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Die Evidenz der Lüge
zur Konstruktion von Unwahrheit in der deutschsprachigen Literatur um 1200
Lisa Rethage
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Dr.-Studium der Philosophie (Dissertationsgebiet: Deutsche Philologie)
Betreuer*in
Stephan Müller
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.46290
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-11938.53593.887075-4
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Ausgehend von den Thesen Gumbrechts und Philipowskis, mittelalterliche Erkenntnisprozesse basierten auf Präsenzeffekten, untersucht die vorliegende Dissertation Lügen in der deutschsprachigen Literatur um 1200. In Hartmanns von Aue Erec und Iwein sowie Gottfrieds von Straßburg Tristan erweisen sich Lügen als sehr erfolgreich und wenig problematisch. Die Bewertung von Lügen geht dabei immer vom Nutzen für die Protagonisten aus. Im Nibelungenlied dagegen werden Lügen zum Problem – und zwar, weil sie geglaubt werden. Sie verselbstständigen sich und motivieren die Katastrophe, obwohl sie im zweiten Teil, der am Etzelhof spielt, geradezu erwartet werden. Darüber hinaus ergibt sich ein Zusammenhang zwischen Lüge und Magie. Einerseits stehen beide in einem Konkurrenzverhältnis zueinander: Immer wieder werden magische Instanzen herangezogen, um Lügen aufzudecken und – andersherum – Lügen benutzt, um magische Kräfte unwirksam zu machen. Andererseits werden durch den Einsatz von Lüge wie Magie Wissensstände generiert – denn für gewöhnlich werden beide heimlich angewendet. Diese Ähnlichkeit macht beides poetologisch gut vereinbar. Außerdem stehen Lügen in Verbindung mit Liebe. Droht eine Liebe, die im Konflikt mit der Gesellschaft steht, öffentlich zu werden, lügen die Paare, um dies zu verhindern. Doch obwohl die Paare ständig lügen müssen, besteht zwischen den Liebenden ein Aufrichtigkeitsverhältnis, das sie dazu zwingt, dem anderen die Wahrheit zu sagen. Entgegen der oben genannten Prämisse erweisen sich Lügen zudem in der höfischen Gesellschaft geradezu als Kompetenz. Sie eignen sich dazu, Abweichungen vom arthurischen Idealzustand zu überbrücken und diesen letztendlich herzustellen. Dennoch gibt es Sachverhalte, wie Stand oder Identität, die nicht hintergangen werden können, weil sie immer wieder erkennbar werden. Im Nibelungenlied wird das Sichtbare jedoch erfolgreich verleugnet – dies führt zum gesellschaftlichen Kollaps. Darüber hinaus eröffnet der literarische Lügendiskurs um 1200 Perspektiven, die sich deutlich später auch im theologischen wiederfinden. Darin zeigt sich die Relevanz von Literatur.
Abstract
(Englisch)
Based on Gumbrecht´s and Philipowski´s assumptions, who suppose that medieval knowledge acquisition is distinguished by effects of presence, this doctoral thesis investigates mendacity in German poetry that developed around 1200. In Hartmann´s von Aue Erec and Iwein as well as in Gottfried´s von Straßburg Tristan lies turn out to be very successful and uncomplicated. Therein the assessment of a lie is based on its usefulness for the protagonist. In contrast the Nibelungenlied shows how lies become a problem, because they are believable. Lies become independent and lead to the disaster, although they almost seem to be expected in the second part, which takes place at Etzel´s court. Furthermore, there is a connection between mendacity and magic. On the one hand, both form a contrast: again and again magical authorities shall prove, if a lie is true and – the other way around – lies are used to overcome magic powers. On the other hand, lies as well as magic create different levels of knowledge, because usually both are used in secret. Additionally, lies are linked to love. If a love affair which conflicts with the rules of society might be revealed, the couples lie to keep their secret. But although they have to lie constantly, their relationship is distinguished by sincerity. That is the reason why they have to tell each other the truth. Contrary to Gumbrecht´s and Philipowski´s thesis mentioned above, in the society of the court lies turn out to be a special skill. Lies are used to avoid differences to the arthurian ideal of courtliness and establish it in the end. Nevertheless, there are issues that cannot be hidden: Nobility or Identity always become noticeable. But in the Nibelungenlied the visible status of Siegfried is successfully denied and leads to the social catastrophe. Furthermore, the literal discourse about mendacity around the year 1200 introduces points of view which can be found in the theological discourse later. This way the significance of poetry becomes obvious.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
mendacity medieval literature 1200
Schlagwörter
(Deutsch)
Lüge mittelalterliche Literatur 1200
Autor*innen
Lisa Rethage
Haupttitel (Deutsch)
Die Evidenz der Lüge
Hauptuntertitel (Deutsch)
zur Konstruktion von Unwahrheit in der deutschsprachigen Literatur um 1200
Publikationsjahr
2017
Umfangsangabe
325 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Matthias Meyer ,
Norbert Kössinger
Klassifikationen
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.70 Literaturwissenschaft: Allgemeines ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.81 Epik, Prosa ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.93 Literarische Stoffe, literarische Motive, literarische Themen
AC Nummer
AC13793948
Utheses ID
40957
Studienkennzahl
UA | 792 | 332 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1