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Das melancholische Narrativ des Abschieds in Werken von Joseph Roth und Arthur Schnitzler
Bedeutsamkeit im habsburgischen Mythos und der romantischen Liebeskonzeption
Julia Schoinz
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Dr.-Studium der Philosophie Deutsche Philologie
Betreuer*in
Wolfgang Müller-Funk
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.45443
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-25684.55500.886759-1
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
In mehreren Werken von Joseph Roth und Arthur Schnitzler sind die drei Themenkomplexe Abschied, Mythos und Melancholie eng miteinander verschränkt – eine thematische Verbindung, die bisher in der literaturwissenschaftlichen Forschung unberücksichtigt geblieben ist. So steht im Zentrum der vorliegenden Arbeit die Frage, wie die beiden Autoren das melancholische Narrativ des Abschieds, das entweder im Kontext des Habsburgischen Mythos oder des Mythos der romantischen Liebe auftritt, literarisch umsetzen und ausgestalten. Es geht hierbei um eine Erzählform, die sich durch das Bewusstsein allgegenwärtiger Abschiedlichkeit, einer starken Sprachskepsis sowie einer Vorrangstellung der Erinnerungen auszeichnet. Ebenso wird in dieser Untersuchung beleuchtet, wie diese beiden Mythen auf die anthropologischen Bereiche des Zwischenmenschlichen und des spezifisch Kulturellen einer Gesellschaft einwirken und der Frage nachgegangen, wie sich der Habsburgische Mythos, der bei Roth als politisches Abschiednehmen verhandelt wird, in Hinblick auf Freuds Melancholie-Theorie als nicht vollzogenem Abschied vom Liebesobjekt bewerten lässt und welcher Zusammenhang zwischen Melancholie und Eros besteht. Nach der Einleitung und dem Forschungsstand setzen sich die Kapitel 3-6 dieser Dissertation mit Melancholie, Mythos und Abschied auf theoretischer Ebene auseinander, die Kapitel 7-10 beinhalten die exemplarischen Werkanalysen: So bietet das dritte Kapitel einen groben Überblick über zentrale Stationen der vielschichtigen Diskursgeschichte der Melancholie, um im Anschluss die psychoanalytische Diskurslinie von Sigmund Freud bis zu Julia Kristeva nachzuzeichnen. Danach wird – im Anschluss an Wolf Lepenies – die Melancholie als kollektives Phänomen beleuchtet und der Versuch unternommen, „Hauptsymptome“ dieser psychischen Gestimmtheit zu beschreiben. Wiederum auf Lepenies` Theorien Bezug nehmend, steht im Zentrum des vierten Kapitels die Frage, ob das Habsburgerreich unter Kaiser Franz Joseph ein Nährboden für kollektive Melancholie war – eine Forschungslücke, zu der bisher noch keine Publikationen vorhanden sind. Das sechste Kapitel verknüpft erstmals bisherige Ansätze zum habsburgischen Mythos mit Blumenbergs Bedeutsamkeit, um die wissenschaftliche Theoriebildung zu diesem spezifischen Mythos zu vertiefen. Der Schwerpunkt der Werkanalysen liegt bei Roths Œuvre auf den Romanen Radetzkymarsch, Das falsche Gewicht. Die Geschichte eines Eichmeisters, Die Geschichte von der 1002. Nacht und der Erzählung Die Büste des Kaisers, bei Schnitzler auf den drei Theaterstücken Der Reigen, Liebelei und Der einsame Weg. Zur systematischen Entwicklung und Analyse jener Abschiedsszenarien, die für diese Dissertation von Relevanz sind, wurde die sozialwissenschaftliche Themenanalyse nach Froschauer/Lueger herangezogen, um sie – in interdisziplinärer Anwendung – auf literarische Texte zu applizieren. Dadurch konnten folgende vier eigens entwickelte Abschiedsfiguren ermittelt werden: Nicht gelingender Abschied vom Habsburgerreich, Abschied der Liebenden, Melancholie durch entzauberten Eros und Abschied durch den Tod. Als Theoriebasis für die Figur „Abschied der Liebenden“ fungierte der Katalog an idealtypischen Wesensmerkmalen der romantischen Liebe nach Karl Lenz. Das zentrale Novum der vorliegenden Untersuchung besteht darin, dass sie Blumenbergs kulturphilosophische Theorien zur mythischen Bedeutsamkeit für literarische Werkanalysen heranzieht und die Tragfähigkeit dieser neuen Methode unter Beweis stellt. Darüber hinaus werden weitere Verfahren des Bedeutsamkeitsaufbaus, die über Blumenbergs Auflistung der Verfahrensweisen hinausgehen, präsentiert.
