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Der Bereich Musik im "Kulturamt der Stadt Wien" von 1938-1945 mit besonderer Berücksichtigung der Förderung zeitgenössischer Komponisten
Susanne Turba
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Dr.-Studium der Philosophie Musikwissenschaft
Betreuer*in
Margareta Saary
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-13169.00635.637959-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Diese Dissertation beschäftigte sich mit dem Thema „Der Bereich Musik im „Kulturamt der
Stadt Wien“ von 1938 – 1945, mit besonderer Berücksichtigung der Förderung zeitgenössischer
Komponisten“ und wurde im Fachbereich Musikwissenschaften geschrieben. Erforscht
wurden die Änderungen der kulturellen Vielfalt in Wien von 1938 bis 1945. Ziel war es dabei
zu klären, ob und welche Auswirkungen der Nationalsozialismus in Wien auf den Bereich
Musik gehabt hat und ob das Kulturamt maßgeblich dazu beigetragen hat. Besonderes Augenmerk
wurde dabei auf die zeitgenössischen Komponisten gelegt, weil hier zu Recht angenommen
wurde, dass es eine werktechnische und personelle Änderung im Dritten Reich gegeben
hat. Nachdem es kaum Literatur zu den Themen Kulturamt und den damaligen Komponisten
gibt, wurde eine ausführliche Quellenforschung mit den Akten des Kulturamtes aus dem Wiener
Stadt- und Landesarchiv, des Bundesarchiv in Berlin und der Österreichischen Nationalbibliothek
sowie den damaligen Zeitungen betrieben. Das Ergebnis lässt erkennen, welche Personen
für die Kulturpolitik verantwortlich waren, welche Personen im Kulturamt welche Förderungen
ausgesprochen haben und auch welche zeitgenössischen Komponisten im Nationalsozialismus
subventioniert bzw. welche Komponisten nicht beachtet wurden.
Als im September 1938 das Kulturamt der Stadt Wien gegründet wurde, gab es schon lange
vorher Kunsteinrichtungen und Institutionen, die sich um alle kulturellen Belange kümmerten.
Die Nationalsozialisten übernahmen anfangs die bestehenden Organisationen und gaben ihnen
unterschiedliche Bezeichnungen, um den Anschein einer Aufbruchsstimmung zu wahren. Rigoros
wurden von ihnen jüdische Einrichtungen und Künstler verfolgt und ausgemerzt, so dass
man mit Ende 1938 nur mehr die Hälfte an Häusern übrighatte, die ein kulturelles Programm
spielen konnten.
Dem Kulturamt unterstanden verschiedene Sparten wie Bildende Kunst, Architektur, Malerei
und natürlich die Musik. Im Bereich Musik unterstanden dem Kulturamt Institutionen wie die
Wiener Symphoniker, der Trompeterchor der Stadt Wien, der Wiener Männergesangs-Verein,
die Wiener Konzerthausgesellschaft oder der Lehrer-a-cappella-Chor. Sie alle hatten sich an
die Vorgaben und Anweisungen der Nationalsozialisten zu halten, wobei vor allem das Konzerthaus
nur allzu bereitwillig sein Haus für nationalsozialistische Veranstaltungen zur Verfügung
stellte und hier ein Großteil der „betreuten“ Einrichtungen ihre Konzerte abhielt.
Auf den ersten Blick schien das Kulturamt reges Interesse an der Förderung von zeitgenössischen
Komponisten gehabt zu haben, jedoch bei näherem Betrachten fiel schnell auf, dass nur
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bestimmte Komponisten eine Förderung erfuhren. Dabei betrieben nicht nur die Komponisten
puren Nepotismus, sondern auch die Kulturamtmitarbeiter, die ihre eigenen Werke an geeigneten
Stellen unterbrachten. Es wurden vom Kulturamt „Konzerte zur Förderung zeitgenössischer
Musik“ abgehalten, Preise verliehen und Werke zur Aufführung vorgeschlagen – diese
Aktivitäten konnten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nur mehr wenige fähige Komponisten
gab. Viele waren bereits eingezogen wurden, einige schon gefallen und die vielen
jüdischen Komponisten schon lange nicht mehr in Wien. Die Qualtität der verbleibenden Komponisten
war teilweise derart schlecht, dass ausgeschriebene Preise erst gar nicht verliehen
wurden, das verwöhnte und musikalisch gebildete Wiener Publikum bei den Konzerten ausblieb
oder man eingesandte Werke, die zur Begutachtung im Kulturamt landeten, gleich wieder
retour schickte. Erschreckend viele brachten ihre nationalsozialistische Vergangenheit ins
Spiel, um einen besseren Eindruck zu machen und um an Aufführungen zu kommen.
