Detailansicht
Alltagsabläufe in den traditionellen Dorfgemeinschaften Malawi
Zusammenhänge zur kindlichen Entwicklung
Hanna Luttenberger
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Psychologie
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Diplomstudium Psychologie
Betreuer*in
Liselotte Ahnert
DOI
10.25365/thesis.39974
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30166.83775.128954-9
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die Identifizierung entwicklungsanregender Komponenten des traditionell bäuerlichen Alltags malawischer Kinder und den Zusammenhängen mit kontextuellen Faktoren. Der Fokus lag dabei auf den Einflüssen der soziokulturellen Komponenten Erstgeburtsalter, Bildung der Mutter, Familiengröße und die damit einhergehende soziale Unterstützung der Mutter (Keller & Kärnter, 2014) auf die Alltagsinteraktionen der Kinder. Ein besonderes Augenmerk wurde auf den Einfluss von geteilter sowie exklusiver Aufmerksamkeit der Interaktionspartner/ Interaktionspartnerinnen in der Interaktion mit dem Kind auf die kindliche Entwicklung gelegt.
Im Zuge des Forschungsprojektes Multiple Caretaking in Traditional Family Contexts of Malawi wurden die entsprechenden Daten in den Dorfgemeinschaften des südlichen Malawis innerhalb des Bezirks Zomba erhoben. 90 Familien nahmen am Forschungsprojekt teil. Die untersuchten Kinder waren zwischen 14 und 31 Monaten alt. Das Alltagsleben der Projektkinder wurde durch eine an der Universität Wien entwickelte Time Sampling Beobachtungsmethode, dem Time Investment, erhoben. Die Familiengröße und die damit in Verbindung stehende soziale Unterstützung aus Sicht der Mutter wurden durch den Family System Test (FAST) erfragt. Die soziodemographischen Komponenten stammen aus der durchgeführten Sozialanamnese. Der Ages and Stages Questionnaire in dritter Auflage (ASQ-3) diente zur Feststellung des Entwicklungsstandes.
Die Bildung der Mutter, das Erstgeburtsalter und die Familiengröße sowie die damit verbundene soziale Unterstützung stehen theoriekonform in Zusammenhang zueinander. Höhere Bildung führt zu einem höheren Erstgeburtsalter und zu einer tendenziell niedrigeren Kinderanzahl. Dennoch wird die Großfamilienstruktur in ihrer Größe dadurch nicht beeinflusst. Es zeigt sich jedoch, dass ein höheres Erstgeburtsalter der Mutter tendenziell zu weniger sozialer Unterstützung von anderen Frauen führt. Die Mutter kann somit nur auf eine geringere Anzahl von kompetenten Betreuungspersonen für die allocare zurückgreifen, das Betreuungsnetzwerk wird dadurch kleiner. Dies wiederum führt in weiterer Folge zu mehr exklusiver Interaktion der Mutter mit dem Kind, während die geteilte Interaktion der Dorfgemeinschaft sich verringert. Bei gleichbleibender Gesamtinteraktion mit dem Kind verändert sich das Verhältnis der Interaktionsformen zu Gunsten der exklusiven Interaktionen. Die Mutter interagiert als Einzelperson am häufigsten exklusiv mit dem Kind. Wächst das Kind in einem „traditionelleren“ Umfeld mit großen Betreuungsnetzwerken auf, erlebt es tendenziell weniger Gesamtinteraktion sowie weniger exklusive Interaktionsdyaden mit der Mutter, was durch vermehrte geteilte Interaktion mit den verschiedenen Personen der Dorfgemeinschaft kompensiert wird. Es zeigt sich, dass häufigere exklusive Interaktionen des Kindes mit Erwachsenen (der Mutter und anderen Erwachsenen der Dorfgemeinschaft) zu höheren Entwicklungswerten führen. Die Rolle der exklusiven Interaktionen der altersgemischten Peergruppen und der Geschwister, bleibt weiter ungeklärt. Die Annahme, dass Kinder in den traditionell landwirtschaftlichen Dorfgemeinschaften Malawis hauptsächlich Interaktionen mit geteiltem Aufmerksamkeitsfokus erleben, konnte nicht bestätigt werden. Entgegen der Erwartung erweist sich zu stark ausgeprägtes kindliches Beobachten als entwicklungshinderlich. Es scheint essentiell für die Entwicklung malawischer Kinder zu sein, dass auf Beobachtungsphasen häufige und intensive Interaktionsphasen folgen. Im Einklang mit aus „westlicher“ Forschung entstandenen Theorien erweisen sich ausschließlich exklusive Interaktionen als entwicklungsanregend.
