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Reproductive strategies in the wild boar (Sus scrofa) in the context of pulsed food availability
Sebastian Vetter
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Lebenswissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Doctor of Philosophy-Doktoratsstudium NAWI Bereich Lebenswissenschaften (Dissertationsgebiet: Biologie)
Betreuer*in
Eva Millesi
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30428.80003.622270-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die Abhängigkeit von hochwertigen Nahrungsressourcen deren Verfügbarkeit stark schwankt, sogenannte pulsed resources, hat weitreichende Folgen für Tiere und ihre Lebensstrategien. Zum Nahrungsspektrum der Wildschweine gehören Samen von Buchen und Eichen, deren Verfügbarkeit (Mast) ein klassisches Beispiel für eine gepulste Nahrungsressource in Mitteleuropa ist. In der hier vorgelegten Arbeit konnte ich zeigen, dass eine durch den Klimawandel bedingte Zunahme der Masthäufigkeit, neben einem Anstieg der mittleren Wintertemperatur, eine der Ursachen für das derzeit beobachtbare exponentielle Wachstum von Wildschweinpopulationen ist. Tatsächlich glich die hohe Nahrungsverfügbarkeit in Mastjahren die negativen Effekte eines kalten Winters völlig aus. Dies weist darauf hin, dass das reduziertes Populationswachstum nach kalten Wintern nicht durch eine eingeschränkte Fähigkeit des Wildschweins zur Thermogenese hervorgerufen wird, sondern durch einen negativen Energiehaushalt wenn hohe thermoregulatorische Kosten nicht mit der zur Verfügung stehenden Nahrung gedeckt werden können.
Dieser starke Effekt der Baummast auf die Populationsdynamik legt nahe, dass auch die Reproduktionsstrategien von Wildschweinen an eine jährlich schwankende Nahrungsverfügbarkeit angepasst sind. In Zusammenarbeit mit meinen Kollegeninnen und Kollegen habe ich daher unter Nutzung eines experimentellen Ansatzes untersucht, ob der Erfolg verschiedener Reproduktionsstrategien weiblicher Wildschweine abhängig von der Nahrungsverfügbarkeit ist. In einer der ersten Studien, die die Verknüpfung von Persönlichkeit und Lebenszyklusstrategien in einem größeren Säugetier untersucht, konnte ich zeigen, dass weniger aggressive und explorative Bachen mehr Nachkommen großzogen als aggressivere und explorativere. Da weder die Wahrscheinlichkeit überhaupt zu reproduzieren noch die Wurfgröße kurz nach der Geburt von der Persönlichkeit der Tiere beeinflusst war, ist es wahrscheinlich, dass dieser Effekt durch unterschiedliche Überlebenswahrscheinlichkeiten der Nachkommen verschiedener Persönlichkeitstypen verursacht wurde. Dieser positive Effekt einer reduzierten Aggressivität und Explorativität auf die Anzahl an großgezogenen Nachkommen zeigte sich jedoch nur unter Bedingungen besonders guter Nahrungsverfügbarkeit. Dies weist darauf hin, dass Selektionsdrücke auf verschiedene Persönlichkeitstypen je nach Bedingung variieren.
Obwohl die Nahrungsverfügbarkeit den Effekt des Gewichtes auf den Reproduktionserfolg in unserem experimentellen Ansatz nicht beeinflusste, schienen Bachen die Jungtiere innerhalb ihrer Würfe zu diversifizieren. Meine Daten zeigen einen starken väterlichen Einfluss auf das Gewicht und den Reproduktionserfolg (die Anzahl an großgezogenen Nachkommen) von Bachen, sowie einen hohen Anteil an multiple paterniy (das Vorhandensein mehrerer Väter innerhalb eines Wurfes). Dies weist daraufhin, dass mehrfaches Verpaaren einer Bache mit unterschiedlichen Keilern ein wichtiger Mechanismus zur Diversifizierung des Gewichts ihrer Nachkommen ist. Ich fand, dass das Juvenilgewicht einer Bache einen starken und langanhaltenden Effekt sowohl auf ihr Adultgewicht als auch ihren Reproduktionserfolg hatte. Dies, zusammen mit dem Fehlen eines interaktiven Effektes von Juvenilgewicht und Nahrungsverfügbarkeit, weist auf einen silver spoon effect hin, das heißt, auf langanhaltende Unterschiede in der Qualität von Bachen, wobei leichtere Jungtiere ihr Leben lang einen Nachteil gegenüber schwereren haben, unabhängig von der Nahrungsverfügbarkeit. Daher argumentiere ich, dass die Diversifizierung des Gewichts der Nachkommen nicht eine diversified bet-hedging Strategie der Bachen in Anpassung an die unvorhersehbaren Umweltbedingungen darstellt, bei der Bachen Nachkommen unterschiedlicher Phänotypen produzieren, die an verschiedene Umweltbedingungen angepasst sind. Die sparsamere Erklärung für die Diversifizierung der Nachkommen wäre stattdessen eine resultierende Verminderung der Rivalität zwischen Wurfgeschwistern wenn Bachen in Jahren guter Nahrungsverfügbarkeit große Würfe produzieren und die Konkurrenz um die besten Zitzen groß ist.
