jenen anzusetzen, die an der Lebensfähigkeit und Souveränität des Staates zweifelten oder die lange Phase der alliierten Verwaltung in Frage stellten. Speziell an sie waren die Bilder der Idylle, die Wunder des Wiederaufbaus und die Euphorie über den Staatsvertrag gerichtet.Für die zweite Gruppe, die schon in dem Staat aufwuchs und den Kleinstaat nicht hinterfragte, hatten die Codes in den Berichten der AWS die Funktion, Identität und Heimatverbundenheit zu festigen, sodass diese ins kollektive Gedächtnis übernommen wurden.Die Themen, die in dieser Auseinandersetzung hintereinander angeführt werden, folgen in der AWS nicht demselben Schema. Es wurden zwar immer wieder die gleichen Stimmungen erzeugt, die gleichen Bilder verwendet und die gleichen Assoziationen hervorgerufen, dennoch kann nicht behauptet werden, dass jede AWS-Ausgabe ein Code-Inventar darstellt. Nein, die AWS sah sich in erster Linie der Unterhaltung verpflichtet und konnte auf einen bewährten Katalog von Darstellungsformen zurückgreifen und diese im Sinne des Auftraggebers reproduzieren. Nur wenige dieser Themen erlebten im Untersuchungszeitraum einen Wandel, davon ausgenommen die Neutralität.Entscheidend war immer die Komposition des Beitrags, das Zusammenspiel von Kommentar, Bild und Musik. Auch die Einbettung innerhalb der Wochenschau-Ausgabe war wesentlich für die Rezipienten. Gegen Ende des Untersuchungszeitraums nimmt die Bedeutung der Wochenschau ab, was wiederum an den Inhalten der Beiträge abzulesen ist. Nun rückt die Unterhaltung noch mehr in den Vordergrund und das Fernsehen übernimmt vollständig die Funktion als audiovisuelles Informationsmedium.Die Analyse beginnt mit 1955, dem Jahr des Staatsvertrags. Der Hauptteil greift zunächst den Schwerpunkt Staatsvertragswochenschauen auf. Zuerst fungierte die AWS als Dokumentar bis zur Erlangung des Staatsvertrags und begleitete die österreichische Regierungsdelegation nach Moskau. Die Regierungsdelegation wird zunächst als Hoffnungsträger für den Staatsvertrag dargestellt, indem die einzelnen Politiker im Zentrum der Berichterstattung stehen und der Staatsvertrag als abstraktes Ziel gebracht wird: Die österreichische Politik steht im Zentrum der Weltpolitik. Diese Botschaft soll den ZuschauerInnen der Wochenschau vermittelt werden. Erst die Sonderausgaben anlässlich der Unterzeichnung des Staatsvertrages machen die Bedeutung des Dokuments für die österreichische Bevölkerung fassbar. Hier stehen nicht mehr die Politiker oder der Staatsakt im Zentrum der Berichterstattung, sondern es wird bewusst das Volk in den Vordergrund gestellt. Jene, die nicht dem Ereignis beiwohnen konnten, sollen sich auch damit identifizieren können. Die beiden Sonderausgaben zur Staatsvertragsunterzeichnung fungieren außerdem als Inventar und Basis identitätsstiftender Codes. Hier ist der Oktober-Film herauszuheben, der mit der Bundeshymne endet, die mit Stimmungsbildern aus Österreich untermalt ist. Dieses Stilmittel wird in den darauffolgenden Jahren wiederholt angewendet.Die beiden Sonderfilme zum Staatsvertrag bzw. anlässlich des Beschlusses des Neutralitätsgesetzes bildeten den Grundstein für eine Erinnerungskultur in der AWS. Sie stellen eine Zäsur dar, auf diesen Tag und diese Filme beruft sich in weiterer Folge eine Generation. 1955 steht in diesem Konstrukt nicht nur für das Ende der alliierten Besatzung, sondern diese Unfreiheit wird auch mit der nationalsozialistischen Herrschaft gleichgesetzt, sodass nicht selten von 17 Jahren Besetzung gesprochen wird. Auch hier wird noch einmal die Möglichkeit wahrgenommen, den Opfermythos weiterleben zu lassen und zu instrumentalisieren. Der Tag der Fahne bzw. ab 1965 der Nationalfeiertag ist eine der zahlreichen Gelegenheiten jedes Jahr diesen Mythos und die AWS-Geschichte rund um den Staatsvertrag wieder aufleben zu lassen. Dabei wird oft auf die Stunde Null gesetzt und das Wunder der Zweiten Republik erzählt: Der gemeinsame politische Wille und der Zusammenhalt in der