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Extremely long mouthparts in butterflies (Lepidoptera)
form, function and evolution
Julia Bauder
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Lebenswissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
PhD-Studium (Doctor of Philosophy) (Dissertationsgebiet: Biologie)
Betreuer*in
Harald Krenn
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29811.62111.638753-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die extrem langen Mundwerkzeuge von blütenbesuchenden Insekten sind durch natürliche Selektion entstanden, damit diese Zugang zu den reichhaltigen Nektarvorkommen in langröhrigen Blüten erhalten. Diese morphologischen Spezialanpassungen werden als das Ergebnis eines mutualistischen coevolutionären Wettlaufs betrachtet, vorausgesetzt dass diese langrüsseligen Blütenbesucher als effiziente Bestäuber ihrer bevorzugten Nektarpflanzen fungieren. Schmetterlinge haben einen röhrenförmigen Rüssel, mit dem sie Nektar aus den verschiedensten Blüten trinken können, aber bis heute ist umstritten, ob sie diese auch bestäuben. Frühere Studien haben hauptsächlich die von Bestäubern ausgehende Selektion auf Blüten untersucht. Spezialisierungen der Mundwerkzeuge der Blütenbesucher, abgesehen von der Rüssellänge selbst, wurden jedoch bisher kaum untersucht. Außerordentlich lange Schmetterlingsrüssel überragen die Körperlänge um das Doppelte und werden bis zu 52.7 mm lang. Diese sind allerdings sehr selten und kommen ausschließlich in zwei Familien Neotropischer Schmetterlingsarten vor. Bisher wurde die Seltenheit langrüsseliger Schmetterlingsarten einerseits durch funktionelle Kosten des langen Rüssels erklärt, wie längere Blütenbesuchszeiten, die durch langsamere Nektaraufnahmeraten verursacht werden. Andererseits könnte das seltene Vorkommen solcher Arten auch in hohen anatomischen Investitionen begründet sein, welche die einwandfreie Funktion des langen Rüssels gewährleisten. Diese Arbeit stellt einen integrativen Ansatz dar, welcher morphologische, biometrische und verhaltensbiologische Daten verschiedener Schmetterlingsarten kombiniert. Die untersuchten Arten aus einem Tieflandregenwald in Costa Rica unterscheiden sich erheblich in der Rüssellänge. Dadurch können neue Erkenntnisse bezüglich der Form, Funktion und (den Grenzen der) Evolution von extrem langen Schmetterlingsrüssel gewonnen werden. Die Ergebnisse ermöglichen, Aussagen bezüglich der Rolle dieser Insekten in Pflanzen-Bestäuber Netzwerken zu treffen. Lange Schmetterlingsrüssel sind durch eine allometrische Verlängerung mit der Körpergröße entstanden. Das Verhältnis zwischen Körperlänge und Rüssellänge charakterisiert die phylogenetischen Abstammungslinien und unterscheidet sich signifikant zwischen verschiedenen Unterfamilien der Hesperiidae. Überproportional lange Rüssel sind ein einziges Mal innerhalb der Riodinidae, aber zumindest drei Mal unabhängig voneinander innerhalb der Hesperiidae entstanden. Langrüsselige Schmetterlinge müssen relativ wenig in die Rüsselmuskulatur und die Sensillenausstattung investieren. Jedoch entstehen signifikante anatomische Kosten durch die verstärkte Muskulatur der Haemolymphpumpe, die den Rüssel ausrollt, und durch die vergrößerte Saugpumpenmuskulatur, die einen Unterdruck zum Aufsaugen von Nektar erzeugt. Außerdem müssen die Wände des Rüssels durch Cuticula verstärkt werden. Fütterungsexperimente mit standardisierter Zuckerlösung zeigten, dass langrüsselige Schmetterlinge keine verlangsamtem Nektaraufnahmeraten aufweisen, da sie eine Kombination von morphologischen Anpassungen, wie eine große Körpergröße und vergrößerte Nahrungskanalquerschnittsflächen, besitzen. Anhand von Videoanalysen frei lebender langrüsseliger Dickkopffalter bei der Nahrungssuche konnte bewiesen werden, dass die Zeitspanne in der Nektar aufgenommen wird, mit der Rüssellänge ansteigt. Langrüsselige Schmetterlinge können dadurch größere Nektarmengen aus langröhrigen Blüten aufnehmen. Trotz dieses Vorteils, gibt es dennoch funktionelle Nachteile eines langen Rüssels: langrüsselige Tagfalter benötigen mehr Zeit, um ihren Rüssel auszurollen und in Blüten einzufädeln. Beobachtungen des Verhaltens der Schmetterlinge während des Blütenbesuchs zeigten zwar, dass langrüsselige Arten die langröhrigen Blüten von Pflanzen der Gattung Calathea bevorzugten und diese am liebsten besuchten, jedoch nicht zur ihrer Bestäubung beitragen. Folglich müssen sie als Nektardiebe betrachtet werden. Zusätzlich fressen die Raupen der langrüsseligen Eurybia-Schmetterlinge das Blütengewebe der Calathea-Pflanzen. Diese Beobachtungen deuten auf eine antagonistische Beziehung zwischen den langrüsseligen Tagfaltern und dieser Nektarpflanzen hin und stellen damit die traditionelle Ansicht über die Entstehung von langen Mundwerkzeugen bei Insekten und tiefen Kronröhren durch mutualistische Coevolution in Frage. Stattdessen sind die extrem langen Rüssel mancher Neotropischer Tagfalter Anpassungen, um schon bestehende, mutualistische Interaktionen zwischen Nektarpflanzen und deren langrüsseligen Bestäubern, auszubeuten. Diese Arbeit liefert Hinweise darauf, dass es Grenzen für die Evolution von langen Rüsseln gibt, da das Verhältnis von Körperlänge zu Rüssellänge nicht beliebig gesteigert werden kann. Die Gründe dafür liegen einerseits im Verhalten der Schmetterlinge während des Blütenbesuchs und andererseits in der Entwicklung der Puppe während der Metamorphose. Lange Rüssel von großen Vertretern der Hesperiidae und Sphingidae sind wahrscheinlich unabhängig voneinander entstanden, um Zugang zu reichhaltigen Nektarquellen zu erhalten, welche ihren energieaufwändigen Flug zu ermöglichen.
