Detailansicht
Explaining religion and the sacred
eine wissenschaftstheoretische Annäherung an eine systemtheoretische Anthropologie basierend auf Kulturmaterialismus und Kybernetik
Daniel Dick
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Kultur- und Sozialanthropologie
Betreuer*in
Helmut Lukas
DOI
10.25365/thesis.41564
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29887.91339.342469-6
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die Masterarbeit behandelt auf wissenschaftstheoretischer Grundlage Marvin Harris´ Kulturmaterialismus und Gregory Batesons Kybernetik, um sich einer systemtheoretischen Anthropologie anzunähern. Im Speziellen wird dabei auf die Erklärung von Religion und dem Heiligen eingegangen, um einen konkreten Vergleich zu analysieren. In dieser Analyse werden die wissenschaftstheoretischen Prämissen und die Reichweite der Erklärungen beider Herangehensweisen gegenübergestellt und eine mögliche Kombination erarbeitet. Weitere systemrelevante, ergänzende und verbindende Herangehensweisen kybernetischer und kulturmaterialistischer Vorgehen werden aufgezeigt, um Systeme, Gruppenselektion und Rückkopplungen zu thematisieren:
Marvin Harris, der Begründer des Kulturmaterialismus, erklärt Religion und, wie beispielsweise aufgezeigt, die heilige Kuh anhand eines infrastrukturellen Determinismus. Dieser geht davon aus, dass kulturelle Phänomene praktische Notwendigkeiten ökologischer, demografischer und ökonomischer Bedingungen sind und durch diese Bedingungen rational erklärt werden können. Am Beispiel der heiligen Kuh macht er dies deutlich, worauf er sowohl viel kritisiert als auch mit weiteren Daten bestätigt worden ist. Im Zuge dieser Arbeit werden nach wie vor relevante und neue Kritikpunkte identifiziert. Beispielsweise sind die mangelhaften Rückkopplungsmechanismen von politischen und menschlichen Einflüssen auf infrastrukturelle Determinanten und letztendlich das Argument, dass er eine Nicht-Schlachtung der Kühe erklären kann, aber nicht eine Heiligkeit, anzuführen. Daher vermag der Kulturmaterialismus weitgehend die materiellen Erscheinungen von Bedeutungen zu erklären, aber nicht die Bedeutung, die Menschen diesen beimessen.
Gregory Bateson, ein Vertreter und Mitgestalter der Kybernetik, argumentiert für die qualitative Auseinandersetzung mit Informationen. Indem er auf Evolution und die Entwicklung von Religion eingeht, erklärt er die Notwendigkeit der Einheit von Geist und Natur. Kausale Zusammenhänge sind für Unbelebtes zu verwenden und kybernetische Zusammenhänge für Lebendiges. Lebendiges beruht auf Veränderungsprozesse, die mit Lernen und Geistigem einhergehen. Mit diesen Prämissen verfolgt Bateson die Logik von konsistenten Ideen. Einige Ideen, sowie das Spiel, die Fantasie und religiöse Bedeutungen sind nicht an eine reale Umwelt gebunden. Ihre Erhaltung wird durch die Isolierung von blasphemischen und häretischen Einflüssen gesichert. Die Heiligkeit bzw. Heiligung ist dabei die unhinterfragte Funktion der Erhaltung der Konsistenz der Ideen. Somit kann Bateson auf abstrakte Weise das Heilige erklären, aber nicht die Heiligsprechung von konkreten Begebenheiten.
In der wissenschaftstheoretischen Analyse und im Vergleich geht unter anderem hervor, dass die Bestimmung kausaler Zusammenhänge kultureller Erscheinungen, welche der Kulturmaterialismus untersucht, nur dann bestehen kann, wenn dabei infrastrukturelle Bedingungen nicht erklärt und als gegeben angenommen werden. Kybernetische Zusammenhänge sind dann relevant, wenn Veränderungsprozesse auf allen Ebenen der Untersuchung erklärt werden, Information und deren Bedeutung miteinbezogen und somit Rückkopplungen notwendig werden.
Roy Rappaports, Mark Pagels und Walter Dostals Modelle werden als weiterführende Gedanken angeführt, um der Kritik des sehr hohen Abstraktionsgrades entgegenzukommen und der Verbindung der analysierten Ansätze anzunähern. Außerdem werden systemrelevante Definitionen gegeben, um das Verständnis von systemtheoretischen Zusammenhängen zu vertiefen. Eine mögliche Einbindung von Batesons, Pagels und Rappaports Herangehensweise zur Erklärung der Heiligkeit der Kuh wird zum Schluss gegeben.