Bevölkerung, der Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und schließlich die Sonderstellung Österreichs sind dabei Schlüsselwörter. Die Darstellung des 1. Mai unterscheidet sich in der AWS deutlich von der des 26. Oktober. Obwohl dieser Staatsfeiertag ebenfalls einen fixen Platz in der AWS jedes Jahr einnimmt, kann er mit der Inszenierung des Tags der Fahne nicht gleichgesetzt werden. Beim Tag der Arbeit wird im Gegensatz zum Tag der Fahne keine Geschichte erzählt. Hier stehen die Menschen, Aufmärsche und auch die politischen Parteien und Feiern im Vordergrund. Deutlich ist dabei eine Dominanz der SPÖ zu spüren, die mit ihren jährlichen Aufmarsch vor dem Rathaus nicht nur Kontinuität beweist, sondern auch einen Bezug zum Roten Wien herstellt. In den Wochenschauen zu Jubiläen und Jahrestagen der Republik wird die passive Geschichtsauffassung und Erinnerungskultur, die durch die AWS vermittelt wird, am deutlichsten sichtbar. In jenen Beiträgen wird wiederholt das Schicksal Österreichs dargestellt und wie sich das kleine Land mit dem großen Willen daraus befreit habe. Der Anschluss wird als Einverleibung durch Hitler umschrieben, die Stunde Null als Staatsgründungsmoment gefeiert. Ob 20 Jahre Zweite Republik, 25 Jahre Anschluss oder Tag der Fahne ist durch die Art der Inszenierung kaum zu unterscheiden. Eine andere Kategorie von Gedenken und Jubiläen stellen jene Gedenktage dar, die von den beiden politischen Lagern unterschiedlich bewertet werden. Als Beispiel dafür fungieren die Jubiläen der Ersten Republik und auch das Gedenken an das Jahr 1934. (1934 bis 1964. Die Bundesregierung gedenkt der Februaropfer). Der 12. November wird als Feiertag der Republik wiederholt in der Wochenschau inszeniert. Auch die Art der Darstellung weicht kaum ab: Es ist eine Kranzniederlegung vor dem Staatsgründerdenkmal neben dem Parlament. Obwohl dieser Erinnerungsort als sozialdemokratisch gilt, sind dabei nur selten sozialistische Politiker zu sehen oder werden gar bei Reden gezeigt. Abgesehen von diesem Denkmal wird dieses Jubiläum nicht weiter mit österreichischen Codes ausgestattet, ein Beleg für die unterschiedliche historische Bewertung der Ersten Republik und ihrer Gründung aus Sicht der beiden Großparteien. Ebendiese mangelnde Konsensfähigkeit soll bei den ZuseherInnen nicht hervorgerufen werden, deswegen wird Eintracht beim Denkmal gezeigt. Ähnliches geschieht auch beim Gedenken an das Jahr 1934. In den Beitrag Märztage, österreichische Schicksalstage sind Bilder von den Februarkämpfen eingefügt. Doch in dem Beitrag, der sich ausschließlich mit der Erinnerung an dieses schicksalhafte Jahr befasst, wird keinerlei Archivmaterial verwendet. Hier steht das gemeinsame Gedenken der beiden Koalitionsparteien der Opfer im Vordergrund. Erneut kann festgestellt werden, dass die unterschiedliche historische Bewertung und die Zwietracht der Ersten Republik bzw. des Ständestaates nicht in Erinnerung gerufen werden soll. Doch Identität wird in der AWS nicht nur über Harmonie dargestellt, sondern auch über Gegensätze aufgebaut. Dazu dient das Konstrukt, Österreich als Insel der Seligen in einem Europa der Gegensätze zu präsentieren. Institutionen wie die UNO, der Europarat oder die Europäische Parlamentarierkonferenz sind willkommene Gelegenheiten, die Vorzüge des neutralen Status hervorzuheben: Das Land nimmt daran teil, verspricht sich aber eine gesonderte Position, wobei der Sprecher nicht müde wird, jene in diesem und jedem anderen Zusammenhang zu betonen. Das gleiche gilt auch für die Präsentation des Landes nach außen und für das Verhältnis Österreich zur Weltpolitik. Österreich legt sehr viel Wert darauf, über seine außenpolitischen Aktivitäten wahrgenommen zu werden und diese in den Identitätsdiskurs zu integrieren. Die Ungarn-Krise 1956 ist das bekannteste Beispiel dafür: Die zufällige geographische Lage und die daraus interpretierte Vermittlerrolle im Kalten Krieg führte eben zu dieser Selbstüberschätzung der Bevölkerung. Die politische Propaganda des Kalten Krieges