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Economics in the laboratory
a case study on epistemic practices and valuations in experimental economics
Helene Sorgner
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Science-Technology-Society
Betreuer*in
Maximilian Fochler
DOI
10.25365/thesis.46581
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-19737.00816.569667-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich aus der Perspektive der Science and Technology Studies (STS) mit Laborexperimenten in der Ökonomie. Traditionell waren die Wirtschafswissenschaften nicht-experimentell, doch seit den 1980er Jahren haben sich mit Behavioural Economics (Verhaltensökonomie) und Experimental Economics (Experimenteller Ökonomie) zwei Subdisziplinen herausgebildet, in denen Laborexperimente eine zentrale Rolle spielen. In diesen Experimenten agieren die TeilnehmerInnen zumeist über Computernetzwerke miteinander und treffen Entscheidungen, deren Resultate direkt in finanzielle Einnahmen für die TeilnehmerInnen übersetzt werden.
Während die epistemischen Praktiken, die soziale Organisation und die materielle Kultur der Natur- und Lebenswissenschaften in zahlreichen wissenschaftssoziologischen Studien detailliert beschrieben wurden, hat die wissenschaftliche Praxis der Sozialwissenschaften insgesamt noch sehr wenig Aufmerksamkeit erfahren. Gerade zu experimentellen Praktiken in den Sozialwissenschaften, einschließlich der oben genannten ökonomischen Subdisziplinen, gibt es aus wissenssoziologischer Perspektive nur vereinzelte Beiträge.
Die vorliegende Arbeit unternimmt einen ersten Schritt, diese Lücke zu schließen. In Bezug auf die Vielfalt „epistemischer Kulturen“ (Knorr Cetina, 1999) und ihrer spezifischen Ansätze der Wissensproduktion stellt die Aneignung der experimentellen Methode in einer bisher nicht-experimentellen Disziplin einen interessanten Fall dar. Eine weitere Motivation ist der große institutionelle Einfluss der Ökonomie als akademischer Disziplin, sowie die zunehmende Bedeutung verhaltensökonomischer Maßnahmen in Politik und Verwaltung, die zum Teil auf Erkenntnissen aus Laborstudien beruhen.
In meiner Masterarbeit gehe ich den Fragen nach, wie sich ÖkonomInnen die Methode des Laborexperiments zu eigen machen, und nach welchen Prinzipien sie experimentelle Forschung bewerten. Diese Fragen beantworte ich anhand von sechs semi-strukturierten Interviews mit ForscherInnen am Vienna Center for Experimental Economics (VCEE) der Universität Wien, sowie durch Beobachtungen, die ich als Laborassistentin bei der Durchführung von Experimenten sammeln konnte. Sowohl Interviews als auch Beobachtungsnotizen wurden transkribiert und nach den Prinzipien der Grounded Theory (Charmaz, 2006) induktiv analysiert.
Ein zentrales Resultat meiner Analyse ist, dass Laborexperimente es möglich machen, Verhalten und Situationen zu produzieren, die sich an die Beschreibungen theoretischer Modelle annähern. Diese Annäherung wird durch mehrere Schritte der Reduktion erreicht: Die ForscherInnen identifizieren die aus ihrer Sicht fundamentalen ökonomischen Aspekte einer Situation, modellieren sie und benutzen diese Modelle als Grundlage eines experimentellen Designs. Dabei werden alle kontextspezifischen Elemente und Bedeutungen entfernt. In der Analyse der Gespräche zeigt sich, dass die epistemischen Praktiken der Forscherinnen durch eine Spannung zwischen theoriegeleiteten und beobachtungsgeleiten Ansätzen gekennzeichnet sind. So haben experimentelle Studien einerseits den Anspruch, die Erkenntnisse und Vorhersagen theoretischer Modelle zu überprüfen, und müssen diese daher möglichst genau umsetzen. Zum anderen dienen Laborexperimente aber auch dazu, Phänomene zu untersuchen, die mit standardtheoretischen Modellen nicht beschrieben werden können. Diese Spannung setzt sich in der mehrdeutigen Rolle der TeilnehmerInnen fort. Einerseits bringen sie durch ihr – in Bezug auf theoretische Vorhersagen – „nicht-rationales“ Verhalten einen epistemischen Mehrgewinn ein, und andererseits gefährden sie damit die Brauchbarkeit experimenteller Resultate. Dieses Risiko wird in Experimenten durch verschiedene Strategien vermindert, die den TeilnehmerInnen helfen sollen, strategisch günstiges Verhalten zu lernen.
In Bezug auf die Bewertungen experimenteller Forschung ergibt meine Analyse, dass die von mir Interviewten eine Vielzahl an Motivationen und unterschiedlichen Vorstellungen vom Nutzen experimenteller Studien und der idealen methodologischen Vorgehensweise haben. Viele dieser Vorstellungen werden aber letztlich der dringenderen Frage untergeordnet, ob eine Studie sich zur Publikation in hochrangingen Fachzeitschriften eignet. Was ForscherInnen als die Kriterien für solche Publikationen ansehen, beeinflusst daher ihre praktischen Entscheidungen während des gesamten Forschungsprozesses. In meiner Analyse zeigt sich, dass diese Kriterien einer bestimmten Konzeption von experimenteller Praxis entsprechen, wonach Experimente vor allem als Werkzeuge für die Evaluation und Weiterentwicklung aktueller ökonomischer Theorien anzusehen sind. Andere mögliche Funktionen von Experimenten, etwa die Suche nach bisher nicht theoretisierten Verhaltensformen, treten damit in den Hintergrund.
