Detailansicht

Das "Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten zur Zeit Adolf Hitlers" in der "Ostmark".Geisteswissenschaftliche Gemeinschaftsforschung am Beispiel der Germanistik von 1938 bis 1945
Jan David Braun
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Wissenschaftsphilosophie und Wissenschaftsgeschichte
Betreuer*in
Carola Sachse
Volltext herunterladen
Volltext in Browser öffnen
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.38776
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30265.17813.538466-1
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Das „Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten“ war ein wissenschaftliches Projekt, dessen Ergebnis, 300 Aufnahmen von Mundarten aus dem ganzen deutschen Reichsgebiet, Adolf Hitler im Jahre 1937 zum Geburtstag geschenkt, ihm allerdings erst mit zweimonatiger Verspätung überreicht wurde. Dafür wurde eigens ein riesiger Plattenschrank aus Holz gezimmert, der diese Schellackplatten sowie einen Plattenspieler beinhaltete. Die Aufnahmen wurden außerdem phonetisch sowie schriftsprachlich transkribiert/transliteriert, in Buchform gedruckt und beigelegt. Der Reichsbund der deutschen Beamten (RDB) hatte das Projekt initiiert und die beiden Marburger Linguisten Bernhard Martin und Walther Mitzka vom Deutschen Sprachatlas (DSA) dafür gewinnen können. Der deutsche Sprachatlas in Marburg, der heute digitalisiert existiert, ist ein von Georg Wenker Ende des 19. Jahrhunderts entwickelter Atlas, der die Mundarten des Deutschen sprachgeographisch erfasst. Nach dem 12.03.1938, dem ‚Anschluss’ Österreichs an das NS-Deutschland, wurden nun nach den 1936–37 entstandenen Erhebungen des ‚Altreiches’ auch welche für die ‚Ostmark’ geplant und die Sammlung auf weitere 70 Aufnahmen ergänzt, wobei zwar die Aufnahmen im Jahr 1938 gemacht werden konnten, die weitere Vorgehensweise allerdings ab 1939 mit dem Einsetzen des Krieges die personellen Möglichkeiten des Projektes stark eingeschränkten. Nach der Eingliederung der deutschsprachigen Gebiete in Böhmen und Mähren in das Dritte Reich wurde zudem eine Fahrt durch sudetendeutsche Gebiete unternommen. Die wissenschaftlichen Hauptakteure des Lautdenkmals in der ‚Ostmark’ waren die Dialektologen Anton Pfalz (Wien) und Eberhard Kranzmayer (München).Eine Übergabe an Hitler ist bis heute nicht bekannt, ebensowenig eine komplette Fertigstellung des Projektes. Die Aufnahmen beinhalteten überwiegend männliche Sprecher aus ländlichen Gebieten, die über Brauchtum, Landwirtschaft, Sagen, Märchen, sowie historische Schlachten und andere NS-ideologisch verwertbare Themen sprachen, die in Bezug auf „Deutschtum“ ,„Volkstum“ etc. konzipiert waren. Bei dem österreichischen (‚ostmärkischen’) Teil des Lautdenkmals, hat man es mit einem vielschichtigen und weitverzweigten Netzwerk an unterschiedlichen wissenschaftlichen und außerwissenschaftlichen Institutionen zu tun: von Berlin aus angeordnet, lieferte Marburg die Vorlage für die Form und Gestaltung des österreichischen Teils, Anton Pfalz arbeitete an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Wiener Wörterbuchkanzlei) und an der Universität in Wien und Eberhard Kranzmayer wiederum war an der Bayerischen Wörterbuchkanzlei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München tätig. Ziel dieser Arbeit ist es, die Vorgehensweise und den Verlauf des Lautdenkmal-Projektes in Österreich nachzuzeichnen und zu chronologisieren, sowie das Projekt mit seinen (wissenschaftlichen) Protagonisten wissenschaftshistorisch zu kontextualisieren. Denn das Lautdenkmal stellt als großangelegtes und kostenintensives wissenschaftliches Projekt die Schnittstelle verschiedener geisteswissenschaftlich-hermeneutischer Disziplinen (Geschichte, Dialektologie, Volkskunde), sprachgeographischer Kartographie und politischer (ideologischer) Anliegen (Raumforschung/Expansionspolitik) dar und verdeutlicht auf eigentümliche Weise die disziplinären Zusammenhänge innerhalb der Wissenschaften und die entscheidenden Beziehungen zu politischen Institutionen. Demgemäß lässt sich das Lautdenkmal als multidisziplinäres Forschungsprojekt im Sinne geisteswissenschaftlicher Gemeinschaftsarbeit einordnen, das eine politische Klimax darstellt zu anderen multidisziplinären und verschleiert politischen Forschungsprojekten im Bereich etwa der Südost- bzw. Kulturraumforschung und dies zeigt, wie die Dialektologie eine wichtige wissenschaftliche Trägerin sprachpolitischer Landnahme war.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Wissenschaftsgeschichte Dialektologie Germanistik Nationalsozialismus Österreichische Akademie der Wissenschaften
Autor*innen
Jan David Braun
Haupttitel (Deutsch)
Das "Lautdenkmal reichsdeutscher Mundarten zur Zeit Adolf Hitlers" in der "Ostmark".Geisteswissenschaftliche Gemeinschaftsforschung am Beispiel der Germanistik von 1938 bis 1945
Publikationsjahr
2015
Umfangsangabe
105 Seiten : Illustration
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Carola Sachse
Klassifikation
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.01 Geschichte der Wissenschaft und Kultur
AC Nummer
AC12637014
Utheses ID
34350
Studienkennzahl
UA | 066 | 944 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1