Zusammenfassend weisen meine Ergebnisse darauf hin, dass bei einer großen Säugetierart, dem Wildschwein, die Anpassung an schwankende Nahrungsverfügbarkeit weitreichende Folgen hatte und sowohl Verhaltensmerkmale als auch Paarungsstrategien beeinflusste.
Abstract
(Englisch)
Reliance on pulsed resources, that is, the erratic and short-term availability of high quality food resources, may have a strong impact on animals and their life-history strategies. Wild boars strongly rely on tree seeds, a typical pulsed resource, in central Europe. In this thesis I could show that the recently observed exponential growth of wild boar populations is not only caused by increasing winter temperatures but also by a climate change related increase in tree-masting frequencies. A high availability of tree seeds in mast years in fact completely outbalanced the negative effect of cold winter temperatures. This indicates that reduced population growth after cold winters is not caused by a limited thermogenic capacity but by a negative energy balance, when high thermoregulatory costs cannot be matched by the available food.
Being highly affected by tree mast, wild boars are likely to show reproductive strategies adapted to strong annual fluctuations in resource availability. Therefore, I, together with my colleagues, investigated in an experimental setting whether reproductive success of different phenotypes of female wild boars differed under changing feeding conditions. In one of the first studies investigating a link between animal personality and life-history strategies in a large mammal, I could show that less aggressive and less explorative female wild boars raised more offspring than more aggressive and explorative individuals. As neither breeding probability nor litter size shortly after birth was affected by personality, this was most likely due to differential offspring survival in litters of females with different personality phenotypes. This positive effect of lower aggressiveness and reduced exploration behaviour on the number of offspring raised, however, was only visible under high food availability, indicating context-dependent selection pressures on different personality phenotypes.
Although food availability did not alter the effect of body mass on reproductive success in our experimental setting, female wild boars seemed to diversify their offspring within litters. I found strong paternal effects on body mass and reproductive success (i.e., number of offspring raised) in female wild boars as well as high degrees of multiple paternity, indicating that multiple paternity is an important mechanism in this diversification of offspring body mass. I identified strong and long-lasting effects of juvenile body mass on adult body mass and reproductive success in female wild boars. This effect, together with the lack of an interactive effect of juvenile body mass and food availability, points to a silver spoon effect in the wild boar. That is, there are long-lasting differences in individual quality with lighter juveniles always being inferior compared with heavier individuals for their entire life and irrespective of the food availability. Therefore, I argue that the diversification of offspring body mass does not represent a diversified bet-hedging strategy of females in response to environmental unpredictability, with females producing offspring of different phenotypes best adapted to different environmental conditions. Instead, the more parsimonious explanation for offspring diversification in the wild boar seems to be a reduction of the negative effects of sibling rivalry when females produce large litters in years of resource pulses and when competition for the best teats is high.
In conclusion, my results indicate that the adaptation to pulsed resources has far-reaching consequences, affecting behavioural traits as well as mating strategies in a large mammalian species, the wild boar.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
life-history strategy climate change litter size feeding experiment body mass personality silver spoon effect multiple paternity
Schlagwörter
(Deutsch)
Lebenszyklusstrategien Klimawandel Wurfgröße Fütterungsexperiment Gewicht Persöhnlichkeit Silver Spoon Effekt mehrfache Vaterschaften
Autor*innen
Sebastian Vetter
Haupttitel (Englisch)
Reproductive strategies in the wild boar (Sus scrofa) in the context of pulsed food availability
Paralleltitel (Deutsch)
Reproduktionsstrategien des Wildschweins (Sus scrofa) im Kontext schwankender Nahrungsverfügbarkeit
Publikationsjahr
2015
Umfangsangabe
123 Seiten : Illustrationen, Diagramme, Karten
Sprache
Englisch
Beurteiler*innen
Arpat Ozgul ,
Marco Apollonio
AC Nummer
AC13053164
Utheses ID
36499
Studienkennzahl
UA | 794 | 685 | 437 |