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Der Wille des Patienten geschehe!
Patientenverfügung - Freiheit für die Patienten oder eine Bürde für die Begleiter?
Patrik Heindl
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Dr.-Studium der Philosophie Soziologie, geisteswissenschaftl.Stzw
Betreuer*in
Wilfried Schnepp
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.37401
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29665.05698.495663-1
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Hintergrund: Der Tod und der Sterbeprozess finden zwar im sozialen Raum statt, aber in der realen Welt wird ihnen kaum Platz gegeben. Wir wissen um unsere begrenzte individuelle Existenz auf dieser Welt, wir versuchen aber diese Gedanken so gut wie nur möglich zu verdrängen. Sich Gedanken über das eigene Sterben und die Vergänglichkeit zu machen gehört definitiv nicht zu den angenehmen Dingen des Lebens. Dennoch ist eine steigende Zahl an Menschen zu beobachten, die darüber nachdenken und darüber reden. Der Tod und das Sterben stellen trotz oder gerade wegen der heutigen medizinischen Machbarkeit eine Grenzerfahrung dar. Diese Grenzerfahrung trifft nicht nur Angehörige/Bezugspersonen eines sterbenden Menschen, sondern ist auch eine Grenzerfahrung für professionelle Gesundheitsberufe. In Österreich ist seit dem 1. Juni 2006 das Patientenverfügungsgesetz in Kraft. Eine Patientenverfügung ist eine vorsorgliche Willenserklärung für medizinische Behandlungen für den Fall, dass Patientinnen/Patienten nicht mehr einwilligungsfähig sind. In Österreich gibt es zwei verschiedene Patientenverfügungen, die beachtliche und die verbindliche Patientenverfügung. Ziel: Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Beschreibung von zwei Gruppen die durch eine Patientenverfügung betroffen sind. Das grundlegende Erkenntnisinteresse besteht darin, ob bei der Erstellung, Überbringung und Anwendung einer Patientenverfügung Konflikte, Emotionen, Ängste und Probleme bei den Angehörigen/Bezugspersonen oder dem professionellen Betreuungsteam auftreten, dies gilt es zu erfassen und darzustellen. Mit der Erstellung einer Patientenverfügung werden der Sterbeprozess und der Tod innerhalb der Familie zum Thema. Eine Patientenverfügung ist nicht nur innerhalb der Familie ein Thema, sondern die Patientenverfügung soll im Krankheitsfall zur Anwendung gebracht werden. Das bedeutet, die Patientenverfügung wird dem professionellen Betreuungsteam übergeben und soll auch ratifiziert werden. Durch eine Patientenverfügung im Krankenhaus sind auch professionelle Berufsgruppen, vor allem Ärztinnen/Ärzte und Pflegepersonen betroffen. Ziel dieser qualitativen Untersuchung ist es, aus der subjektiven Perspektive der privaten und professionellen Begleiterinnen/Begleiter zu erfahren, wie sich ihr alltägliches Handeln gestaltet. Methodik: Für die Datenerhebung wird das halb-standardisierte Interview gewählt. Die Teilnahme an der Untersuchung ist freiwillig und die Daten werden anonym und vertraulich behandelt. Die Vorgehensweise bei der Datenanalyse entspricht die der Grounded Theory und erfolgt in drei Kodierphasen. Insgesamt wurden 18 Interviews durchgeführt und ausgewertet, davon waren neun Interviews Angehörige/Bezugspersonen und neun Interviewpartnerinnen/ Interviewpartner professionelle Begleiterinnen/Begleiter. Ergebnisse: In dieser Dissertation werden zwei unterschiedliche Begleiterinnen/Begleiter dargestellt, während der Analyse der Daten zeigte sich ein zentrales Phänomen das „aushandeln müssen“. Dieses zentrale Phänomen ist in zwei unterschiedlichen Systemen zu finden. Ein System ist die Familie und all jene, die in den Patientenverfügungsprozess involviert sind. Im zweiten System sind alle professionellen Begleiterinnen/Begleiter inkludiert. Diese zwei Systeme sind durch unterschiedliche Inhalte, Qualitäten und zeitliche Rahmen gekennzeichnet. Eine weitere Form der Interaktion ist zwischen den beiden Systemen. Diese kommt zum Tragen, wenn die Patientenverfügung von den Angehörigen/Bezugspersonen an die professionellen Begleiterinnen/Begleiter übergeben wird. Die zeitliche Dimension des aushandeln und der Kommunikation ist ein wesentliches Kriterium. Das Aushandeln zwischen Angehörigen/Bezugspersonen mit ihren Vertrauenspersonen findet vor einem Ernstfall statt. Das Aushandeln und die Kommunikation der professionellen Begleiterinnen/Begleiter finden im Ernstfall statt. Schlussfolgerungen: Zum Sterben braucht man keine Patientenverfügung. Dennoch lässt sich sagen, dass die Patientenverfügung ein Instrument ist, welches für ein individuelles, selbstbestimmtes Sterben eingesetzt werden kann. Durch die verstärkte Aufmerksamkeit gegenüber der Autonomie wird die Patientenverfügung in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Eine Patientenverfügung ist kein didaktisches Mittel, um sich mit dem eigenen Sterben und mit der eigenen Vergänglichkeit zu befassen. Vielmehr ist die Patientenverfügung ein Instrument zwischen Menschen, innerhalb der Familie und zwischen privaten und professionellen Begleiterinnen/Begleitern. Jeder Mensch muss die Entscheidungen im Sinne der Patientenverfügung für sich alleine fällen, dennoch betrifft es immer auch andere Menschen, darum werden wesentliche Inhalte ausgehandelt. Wenn über die Wünsche, die Ängste und über die Inhalte der Patientenverfügung nicht gesprochen wird, bleibt die Selbstbestimmung unbemerkt. Wenn nicht über die Autonomie geredet wird, führt es zur Einschränkung und im schlimmsten Fall zur Ausgrenzung der Selbstbestimmung. Es sollte allen Akteuren bewusst sein, dass die Begleiterinnen/Begleiter bei einer Patientenverfügung nicht entscheiden, sie sind das ausführende Organ. Die Bürde für die Begleiterinnen/Begleiter liegt darin, die Selbstbestimmung der/des Patientin/Patienten zu akzeptieren und damit umgehen zu lernen. Begleiterinnen/Begleiter müssen lernen, dass die Entscheidungen in der Patientenverfügung von der/dem Patientin/Patienten getroffen worden sind. Erst dann ist die Freiheit der Patientinnen/Patienten möglich.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Patientenverfügung Autonomie
Autor*innen
Patrik Heindl
Haupttitel (Deutsch)
Der Wille des Patienten geschehe!
Hauptuntertitel (Deutsch)
Patientenverfügung - Freiheit für die Patienten oder eine Bürde für die Begleiter?
Publikationsjahr
2015
Umfangsangabe
260 S. : graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Wilfried Schnepp ,
Friedhelm Kröll
Klassifikationen
44 Medizin > 44.99 Medizin: Sonstiges ,
71 Soziologie > 71.49 Soziale Prozesse: Sonstiges
AC Nummer
AC12316184
Utheses ID
33141
Studienkennzahl
UA | 092 | 122 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1