Die Ergebnisse bestätigen die theoretischen Annahmen des bioökologischen Modells (Bronfenbrenner & Evans, 2000; Bronfenbrenner & Morris, 2006) sowie des ökokulturellen Entwicklungsmodells (Keller, 2007, zitiert nach Keller & Kärnter, 2014) und geben Einblicke in die Ursachen für individuelle Entwicklungsdifferenzen der Kinder in den Dorfgemeinschaften Malawis.
Abstract
(Englisch)
The aim of the study was to identify beneficial components for child development in rural Malawi and its interrelated contextual factors. The focus was on the influence of socio-cultural components first birth of the mother, education of the mother, family size and related social support for the mother (Keller & Kärnter, 2014) on everyday interactions of Malawian children. Special attention was paid to the influence of shared and exclusive attention of the partners in the interaction with the project child, on child development. In the course of the research project Multiple Caretaking in Traditional Family Contexts of Malawi, the corresponding data was collected in communities of southern Malawi within the district of Zomba. 90 families took part in the research project. The participating children were between 14 and 31 months old. The daily life of the project children was examined by a time sampling observation method, developed by the University of Vienna, called Time Investment. The family size and the related social support from the mother’s point of view were inquired by the Family System Test (FAST). Through an interview with the mother crucial sociodemographic information was gathered. The Ages and Stages Questionnaire in its third edition (ASQ- 3) was used to determine the developmental stage of the project children. Confirming the theory education of the mother, age of first birth, family size and social support are interrelated. Higher education leads to a higher maternal age at the first birth and a trend towards lower numbers of children in the family. Nevertheless, family size was not influenced by this. It appears, however, that a higher age of the mother at the first birth tends to lead to less social support from other women. The mother can thus rely only on a smaller number of competent caregivers for allocare, which affects the size of the multiple care networks. This results in further consequence to more exclusive interactions of the mother with the child while the shared interactions with the village community decrease. The total interaction with the child is not altered but the ratio of exclusive and shared interactions changes in favor of interactions with exclusive attention focus of the interaction partners. On an individual level the mother is the person who interacts most often exclusively with the child. In a more “traditional” environment with pronounced multiple care networks a child tends to experience less overall interaction and less exclusive dyadic interactions with the mother, which is compensated for by increasing shared interactions with various people in the village community. More frequent exclusive interactions between adults and the child (the mother and other adults of the village community) lead to higher developmental results. The role of exclusive interactions of mixed-age peer groups and siblings with the child continues to remain unresolved. The assumption that children in the agricultural communities of Malawi experience mainly interactions with shared attention focus could not be confirmed. Contrary to expectation frequent observing proves to be disadvantageous for child development. It appears to be essential for the development of Malawian children that an observation period is followed by frequent and intensive phases of interactions and participation. In line with “western” research theories only exclusive interactions patterns prove to be beneficial and stimulating for the development. The results support the assumptions of the bio-ecological model (Bronfenbrenner & Evans, 2000; Bronfenbrenner & Morris, 2006) as well as the eco-cultural development model ( Keller, 2007 cited by Keller & Kärnter ,2014) and give a first insight into the causes of individual differences of child development in the traditional communities of Malawi.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
kindliche Entwicklung Alltagsabläufe Interaktion Kultur /soziokulturelle Faktoren
Autor*innen
Hanna Luttenberger
Haupttitel (Deutsch)
Alltagsabläufe in den traditionellen Dorfgemeinschaften Malawi
Hauptuntertitel (Deutsch)
Zusammenhänge zur kindlichen Entwicklung
Publikationsjahr
2015
Umfangsangabe
81, XXIX Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Liselotte Ahnert
Klassifikationen
77 Psychologie > 77.53 Entwicklungspsychologie: Allgemeines ,
77 Psychologie > 77.55 Kinderpsychologie
AC Nummer
AC12739828
Utheses ID
35419
Studienkennzahl
UA | 298 | | |