Historisch ist die Konzeption von Experimenten als (bloßem) Werkzeug der Theorieentwicklung in dem Bemühen begründet, experimentelle Forschung für den akademischen Mainstream interessant zu machen (vgl. Svorencik, 2015). Durch die zentrale Bedeutung von Publikationen in Fachzeitschriften ist dieser Theorie-fokussierte Ansatz bis heute so dominant, dass alternative Herangehensweisen von einigen meiner InterviewpartnerInnen als wenig aussichtsreich beschrieben wurden. Meine Analyse epistemischer und evaluativer Praktiken zeigt in diesem Fall die Einbettung zeitgenössischer Forschungspraktiken in institutionelle Logiken der Bewertung wissenschaftlicher Arbeit, und das mitunter konfliktreiche Verhältnis solcher Logiken und individueller Vorstellungen von guter wissenschaftlicher Praxis.
Abstract
(Englisch)
This thesis engages with the research practices of experimental economics from the perspective of science and technology studies (STS). Economics has traditionally been considered as a non-experimental science. During the last three decades, experimental and behavioural economics have emerged as two sub disciplines in which laboratory experiments play a central role. These experiments typically take place in computer laboratories at university campuses, where student participants bar-gain or make decisions and are paid according to their performance in the experimental task. Although STS has long had a strong interest in the role of laboratory practices in the production of scientific knowledge, this new discipline has not received attention from STS researchers as of yet. There is, in general, very little engagement with the research practices of social scientists from a STS perspective.
My thesis is intended as a first step towards filling this gap in the literature. The introduction of the experimental method to a non-experimental science presents an interesting case study in the diversity of “epistemic cultures” (Knorr Cetina, 1999) and a research community’s context-specific solutions to knowledge production. While STS research on economics has so far focused on the application and influence of economics in various areas of public and professional life, a focus on the research practices of academic economists brings to the fore the background of the knowledge claims on which this influence builds.
My inquiry was guided by an interest in how economists appropriate the method of laboratory experiments, and how they evaluate the use of this method when reflecting on their work. In order to answer these questions, I conducted six semi-structured interviews with researchers in different career stages working at the Vienna Center for Experimental Economics (hereafter VCEE). Additionally, I assisted in running experiments at the VCEE and collected observational field notes at the laboratory. All my empirical material was transcribed and analysed inductively according to the principles of Grounded Theory (Charmaz, 2006).
The main finding of my analysis concerns the use of laboratory experiments in economics as a means of producing behaviour in conditions that closely resemble those described by theoretical models. This resemblance was achieved by the economists I observed with a serious of reductions, where the “economic fundamentals” of a situation are identified, modelled, and then implemented as a laboratory design by removing all context-specific elements and connotations. Experiments can be used to test the predictions of models, or to suggest new conceptual additions to existing theory, on the basis that all the factors influencing behaviour in the laboratory are in principle known and are theoretically tractable. In addition, my analysis points to a tension between approaches that focus on theory and the development of theoretical explanations, and approaches that focus more on observation and the production of behavioural phenomena that deviate from the predictions of standard theory. This tension is reflected in the ambiguous conception of participants and their capacity to frustrate experimenter’s expectations as both an epistemic resource and an epistemic risk. In experiments, this risk is accommodated by “inducing behaviour” and helping participants to learn which decisions reflect their strategic interests.
Analysing the principles of evaluation my respondents invoke when reflecting on their work, I found that experimenters articulate a range of motivations for doing experiments. Divergent conceptions of the purpose of experimentation correspond to different views on the methodology that can best serve these purposes. These individual conceptions of good methodology were, however, in practice often subordinated to the concern of getting one’s research published in high-ranking journals. This concern was so dominant amongst the economists I observed that it informed a wide range of practical decisions throughout their research processes. The evaluative criteria described as central for journal publications in my interviews correspond to an approach that has sought to align experimental practices with the state of the art in economic theorising. Historically, presenting laboratory experiments as tools for testing and developing economic theories was a strategy to make this new method acceptable for the academic mainstream (cf. Svorencik, 2015). The centrality of journal publications for the evaluation of contemporary academic research, in my view, is one reason why this theory-centred approach is still experienced as dominant by my respondents, and as precluding alternative conceptions of experimental methodology and applications. My focus on epistemic and evaluative practices in experimental economics therefore reveals how contemporary research practices are embedded in institutional logics of assessing and promoting research. Additionally this focus reveals where these logics come into conflict with researchers’ individual conceptions of good scientific practice.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
experimental economics methodology epistemic practices valuation studies laboratory
Schlagwörter
(Deutsch)
Experimentelle Ökonomie Methodologie Epistemische Praktiken Labor Bewertungen
Autor*innen
Helene Sorgner
Haupttitel (Englisch)
Economics in the laboratory
Hauptuntertitel (Englisch)
a case study on epistemic practices and valuations in experimental economics
Paralleltitel (Deutsch)
Ökonomie im Labor
Publikationsjahr
2017
Umfangsangabe
153 Seiten
Sprache
Englisch
Beurteiler*in
Maximilian Fochler
Klassifikation
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.13 Wissenschaftspraxis
AC Nummer
AC13729262
Utheses ID
41222
Studienkennzahl
UA | 066 | 906 | |