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Phylogeography and taxonomy of the land snail genus Orcula Held, 1837
Josef Harl
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Lebenswissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Dr.-Studium der Naturwissenschaften Ökologie (Stzw)
Betreuer*in
Elisabeth Haring
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.38864
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29505.89382.650055-6
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Doktorarbeit behandelt die Taxonomie, Phylogenie und Phylogeographie der Landschneckengattung Orcula Held, 1837. Die Gattung Orcula bewohnt kalkreiche Gebirgshabitate Zentral- und Südosteuropas und weist mit neun von 13 Arten die größte Artenvielfalt in den Ostalpen auf. Die hohe Vielfalt in den Alpen wurde von mehreren Autoren auf die geographische Isolation von Populationen in voneinander getrennten eiszeitliche Refugien und auf die Anpassung an sich ändernde Umweltbedingungen zurückgeführt - insbesondere die Ostalpen wurden als Entstehungszentrum und eiszeitliches Refugium vieler Taxa vermutet. Im Rahmen dieser Dissertation führten wir Studien zur Taxonomie der Gattung sowie molekulargenetische Untersuchungen bei allen Orcula-Arten durch. Für die Rekonstruktion vergangener Verbreitungsmuster und die Kalibrierung der phylogenetischen Stammbäume wurden Fossilienbelege mit einbezogen, und bei den Mitgliedern der alpinen Artengruppe wurden morphometrische Analysen durchgeführt. Insbesondere strebten wir an zu klären, ob die hohe Arten- und Unterartenvielfalt in den östlichen Alpen das Resultat von Isolation in eiszeitlichen Refugien während des Pleistozäns ist oder ob sich deren Abstammungslinien bereits davor trennten. Im Typenkatalog stellen wir umfangreiche Daten zu allen bestehenden Arten der Gattung Orcula zur Verfügung. Wir identifizierten 55 nominelle Taxa, für einen Großteil derer wir Referenzen zu den Originalbeschreibungen, Typus-Lokalitäten, Aufbewahrungsorten von Typus-Exemplaren und Sammlungsnummern auflisten. Des Weiteren zeigen wir Abbildungen und Abmessungen von mehr als 30 nominellen Taxa, diskutieren die Gültigkeit mehrerer Unterartnamen und weisen auf Inkonsistenzen in den Auflistungen der Taxa in der Fauna-Europaea und der CLECOM I-Liste hin. Diese Arbeit ermöglichte uns, alle relevanten Taxa zu identifizieren, was entscheidend für die weiteren Untersuchungen war. Die Stammbäume, die aus der Untersuchung sowohl der mitochondrialen (COI, 12S, 16S) als auch der nukleären (H4/H3) Datensätze resultierten, zeigen drei Kladen, die den drei Untergattungen Orcula, Illyriobanatica Páll-Gergely & Deli 2013 und Hausdorfia Páll-Gergely & Irikov 2013 entsprechen. Die durch Fossilien kalibrierten 'Molekulare Uhr'-Analysen und die Rekonstruktion der historischen Verbreitungen deuten darauf hin, daß die Gattung bereits während des Mittleren Miozäns im Dinarischen Gebirge entstanden ist und die Untergattung Orcula die Alpen nicht vor dem späten Miozän besiedelt hat. Die Auftrennung der wichtigsten Linien innerhalb dieser Artengruppe datieren auf das Obere Miozän und das Pliozän - die Isolation in getrennten eiszeitliche Refugien war wahrscheinlich nicht der einzige Faktor, der die Artbildung vorantrieb. Unsere Daten weisen auch darauf hin, daß es zu Hybridisierungen gekommen ist oder diese zwischen einigen 'jüngeren' Arten immer noch auftreten, insbesondere zwischen Orcula pseudodolium Wagner, 1912 und Orcula gularis (Rossmässler, 1837). Die beiden letzteren Arten konnten in den morphometrischen Analysen gut unterschieden werden und wiesen generell unterschiedliche nukleäre H4/H3-Varianten auf, aber fast alle Individuen besaßen ähnliche mitochondriale Sequenzen, was auf die Aufnahme artfremder mitochondrialer DNA ('mitochondrial capture') hindeutet. Komplexe phylogeographische Muster wurden auch bei der am weitesten verbreiteten und auffälligsten Orcula-Art, Orcula dolium (Draparnaud, 1801), gefunden. Die Art besiedelt alle größeren Kalksteingebiete