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Falsche Griechen und hellenisierte Barbaren
Studien zur griechischen Identität bei Herodot und im griechischen Roman
Bernhard Söllradl
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Lehramtsstudium UF Griechisch UF Latein
Betreuer*in
Georg Danek
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.38539
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29772.25180.344461-5
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Wer waren die Griechen? Die Frage scheint unverfänglich, birgt jedoch unerwartete Tücken. Seit John Myres seine monumentale Studie mit dem Titel Who were the Greeks?(1930) publiziert hat, hat sich in der Forschungswelt die Meinung herausgebildet, dass es sich bei den alten Griechen um eine überaus heterogene ethnische Gruppe mit gemischten Wurzeln handle, die zahlreiche Dialekte einer nicht standardisierten Sprache spreche, Kulte und Rituale verschiedenster Herkunft praktiziere und keine einheitliche Kultur erkennen lasse. Vor diesem Hintergrund muss überraschen, mit welcher Selbstverständlichkeit die Griechen selbst gewusst zu haben scheinen, auf wen die Bezeichnung "Grieche" zutraf und auf wen nicht. In Kapitel 1 ("Griechische Identität(en) - Eine Annäherung") meiner Arbeit betrachte ich kulturelle Identitäten nicht als empirisch messbare Kategorien, sondern als sozial konstruiert. Ich argumentiere, dass bereits in archaischer Zeit eine griechische Identität entwickelt wurde, die nach den Perserkriegen für das politisch-ideologische Konstrukt des Panhellenismus instrumentalisiert wurde. Literarische Texte haben zu allen Epochen in der Konstruktion von griechischer Identität eine zentrale Rolle eingenommen und sie immer wieder neu beurteilt und modifiziert. Es erscheint daher sinnvoll, die Fragestellung "Wer waren Griechen?" durch Fragen wie "Welches Bild machten sich die Griechen von sich selbst?" und "Welchem Wandel war dieses Bild im Laufe der Jahrhunderte unterworfen?" zu ersetzen. Kapitel 2 ("Herodots Weltkarte der Kulturen: Ethnographie, Ideologie und die Konstruktion von Identität(en)") widmet sich Herodot, der als erster Autor der westlichen Tradition die damals bekannte Welt als Ganzes in den Blick nimmt und einer empirisch-wissenschaftliche Beschreibung unterzieht. Die dabei entworfene cultural map dient den Griechen fortan als Ausgangs- und Orientierungspunkt, um ihre eigene Stellung in der antiken Welt im Verhältnis zu anderen Völkern und Kulturen zu definieren und zu beurteilen. Trotz der deutlich hellenozentrischen Perspektive vermeiden die Historien eine klischeehafte Zeichnung von Griechen und Barbaren, sondern bemühen sich um eine ausgewogene und faire Darstellung, die bei zeitgenössischen und späteren Autoren jedoch häufig auf vereinfachende Stereotypen reduziert wurde. In Kapitel 3 ("Die Rezeption herodoteischer Identitätskonzepte im griechischen Roman") untersuche ich die Rezeption von Herodots cultural map bei Autoren wie Chariton und Heliodor. Der Vergleich bietet sich an: Neben Epos und Drama ist Historiographie eine Hauptquelle für den Roman und es steht anzunehmen, dass die Romanautoren neben Charakteren und Schauplätzen auch Ideen und Teile des Weltbilds der Historiker übernommen haben. Konkret überprüfe ich die These, dass sich die Romanautoren in ihren Konstruktionen von griechischer Identität permanent im Dialog mit Herodot befinden und dessen Identitätskonzepte re- oder dekonstruieren. Ich diskutiere in diesem Zusammenhang das Selbstbild der Autoren und ihres Publikums, den diachronen Wandel von Identitätskonstruktionen und das Fortleben der Dichotomie von Griechen und Barbaren. Meine Forschungsergebnisse sollen dem Leser erlauben, ein Bewusstsein für den Wandel des griechischen Selbst- und Fremdbildes im Laufe der Zeit zu entwickeln und identitätsstiftende Prozesse in verschiedenen Epochen der griechischen Geschichte besser zu verstehen. Letzten Endes will die Arbeit aber vor allem ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es sich bei der griechischen Identität (wie bei allen kulturellen Identitäten) zwangsläufig immer um ein instabiles, inkonsistentes und interpretierbares Konstrukt handeln muss.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Griechische Identität Identitätstheorie Griechische Historiographie Herodot 2. Sophistik Griechischer Roman Herodotrezeption Chariton Achilleus Tatios Xenophon von Ephesos Heliodor Griechen und Barbaren
Autor*innen
Bernhard Söllradl
Haupttitel (Deutsch)
Falsche Griechen und hellenisierte Barbaren
Hauptuntertitel (Deutsch)
Studien zur griechischen Identität bei Herodot und im griechischen Roman
Publikationsjahr
2015
Umfangsangabe
155 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Georg Danek
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.01 Historiographie ,
15 Geschichte > 15.27 Griechische Welt ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.70 Literaturwissenschaft: Allgemeines ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.75 Literaturkritik ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.80 Literarische Gattungen: Allgemeines ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.81 Epik, Prosa ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.93 Literarische Stoffe, literarische Motive, literarische Themen ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.94 Literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption
AC Nummer
AC12657018
Utheses ID
34143
Studienkennzahl
UA | 190 | 341 | 338 |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1