Abstract
(Englisch)
In several of Joseph Roth’s and Arthur Schnitzler’s works the notions of farewell, myth and melancholia are closely linked to each other, a connection that has not been dealt with by literary research so far. Consequently the question of how both authors cope with the melancholic narrative of farewell (it emerges in the context of the Habsburg myth and the conception of love) dominates this thesis. This question is marked by constant awareness of final situations, by a skeptical attitude towards language and the preponderance of memories. In addition we are going to analyze how the two myths affect an anthropological and cultural dimension: how does the Habsburg myth – in Roth’s texts it becomes manifest as political farewell – relate to Freud’s theory of melancholia as clinging to the lost object of love? And how does the connection between melancholia and sexuality unfold? After the introduction and the overview of relevant research output we are going to cope with the three facets of melancholia, myth and farewell in theoretical terms (chapters 3-6); subsequently we are going to analyze exemplary works of the authors (parts 7-10). The third chapter provides a summary of central dimensions of scientific discourse on melancholia; then psychoanalytical discourse – from Sigmund Freud to Julia Kristeva – will be portrayed. Finally, we are going to highlight melancholia as a collective phenomenon and describe major factors of this collective state of mind (following the findings by Wolf Lepenies). Chapter 4 showcases the question if the Habsburg Empire under Franz Joseph constitutes fertile ground for collective melancholia, an idea that has completely been neglected by scholars until today. The sixth chapter connects the above mentioned approach to the Habsburg narrative with Blumenberg’s ‘significance’ in order to specify new theories on the chosen myth. In the context of text interpretation the emphasis is going to be placed on Roth’s novels Radetzkymarsch, Das falsche Gewicht, Die Geschichte eines Eichmeisters, Die Geschichte von der 1002. Nacht, the short story entitled Die Büste des Kaisers and on Schnitzler’s plays Der Reigen, Liebelei as well as Der einsame Weg. We are going to refer to criteria of societal analysis (according to Froschauer/Lueger) and apply them to literary texts to establish an interdisciplinary framework for the work on scenarios of farewell. As a consequence we will have elicited four major situations of saying good-bye: failure to abandon the Habsburg Empire, the parting of lovers, melancholia going back to sexual disillusionment and death. Regarding the notion of the parting lovers our interpretation is based on Karl Lenz’s theory of ideal features of romantic love. All in all, this thesis excels in applying Blumenberg’s philosophical theory on myths to works of literature. For the first time, such an approach is taken successfully, which enables us to transgress Blumenberg’s enumerative methods, giving specific narratives new meaning.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
farewell melancholia mourning Habsburg myth romantic love Joseph Roth Arthur Schnitzler Wolf Lepenies Sigmund Freud
Schlagwörter
(Deutsch)
Abschied Melancholie Trauer habsburgischer Mythos romantische Liebe Joseph Roth Arthur Schnitzler Wolf Lepenies Sigmund Freud
Autor*innen
Julia Schoinz
Haupttitel (Deutsch)
Das melancholische Narrativ des Abschieds in Werken von Joseph Roth und Arthur Schnitzler
Hauptuntertitel (Deutsch)
Bedeutsamkeit im habsburgischen Mythos und der romantischen Liebeskonzeption
Publikationsjahr
2017
Umfangsangabe
301 Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Wolfgang Müller-Funk ,
Wynfrid Kriegleder
Klassifikationen
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.00 Wissenschaft und Kultur allgemein: Allgemeines ,
08 Philosophie > 08.00 Philosophie: Allgemeines ,
08 Philosophie > 08.20 Geschichte der westlichen Philosophie: Allgemeines ,
08 Philosophie > 08.25 Zeitgenössische westliche Philosophie ,
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.00 Geisteswissenschaften allgemein: Allgemeines ,
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.02 Philosophie und Theorie der Geisteswissenschaften ,
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.99 Geisteswissenschaften allgemein: Sonstiges ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.00 Sprach- und Literaturwissenschaft: Allgemeines ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.03 Theorie und Methoden der Sprach- und Literaturwissenschaft ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.99 Literaturwissenschaft: Sonstiges
AC Nummer
AC13473775
Utheses ID
40212
Studienkennzahl
UA | 092 | 332 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1