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Welche Bedeutung haben Zweifel für den öffentlichen politischen Diskurs?
eine Evaluierung der verständigungsorientierten Qualitäts-Indikatoren und deren gegenseitiger Beeinflussung in zweifelhaften politischen Online-Diskursen
Stefanie Obenaus
Art der Arbeit
Magisterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Magisterstudium Publizistik-u.Kommunikationswissenschaft
Betreuer*in
Roland Burkart
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.45862
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-12511.64246.391571-7
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Magisterarbeit analysiert die Qualitäts-Indikatoren (Begründungen, Lösungsvorschläge, Respekt, Zweifel) des Verständigungsorientierungsindex (VOI) aus unterschiedlichen Perspektiven. Der Index ist ein Evaluierungsinstrument für die Messung journalistischer Qualität von Kommunikationsmaterialien (BURKART/RUSSMANN 2010a: 4). In dieser Studie wird der VOI an die Gegebenheiten der Online-Plattform Facebook angepasst. Ausgehend vom Wiener Gemeinderatswahlkampf 2015 als Verständigungsprozess, werden die öffentlichen politischen Diskurse auf den Facebook-Seiten jener Parteien analysiert, die im Vorfeld der Wahl im Gemeinderat vertreten waren. Im Fokus steht dabei die Analyse der Qualitäts-Indikatoren der Verständigungsorientierung, um Aussagen über deren Zusammenhang als auch ihrer gegenseitiger Beeinflussung zu treffen. Darüber hinaus werden die verständigungsorientierten Ausschöpfungsquoten des Diskussionsablaufes der jeweiligen Partei-Seiten (FPÖ, ÖVP, SPÖ, Die Grünen) beschrieben. In die theoretische Grundlage dieser Forschungsarbeit fließen die Aspekte des diskursiven Journalismus, die Implikationen von Jürgen Habermas (Die deliberative Demokratietheorie, Theorie des kommunikativen Handelns) sowie das Konzept der verständigungsorientierten Öffentlichkeitsarbeit (VÖA) ein. Legitime Entscheidungen werden in einer deliberativen Demokratie auf einem stattgefundenen Verständigungsprozess getroffen (RUSSMANN 2010: 171). Der Diskurs liefert dabei die Basis für legitime politische Entscheidungsfindungen. Habermas unterstellt in der Theorie des kommunikativen Handelns jedem Diskurs vier Geltungsansprüche (Verständlichkeit, Wahrheit, Wahrhaftigkeit und Legitimität) die geklärt werden müssen, um Verständigung überhaupt zu ermöglichen. Eine Sonderstellung erhielten dabei Wahrhaftigkeitszweifel, die, gemäß Habermas´ Auffassungen, als „diskursunfähig“ eingestuft wurden (vgl. HABERMAS 1995: 69). Das Konzept der verständigungsorientierten Öffentlichkeitsarbeit (VÖA) (BURKART 2010:17) greift dabei auf den Verständigungsbegriff von Habermas als auch die Theorie des kommunikativen Handelns zurück. Das Ziel der wechselseitigen Verständigung menschlicher Kommunikation ist eine Prämisse des VÖA-Konzepts, welches als Instrument dient um Public Relations zu planen und zu evaluieren. Die Rolle des diskursiven Journalismus ist dahingehend nicht zu vernachlässigen, als hier vor allem dem Journalisten eine entscheidende Rolle zugesprochen wird. Dieser tritt, stellvertretend für die Bürger, in den Diskurs mit politischen Entscheidungsträgern ein. Im Zuge dieses kommunikativen Austausches kann er Habermas´ Geltungsansprüche der Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Richtigkeit und Legitimität prüfen und eventuelle Zweifel in den öffentlichen Diskurs führen (BURKART 1998: 171). Während sich bisherige Studien zur Verständigungsorientierung vorwiegend auf die Messung des VOI sowie auf Unterschiede zwischen Qualitäts-, und Boulevardmedien fokussierten, liegt in dieser empirischen Untersuchung der Schwerpunkt auf der Analyse der Beziehungen der VOI-Indikatoren. Folgende Fragestellungen sind forschungsleitend: Forschungsfrage 1: Werden, je nach geäußertem Zweifel-Typ (Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Richtigkeit/Legitimität), unterschiedliche VOI-Indikatoren (Begründungen, Lösungsvorschläge, Respekt, Zweifel) provoziert? Forschungsfrage 1.a.: Provozieren Zweifel an der Wahrhaftigkeit andere VOI-Indikatoren (Begründungen, Lösungsvorschläge, Respekt, Zweifel) als die anderen Zweifel-Typen? Forschungsfrage 2: Lassen sich Zusammenhänge zwischen den VOI-Indikatoren (Begründungen, Lösungsvorschläge, Respekt, Zweifel) erkennen und wenn ja, welchen Einfluss haben die jeweiligen Indikatoren aufeinander? Forschungsfrage 3: Sind Unterschiede zwischen den VOI-Indikatoren (Begründungen, Lösungsvorschläge, Respekt, Zweifel) und dem VOI-Gesamtwert innerhalb der Kommentare der User auf den Facebook-Seiten der Parteien FPÖ, SPÖ, ÖVP, Die Grünen zu verzeichnen? Die empirische Methode der vorliegenden Forschungsarbeit entspricht, in Anlehnung an das Forschungsprojekt von BURKART und RUSSMANN (2010a), einer quantitativ(-qualitativen) Inhaltsanalyse. Das Analyseinstrument, der Verständigungs-orientierungsindex, wurde an die Gegebenheiten der Plattform