Abstract
(Englisch)
Extremely long mouthparts of insect flower visitors evolved by natural selection to gain access to highly rewarding deep-tubed flowers. Such morphological specializations have been regarded as the outcome of a mutualistic coevolutionary arms race, assuming that these insects act as efficient pollinators for their nectar host plants. Butterflies have evolved a tubular proboscis to drink nectar from various flowers, but their role as efficient pollinators remains ambiguous. Furthermore, previous studies largely focussed on the pollinator-mediated selection on flowers, whereas specializations of the mouthparts have been neglected so far, except for proboscis length. Extremely long butterfly proboscides that greatly exceed the length of the body and measure up to 52.7 mm are rare and occur only in some species of Neotropical metalmarks (Riodinidae) and skippers (Hesperiidae). So far, the scarceness of long proboscid species among butterflies was explained by functional costs arising from increased flower handling times caused by decelerated nectar intake rates, but can also be the result of costly anatomical investments that serve to maintain the functionality of long proboscides. This study presents an integrative approach combining morphological, biometrical and behavioral data obtained from various butterfly species from a Costa Rican lowland rainforest area differing substantially in proboscis length to shed light on the form, function and (limits to the) evolution of extremely long butterfly proboscides and the ecological role of these insects in plant-pollinator networks. Long butterfly proboscides result from an allometric scaling relationship with body size which differs between phylogenetic lineages on the subfamily level among Hesperiidae. Disproportionally long proboscides evolved once within Riodinidae and at least three times convergently within Hesperiidae. Long-proboscid butterflies experience relatively low extra expense on the proboscis musculature and sensilla equipment, but significant anatomical costs in terms of reinforced haemolymph muscles for proboscis uncoiling and enlarged suction pump musculature for creating a pressure gradient to take up nectar, as well as thick cuticular proboscis walls. Furthermore, feeding experiments with standardized sugar solution reveal that long-proboscid butterflies do not suffer from reduced intake rates due to a combination of morphological adaptations, such as large body size and an enlarged food canal. Video analyses of foraging long-proboscid butterflies in the wild show that suction times increase with proboscis length, suggesting that long-proboscid butterflies drink larger amounts of nectar from deep-tubed flowers. Despite these advantages, functional costs of exaggerated mouthparts exist in terms of longer manipulation times per flower. Further, analyses of the flower-visiting behavior show that long-proboscid skipper and metalmark butterflies prefer the deep-tubed flowers of Calathea plants. However, these butterflies do not contribute to the pollination of their nectar host plant. By contrast, the adult butterflies steal nectar from flowers. In addition, the larvae of long-proboscid metalmark butterflies feed on the flowers of their nectar host plants. These findings indicate an antagonistic relationship between long-proboscid butterflies and their host plants and challenge the traditional view on the coevolution of long-proboscid flower visitors and deep-tubed flowers. Rather, the extraordinarily long proboscides of some Neotropical butterflies represent adaptations for capitalizing on pre-existing mutualistic interactions of the nectar host plants with their long-proboscid nectar feeding pollinators, such as euglossine bees. The study at hand provides evidence that constraints on the evolution of increasingly long butterfly proboscides may come from the underlying scaling relationships, i.e., relative proboscis length, combined with the butterfly’s flight style and flower-visiting behaviour and/or developmental processes during the pupal phase. Finally, there is evidence for the hypothesis that the convergent evolution of extremely long proboscides within skippers and hawk moths results from a combination of fuelling a metabolically costly flight and maintaining the high energetic requirements of large body sizes.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
mouthparts insects flower-visitation Calathea nectar intake rate haemolymph pump suction pump allometry metamorphosis morphology body size Costa Rica
Schlagwörter
(Deutsch)
Mundwerkzeuge Insekten Blütenbesuch Calathea Nektar Nahrungsaufnahme Hämolymphpumpe Saugpumpe Allometrie Metamorphose Morphologie Körpergröße Costa Rica
Autor*innen
Julia Bauder
Haupttitel (Englisch)
Extremely long mouthparts in butterflies (Lepidoptera)
Hauptuntertitel (Englisch)
form, function and evolution
Publikationsjahr
2014
Umfangsangabe
144 S. : Ill., graph. Darst.
Sprache
Englisch
Beurteiler*in
Harald Krenn
Klassifikation
42 Biologie > 42.89 Zoologie: Sonstiges
AC Nummer
AC12254344
Utheses ID
32783
Studienkennzahl
UA | 094 | 437 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1