erleichterte die anfängliche Darstellung der Ungarnflüchtlinge als Opfer des Kommunismus und ermöglichte in weiterer Folge eine Solidarisierung mit den östlichen Nachbarn, mit denen Österreich eine gemeinsame historische und kulturelle Tradition verband.Die Sonderausgabe der AWS fokussiert einerseits den Gegensatz zwischen Österreich als Insel der Seligen und Ungarn als Ort der Bedrohung und führt dieses Prinzip der Gegenüberstellung weiter fort. Andererseits wird eben das Feindbild Kommunismus durch die AWS-Darstellung manifestiert, was eine klare Westpositionierung subsumiert. Ein weiteres Beispiel für die Aufwertung des Begriffs und des Verständnisses der österreichischen Interpretation der Neutralität ist der Bericht über das Gipfeltreffen zwischen Nikita Chruschtschow und John F. Kennedy 1961 in Wien. Der Beitrag trägt den martialischen Titel Blitzkrieg um den Frieden. Im Zentrum der Berichterstattung stehen der Austragungsort und seine freundliche Wiener Atmosphäre. Obwohl der Bericht der Zeremonie des Staatsbesuchs folgt, drängt sich trotzdem der Stolz und Wunsch des Landes auf, im Mittelpunkt der Weltpolitik zu stehen. Außerdem wurde durch das Treffen Neutralität zum zentralen Erinnerungsort. Neutralität fungierte allerdings nicht nur nach außen als Attribut des neuen Österreich, sondern wurde auch bewusst als identitätsförderndes Element eingesetzt: die Folge davon kann man aber genauso als Überbewertung des österreichischen Nationalbewusstseins bezeichnen. Eine andere Gattung von Beiträgen stellen Berichte über Parteitage oder andere politische Ereignisse dar. Sie zählen zu jener Kategorie in der AWS, wo es um bloße Präsenz der Koalitionsparteien in der Wochenschau geht. Inhalt und Art der Aufbereitung der Parteitage unterscheiden sich nur marginal, einzig die politischen Protagonisten wechseln im Laufe der Jahre. 1959 wird erstmals auch über den Parteitag der FPÖ berichtet, so findet die einzige Oppositionspartei Eingang in die Wochenschau. Einen besonderen Stellenwert innerhalb der Wochenschau nehmen Staatsbegräbnisse ein. Die pompöse Inszenierung deutet auf das Bemühen hin, die außergewöhnlichen Leistungen des Verstorbenen für Österreich im Nachhinein zu würdigen. Nicht selten fallen dabei Worte wie Verkörperung des Österreichertums oder Inkarnation des Österreichertums. Hier wird ein Idealtypus eines Österreichers geschaffen, die erwähnenswerten Errungenschaften beginnen nach der Auffassung der AWS erst in der Zweiten Republik. Verglichen mit den Darstellungen anderer politischer Ereignisse steht hier der Versuch im Vordergrund, die Tragweite des Verlustes für die österreichische Bevölkerung herzustellen. Bei fast allen Staatsbegräbnissen wird gezeigt, wie das Volk dem Verstorbenen die letzte Ehre erweist. Auch hier soll jenen, die dies nicht tun konnten, das Gefühl gegeben werden, daran Anteil nehmen zu können. Parteinahe Gruppierungen, wie beispielsweise der Bauernbund, erfüllen mehrere Funktionen in der AWS. Einerseits garantieren sie wieder, in diesem Fall ÖVP-Politikern, Medienpräsenz, andererseits verknüpfen sie ein emotionsgeladenes Thema, hier Landwirtschaft, mit Politik und Volkskultur. Auf diese Weise wird eine Identifikationsbasis geschaffen. Einen eigenen Abschnitt stellt der Themenbereich Industrie dar. Hier wird untersucht wie Industriestandorte Eingang in die AWS-Berichterstattung gefunden haben und wie sie umgesetzt wurden. Viele Beiträge widmen sich dem Bau des Donau-Kraftwerks Ybbs-Persenbeug. Mithilfe der häufigen Berichte über den Baufortschritt wird dem Projekt Prestige und große Bedeutung zugeschrieben, auch Politiker sind immer wieder im Zusammenhang mit Ybbs-Persenbeug in der AWS zu sehen. Mit diesem Prestigeprojekt sollen modernste Technik und Fortschritt verknüpft werden. Zu dieser Kategorie zählen ebenso Beiträge über die VÖEST. Doch auch mit Industrie und Fortschritt wurde die Bautätigkeit, vor allem in Wien assoziiert. Der Ringturm wurde als erster Wolkenkratzer Wiens gefeiert, der Baufortschritt