Facebook angepasst. Das Material, die Kommentare der Facebook-User auf den Partei-Seiten, wurden hinsichtlich der für die Beantwortung der Forschungsfragen dieser Arbeit wichtigen Merkmale erfasst und mittels den Beschreibungen des Codebuches in ein Kategoriensystems eingeordnet. In Anlehnung an die Codebücher von BURKART und RUSSMANN (2010a), RUSSMANN (o.A.) und CHALOUPEK (2013) wurden die Regeln und Auswertungsstrategien für das Codebuch erarbeitet. Die Methode ist durch die Anwendung des Verständigungsorientierungsindex größtenteils vorbestimmt. Um eine geeignete Anzahl an Analyseeinheiten für alle Zweifel-Typen zu finden wurde ein künstlich gesuchtes Sample eingesetzt und der Analysezeitraum vorweg nicht eingeschränkt. Ausgangspunkt ist die Wiener Gemeinderatswahl 2015. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass, je nach Zweifeläußerung (Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Richtigkeit/Legitimität), unterschiedliche VOI-Indikatoren provoziert werden. Auffallend sind dabei Lösungsvorschläge, die im Falle von Wahrhaftigkeitszweifeln seltener formuliert werden als bei den anderen Zweifel-Typen. Auch die Tendenzen der anderen Indikatoren unterstützen die Annahme Habermas, dass über Wahrhaftigkeitszweifel im Diskurs nicht konsensorientiert gestritten werden kann (weniger Positionsbegründungen und häufigere Zweifelformulierungen). Die Prüfung der Zusammenhänge/des gegenseitigen Einflusses der VOI-Indikatoren zeigt, dass häufiges Zweifeln dazu führt, dass dem Gegenüber mit weniger Respekt begegnet wird. Noch stärker ist die Wirkung respektlosen Verhaltens das infolge mehr Zweifel bei den Kontrahenten erzeugt. Diese Ergebnisse harmonieren mit den Untersuchungen SPÖRNDLI´S, wonach die Einigungswahrscheinlich- keit in strittigen Fragen durch den respektvollen Umgang der Kontrahenten gesteigert wird (SPÖRNDLI 2004: 31) Parteiliche Unterschiede: Grundsätzlich ist die Ausschöpfung des VOI als auch der VOI-Indikatoren auf allen Partei-Seiten sehr ähnlich. Auffallend ist die Partei-Seite der Grünen, wo ein deutlich respektloserer Diskussionsverlauf beobachtet werden kann. Die Partei-Seite der ÖVP scheint überdies die stärksten Tendenzen einer konsensorientierten Diskussion aufzuzeigen. Weiters wird aufgezeigt, dass die vier VOI-Indikatoren unterschiedlich stark aufeinander wirken. Sie fungieren manchmal stärker als Einflussfaktoren auf die anderen drei Indikatoren oder lassen sich in manchen Fällen eher beeinflussen, als dass sie Wirkung auf andere Indikatoren ausüben. Eine Subuntersuchung dieser Studie widmet sich dem (unterschiedlich starken) Einfluss der VOI-Indikatoren auf den VOI. Im Vergleich mit anderen Studien fällt auf, dass bei Arbeiten, die von Rezipienten verfasste Inhalte untersuchen, der VOI am stärksten durch geäußerte Zweifel stimuliert wird. Im Gegensatz dazu scheint, dass der Index bei Forschungsarbeiten die von Journalisten verfasste Inhalte analysieren eher durch das Formulieren von Begründungen und die Unterbreitung von Lösungsvorschlägen erhöht wird. Es handelt sich dabei um Beobachtungen und keine empirisch abgesicherten Thesen, die jedoch Interesse wecken für zukünftige Forschungsabsichten. Neben den Ergebnissen zu den genannten Forschungsinteressen zeichnet sich ab, dass die Dominanz der Legitimitätszweifel weiter bestehen bleibt. Zweifel an der Wahrhaftigkeit können am zweithäufigsten festgestellt werden und jene an der Wahrheit am dritthäufigsten. Zweifel an der Verständlichkeit treten kaum auf und wurden deshalb aus der Untersuchung ausgeschlossen. Abschließend soll noch hervorgehoben werden, dass seit der letzten Facebook-Studie (RUSSMANN 2012) ein sehr großer Anstieg der Fanzahlen auf den Facebook-Seiten der Parteien vernommen wurde. Was die verständigungsorientierten Möglichkeiten auf Facebook betrifft haben die Rezipienten großen Nachholbedarf. Die genannten Ausschöpfungsquoten zeigen noch viel Potential, insbesondere in punkto Lösungsvorschläge. -- [Printversion enthält eine CD-Beilage]

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Verständigungsorientierung VOI Verständigungsorientierungsindex öffentliche politische Kommunikation Onlinekommunikation zweifelhafter Diskurs Zweifelauswirkungen Burkart Rußmann Habermas Geltungsansprüche Qualitätsmessung
Autor*innen
Stefanie Obenaus
Haupttitel (Deutsch)
Welche Bedeutung haben Zweifel für den öffentlichen politischen Diskurs?
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine Evaluierung der verständigungsorientierten Qualitäts-Indikatoren und deren gegenseitiger Beeinflussung in zweifelhaften politischen Online-Diskursen
Publikationsjahr
2017
Umfangsangabe
247 Seiten : Diagramme
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Roland Burkart
Klassifikation
05 Kommunikationswissenschaft > 05.12 Kommunikationsprozesse
AC Nummer
AC13640488
Utheses ID
40580
Studienkennzahl
UA | 066 | 841 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1