der Alpen und der westlichen Karpaten und umfaßt mehrere morphologisch differenzierte Populationen. Die phylogenetischen Bäume zeigen zumindest vier unterschiedliche alpine Kladen, deren Verbreitungsgebiete nur geringfügig überlappen. Diese Kladen konnten allerdings nicht mit den nominellen Unterarten in Verbindung gebracht werden, außer einer einzigen Klade, die mit dem Verbreitungsareal von Orcula dolium infima Ehrmann, 1933 aus dem Wienerwald (Wien und Niederösterreich) übereinstimmt. Orcula dolium edita Ehrmann, 1933 und Orcula dolium raxae Gittenberger, 1978, die als eiszeitliche Relikte beschrieben wurden, die heute auf höhere Gebirgslagen der östlichen Alpen beschränkt sind, konnten genetisch nicht von den umgebenden Populationen des Tieflandes unterschieden werden. Die phylogeographischen Muster deuten dennoch darauf hin, daß O. dolium das letzte glaziale Maximum in Refugien in den West- und den Ostalpen überdauerte - insbesondere die Ostalpen beherbergen genetisch sehr diverse Populationen. Ungeachtet der wesentlich kleineren Probenanzahl wurde in den Westkarpaten sogar eine noch größere Zahl an genetischen Kladen gefunden, und die Individuen von annähernd der Hälfte der Standorte wiesen stark unterschiedliche mitochondriale Sequenzen auf. Die Rekonstruktion der geographischen Verbreitungsgeschichte deutet darauf hin, daß O. dolium etwa um die Miozän-Pliozän-Grenze in den Westkarpaten entstand und die Alpen erst später besiedelte. Die alpinen Populationen sind allerdings nicht reziprok monophyletisch - die Sequenzmuster weisen auf mehrfache Migrationen zwischen den beiden Gebirgszügen hin. Um die vergangenen Verbreitungsmuster von O. dolium während der letzten glazialen Abschnitte zu rekonstruieren, untersuchten wir auch die pleistozänen Fossilienbelege der Art. Die Daten zeigen klar die Anwesenheit von O. dolium in der Peripherie der Alpen und Westkarpaten sowie im Pannonischen und im Wiener Becken während mehrerer kalter und warmer eiszeitlicher Perioden.
Abstract
(Englisch)
This doctoral thesis deals with taxonomy, phylogeny and phylogeography of the land snail genus Orcula Held, 1837. The genus Orcula inhabits calcareous mountain habitats of Central and Southeast Europe and shows the largest species diversity in the Eastern Alps with nine out of 13 species. Several malacologists hypothesized that the high diversity in the Alps was the result of geographic isolation of populations in separated glacial refuges and adaption to changing environmental conditions and that particularly the Eastern Alps represented a center of origin and glacial refuge for several taxa. For the present thesis, we studied the taxonomy of the genus and investigated all Orcula species by means of molecular genetics. We integrated fossil data for reconstructing past distribution patterns and for calibrating the phylogenetic trees, and we performed morphometric analyses on members of the Alpine species group. In particular, we aimed at clarifying whether the high species and subspecies diversity in the Eastern Alps is the result of geographical isolation in Pleistocene glacial refuges or if if the lineages already separated in earlier times. In the type catalogue, we provide comprehensive data on all extant taxa of the genus Orcula. We identified 55 nominal taxa, for most of which we provide references to the original descriptions, type localities, places of storage of type specimens and collection numbers. For more than 30 nominal taxa we also present photographs and measurements of type specimens. We discuss the validity of several subspecies names and point out inconsistencies in taxon listings of the Fauna Europaea Checklist and the CLECOM I-list. This work allowed us to identify all relevant taxa and to evaluate their taxonomical status quo, which was crucial for any further investigations. The phylogenetic trees resulting from the analyses of both the mitochondrial (COI, 12S, 16S) and the nuclear (H4/H3) data sets reveal three main clades, corresponding to the three