der Wiener Stadthalle wurde in der AWS begleitet und dokumentiert. Auch hier gilt: Es wird etwas für die Bevölkerung geschaffen und jede(r) soll sich damit identifizieren können. Ob Verstaatlichte Industrie oder Baugewerbe, Wirtschaftswachstum und Wirtschaftswunder werden durch die häufige Berichterstattung über jene Themen suggeriert. Jeder und jede ÖsterreicherIn soll den Eindruck haben, nicht nur davon zu profitieren, sondern auch daran mitgewirkt zu haben. Deswegen sind in den Berichten über die diversen Industriestandorte zwar immer Politiker zu sehen, aber auch Arbeiter und Schaulustige, die die österreichische Bevölkerung vertreten.Ganz anders erfolgt der Identitätsaufbau im Kulturbereich: Die kulturellen Leistungen der Vergangenheit werden in den Mittelpunkt gestellt. Festspiele und Festwochen wurden dementsprechend in der AWS arrangiert und als traditionsreich gefeiert. Österreich inszeniert sich wieder als Kulturnation, daher begeht nicht nur Österreich Mozarts 200. Geburtstag, sondern es feiert ihn die Welt (Die Welt feiert Mozarts 200. Geburtstag, AWS 6/56) Auch bei der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper werden in der AWS internationale Gäste gezeigt, um den ZuseherInnen zu demonstrieren, dass das Schicksal des Opernhauses über die Grenzen hinaus berührt. Nicht die Eröffnung steht im Zentrum der Berichterstattung, sondern die Gäste aus aller Welt, die zur Eröffnung gekommen sind. Speziell bei der Darstellung Wiens beruft man sich gerne auf barocke Traditionen und längst vergangen Zeiten: Ob das Riesenrad Geburtstag feiert oder Wiens barockes Gesicht in der AWS präsentiert wird, Klischees und Stereotypen werden wiederholt reproduziert und der Kommentar ist von nostalgischem Unterton geprägt.Ein weiterer wichtiger Bereich in der AWS, der natürlich auch einen wesentlichen Teil innerhalb des österreichischen Identitätsdiskurses abdeckt, ist der ländliche bzw. landwirtschaftliche Bereich. In der Analyse der AWS-Beiträge wird als Beispiel für Landwirtschaft und Folklore das Villacher Volksfest herangezogen. Die Werks- und Leistungsschau gewinnt keinerlei Bedeutung in dem Beitrag, der Schwerpunkt liegt auf der durch Brauchtum vermittelten Volkskultur. Den letzten Schwerpunkt in der analytischen Auseinandersetzung mit der AWS bildet die Minderheitenthematik in Österreich. Ausgehend von der Südtirol-Frage und einer Debatte darüber im Parlament, sah sich Österreich in der Lage über die Minderheitenfrage in Südtirol politischen Druck auf Italien auszuüben und fordert wiederholt die Einhaltung des Gruber-De Gasperi-Abkommens. Es ist interessant, dass die Minderheitenthematik in der AWS von 1955 bis 1965 positiv besetzt und dargestellt wurde. In der eigenen Darstellung mit seinen Minderheiten sieht sich Österreich als Musterschüler, wie etwa Berichte über das Burgenland belegen, die Sequenzen über kroatische Volkstänze enthalten, ebenso Beiträge über Kärnten, die lange Strecken dem vorbildhaften Zusammenleben der Kärntner und Slowenen widmen.Eine letzte Kategorie innerhalb der Analyse stellt der Sport in der AWS dar. Hier muss allerdings angemerkt werden, dass allein aus Platzgründen für dieses Thema nur ein Bericht ausgewählt wurde, obwohl Sport einen entscheidenden Einfluss auf den Identitätsbildungsprozess hat. Wichtig dabei ist die Doppelfunktion des Beitrags: Einerseits müssen die sportlichen Leistungen hervorgehoben und entsprechend kommentiert werden, andererseits darf der Unterhaltungswert nicht zu kurz kommen. Gerade deswegen wurde der Sprecher Heribert Meisl eigens im Sport-Vorspann angekündigt und deutet auf die populäre Funktion seines Metiers und seiner Person hin. Auch die Platzierung immer am Ende der AWS gibt dem Sport und damit den Sportler, die für Österreich kämpfen, eine besondere Bedeutung und garantiert erhöhte Aufmerksamkeit des Publikums. Im dritten und letzten Teil der Arbeit Identitätsindex der Austria Wochenschau wird ein Überblick über die wichtigsten identitätsstiftenden Themen gegeben.