Abstract
(Englisch)
The Master’s thesis investigates Marvin Harris´ cultural materialism and Gregory Batesons cybernetics using philosophy of science, to approach a system theory for anthropology. Specifically, the explanation of religion and the sacred are focused to allow a concrete comparison. The epistemological premises and the range of explanation are analyzed. Other systemic and connecting approaches of cybernetics and cultural materialism are set forth in order to address systems, group selection and feedback:
Marvin Harris, the founder of the cultural materialism, explains religion and, as shown, the sacred cow by using infrastructural determinism. This means that cultural phenomena are practical necessities of ecological, demographic and economic conditions and can be rationally explained by these conditions. The example of the holy cow has been both, much criticized as also largely confirmed by further data. However, some critiques are outstanding, such as the lack of feedback mechanisms of political and human influences on infrastructural determinants and ultimately, the outstanding argument that it explains a non-slaughter of cows, but not holiness. Therefore, cultural materialism can explain the material components of things with meaning to a large extend, but not the importance of meanings that people attach to things.
Gregory Bateson, a representative and co-creator of cybernetics, argued for a qualitative analysis of information. By addressing evolution and the development of religion, he explains the need to consider the unity of mind and nature. Causal relationships are to be used for inanimate and cybernetic relationships for living beings. Living beings base on processes of change, which are associated with learning and mind. With these premises Bateson traces the logic of consistent ideas. Some ideas, as well as the game, phantasy, religious symbols and meanings are not linked to a real environment. Their conservation is ensured by isolating blasphemous and heretical influences. Holiness is the unquestioned function to maintain the consistency of ideas. Thus Bateson can explain in an abstract way holiness, but not the canonization of concrete events.
The analysis of scientific and theoretical assumptions and their comparison show inter alia that the causal cause-effect determination of cultural phenomena, as examined by cultural materialism, can only persist, if it does not seek to explain the infrastructural conditions, but accepts them as given. Cybernetic relationships are relevant when processes of change at all levels of study are explained and feedback mechanism thus become necessary. Models of explanation of Roy Rappaport, Mark Pagel and Walter Dostal are cited as further thoughts to accommodate the criticism of the very high degree of abstraction and to get closer to a combination of these two approaches. In addition, systemically important definitions are given in order to deepen the understanding of a system theory context. A possible integration of Bateson´s, Pagel´s and Rappaport´s approaches to explain the sanctity of the cow is provided at the end.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
Cultural and social anthropology theory cybernetics cultural materialism religion the holy system theory Marvin Harris Gregory Bateson philosophy of science ontology epistemology culture-nature cultural ecology context co-evolution evolution group selection holy cow blasphemy holiness dialectic systems feedback scientific principles
Schlagwörter
(Deutsch)
Kultur- und Sozialanthropologie Theorie Kybernetik Kulturmaterialismus Religion das Heilige Systemtheorie Marvin Harris Gregory Bateson Wissenschaftstheorie Ontologie Epistemologie Kultur-Natur Kulturökologie Kontext Ko-evolution Evolution Gruppenselektion heilige Kuh Blasphemie Heiligkeit Dialektik Systeme Rückkopplungen wissenschaftliche Prinzipien
Autor*innen
Daniel Dick
Haupttitel (Deutsch)
Explaining religion and the sacred
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine wissenschaftstheoretische Annäherung an eine systemtheoretische Anthropologie basierend auf Kulturmaterialismus und Kybernetik
Paralleltitel (Englisch)
Explaining Religion and the Sacred
Publikationsjahr
2016
Umfangsangabe
125 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Helmut Lukas
Klassifikationen
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.02 Wissenschaftstheorie ,
08 Philosophie > 08.32 Erkenntnistheorie ,
73 Ethnologie > 73.02 Philosophie und Theorie der Ethnologie ,
73 Ethnologie > 73.19 Umwelt und Kultur, Kulturökologie: Sonstiges ,
73 Ethnologie > 73.20 Materielle Kultur: Allgemeines ,
73 Ethnologie > 73.55 Religionsethnologie: Allgemeines ,
73 Ethnologie > 73.84 Umwelt und Kultur ,
73 Ethnologie > 73.93 Immaterielle Kultur
AC Nummer
AC13097688
Utheses ID
36792
Studienkennzahl
UA | 066 | 810 | |