subgenera Orcula, Illyriobanatica Páll-Gergely & Deli 2013 and Hausdorfia Páll-Gergely & Irikov 2013. The fossil calibrated molecular clock analyses and the reconstructions of the historic geographic ranges suggest that the genus originated in the Dinarids during the Middle Miocene and that the subgenus Orcula colonized the Alps not until the Late Miocene. The major splits in the latter species group date back to the Late Miocene and Pliocene, therefore, isolation in separated Pleistocene glacial refuges was most likely not the only factor triggering speciation. Our data also suggest that hybridizations happened or are still ongoing between some of the 'younger' species, particularly between Orcula pseudodolium Wagner 1912 and Orcula gularis (Rossmässler, 1837). The two latter species could be discriminated well in the morphometric analyses and generally provided different nuclear H4/H3 variants, but almost all specimens possessed similar mitochondrial sequences, thus indicating mitochondrial capture. Complex phylogeographic patterns were also found in the most widespread and prominent Orcula species, Orcula dolium (Draparnaud, 1801). The species inhabits all major limestone areas of the Alps and the Western Carpathians and includes several morphologically differentiated populations. The phylogenetic trees reveal at least four distinct Alpine clades, whose distribution areas are overlapping only marginally. These clades, however, could not be related to any of the nominate subspecies, except for a single clade, which matches with the distribution of Orcula dolium infima Ehrmann, 1933 from the Wienerwald (Vienna and Lower Austria). Orcula dolium edita Ehrmann, 1933 and Orcula dolium raxae Gittenberger, 1978, both described as glacial relics, which are currently restricted to high altitudes in the Eastern Alps, were genetically not distinguishable from the surrounding lowland populations. Nonetheless, the phylogeographic patterns indicate that populations of O. dolium outlasted the Last Glacial Maximum in refuges in the Western Alps and in the Eastern Alps - in particular, the latter region harbors genetically highly diverse populations. Despite the considerably smaller sample size, we found an even larger number of genetic clades in the Western Carpathians, and specimens at almost half of the sites showed strongly differing mitochondrial sequences. The reconstruction of the geographic range history suggests that O. dolium originated in the Western Carpathians around the Miocene-Pliocene boundary and settled the Alps later. The Alpine populations, however, are not reciprocally monophyletic, but sequence patterns suggest multiple migrations between the two mountain ranges. In order to reconstruct past distribution patterns of O. dolium during the last glacial periods in lowland areas surrounding the Alps, we also examined the Pleistocene fossil record of the species. The data clearly evidences its presence in the periphery of the Alps and the Western Carpathians, as well as in the Pannonian and Vienna Basins, during several warm and cold glacial periods.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Integrative taxonomy Biogeography Speciation Hybridization Glacial refuges Gastropoda
Schlagwörter
(Deutsch)
Integrative Taxonomie Biogeographie Artbildung Hybridisierung glaziale Refugien Gastropoda
Autor*innen
Josef Harl
Haupttitel (Englisch)
Phylogeography and taxonomy of the land snail genus Orcula Held, 1837
Paralleltitel (Deutsch)
Phylogeographie und Taxonomie der Landschnecken-Gattung Orcula Held, 1837
Publikationsjahr
2015
Umfangsangabe
103 SeitenIllustrationen
Sprache
Englisch
Beurteiler*innen
Gerhard Haszprunar ,
Edmund Gittenberger
Klassifikationen
42 Biologie > 42.07 Biogeographie ,
42 Biologie > 42.13 Molekularbiologie ,
42 Biologie > 42.21 Evolution ,
42 Biologie > 42.65 Tiergeographie, Tierökologie ,
42 Biologie > 42.73 Mollusca
AC Nummer
AC12740314
Utheses ID
34428
Studienkennzahl
UA | 091 | 444 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1