Abstract
(Englisch)
The central theme of the thesis is the authority of the Austrian Newsreel (Austria Wochenschau) to the newly formed Austrian identity in the Second Republic. Before going into detail, we should take into consideration the fact that after World War II and in the early fifties cinema newsreels had reached a climax. Therefore excellent foundations had been laid for the reception of newsreels. In the first part an introduction about newsreels will be given. Their history will be presented as their history in Austria. Further it will be established what we actually mean by newsreels and their main characteristics will be defined. Also the original purpose of this early audiovisual medium will be questioned: Were they supposed to deal with information or was their sole aim entertainment of the spectators? Can they be categorised as documentaries or fiction? In order to judge newsreels correctly, the main elements, like music, text (annotation) and graphical elements will be discussed. The last focus of the introduction will be a debate on the history of the Austria Wochenschau, which was founded in 1949, still under allied occupation. The urgency to create the Austria Wochenschau was based on the need to communicate new Austrian values to the Austrian people. From 1946 to 1949 different newsreels were broadcast in Austria, each of the Allied countries had produced a newsreel for the Austrian and German market. After the National Socialist leadership it was important for the allied countries to convey their values and way of living, in order to eliminate the Nazi-ideas. Nevertheless, newsreels were also used by the Allies for reasons of propaganda. On the one hand, they were supposed to influence people with ideas of political content, on the other hand they were seen as a potential platform for the global market. Due to the fact that newsreels had been used for propaganda since their beginnings, it is obvious that this was also the reason for forming the Austria Wochenschau. Looking closely at the Austria Wochenschau, the circumstances of ownership are certainly worth considering. In 1949, the Austria Wochenschau was formed as an agency, 52 percent were owned by the Republic of Austria, the rest was held by two Viennese distribution companies. Each of them had a close relationship to one of the big parties: KIBA-Film Ges.m.b.H was associated with the Socialist Party (SPÖ), the Sascha Film with the Peoples Party (ÖVP). Under these specific conditions and this ownership structure, influence of the government was guaranteed and had considerably contributed to create an Austrian identity. The result was the construction of an identity using certain topics, which were used repeatedly. In the second part of the thesis, called Austria Wochenschau-Analyse, newsreels will be analysed in relation to these topics, which brought about an Austrian identity. A main focus will be given to newsreels which are closely connected to the Austrian Treaty (Staatsvertrag). For this occasion two extra editions were produced, which specifically and exclusively deal with the Austrian Treaty. Later newsreels refer to these extra editions, because they are inseparably associated with the Austrian identity. It is obvious that the Austrian state, represented by the Austria Wochenschau, tried to influence the Austrian society with pictures and stories in order to achieve identification between society and the system of the Second Republic. But also other newsreel editions influenced the country's identity, such as reports dealing with questions of industry and energy, like those about power plants (Kaprun, Ybbs-Persenbeug) or about steel production. (VÖEST) Cultural themes were also given a lot of attention in the Austria Wochenschau, in order to recreate Austria in people's minds as a state with cultural power.In the last part of the thesis a survey of the main themes influencing identity will be given, which is composed as an index of Austrian identity topics. (Identitätsindex der Austria Wochenschau)

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
newsreels identity Second Republic
Schlagwörter
(Deutsch)
Austria Wochenschau Identität Kinowochenschau Zweite Republik
Autor*innen
Marie-Theres Egyed
Haupttitel (Deutsch)
Die Austria Wochenschau und ihre Rolle im Identitätsbildungsprozess der Zweiten Republik
Hauptuntertitel (Deutsch)
1955 - 1965
Publikationsjahr
2009
Umfangsangabe
189 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Oliver Rathkolb
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.00 Geschichte: Allgemeines ,
15 Geschichte > 15.60 Schweiz, Österreich-Ungarn, Österreich
AC Nummer
AC07518079
Utheses ID
3147
Studienkennzahl
UA | 312 | | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1