Der Nepotismus hörte aber im Dritten Reich nicht auf, sondern zog sich auch nach 1945 fast
unerträglich gleichsam fort. Es wurden Preise verleihen und Werkaufträge vergeben und vor
allem die näher betrachteten Komponisten Alfred Uhl, Ernst Ludwig Uray und Erich Marckhl
hatten jeder noch eine gute Karriere vor sich, obwohl sich alle während des Nationalsozialismus
profilieren konnten. Es sollte nach dem Kriegsende nicht lange dauern, bis sich das Kulturleben
in Wien wieder normalisiert hatte und auch einst verfemte und vertriebene Komponisten
erneut ins Programm aufgenommen wurden. Die erforschten verantwortlichen Ausführenden
fassten zumindest in Wien keinen Fuß mehr – Hanns Blaschke wurde verhaftet und
verbüßte 6 Jahre hinter Gittern, Armin Caspar Hochstetter ging nach Bad Aussee und verdiente
kaum an seinen Kompositionen, Hermann Hibler ist im Krieg gefallen und Robert Ernst hielt
sich zwar immer wieder in Wien und Umgebung auf, war aber als Komponist dennoch unscheinbar
geworden und in Vergessenheit geraten.
Abstract
(Englisch)
This thesis was dedicated to the topic "The area of music in the "Cultural Office of the City of
Vienna" from 1938 - 1945, with special attention to sponsoring of contemporary composers"
and was written in music studies. The changes in cultural diversity in contemporary music were
investigated in Vienna from 1938 to 1945. The aim was to clarify whether and what the impact
of National Socialism on the music sector had in Vienna and to which extend the cultural office
played a decisive role in this. Particular attention was paid to contemporary composers, because
it was rightly assumed that there was a change in work and personnel in the Third Reich.
As hardly any literature on the subjects of the cultural office and the composer exists, detailed
studies of sources were conducted within the records of the cultural office from the “Wiener
Stadt- und Landesarchiv”, the “Bundesarchiv in Berlin” and the “Österreichischen Nationalbibliothek”
as well as local newspapers of that time. The results show which persons were
responsible for the cultural policy, which persons in the cultural office promoted whom and
which contemporary composers were and were not sponsored in National Socialism.
When in September 1938 the Cultural Office of the City of Vienna was founded, there were
long-standing art centers and institutions that catered to all cultural concerns. The National
Socialists initially took over the existing organizations and gave them different names in order
to preserve the appearance of an atmosphere of change. Rigidly, Jewish institutions and artists
were persecuted and expelled from them, so that at the end of 1938 only half of the playhouses
were available to provide a cultural program.
The cultural department was responsible for various subjects such as fine arts, architecture,
painting and, of course, music. In the field of music, the cultural office included institutions
such as the Wiener Symphoniker, the Trompeterchor der Stadt Wien, the Wiener Männergesangs-
Verein, the Wiener Konzerthausgesellschaft or the teacher-a-cappella-choir. They all
had to adhere to the guidelines and instructions of the National Socialists, with the Konzerthaus,
in particular, being very willing to make its location available for national socialist
events, and a large number of the "supervised" institutions held their concerts here.
At first sight, the cultural office seemed to have been keenly interested in the promotion of
contemporary composers, but on a closer look it quickly became apparent that only certain
composers received a sponsorship. Not only did the composers pursue pure nepotism, but also
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the cultural officials, who placed their own works in suitable places. The Kulturamt held "Concerts
for the promotion of contemporary music", prizes were awarded and works for the performance
were suggested - but these activities could not conceal the fact that there were only
a few capable composers. Many had already been conscripted, some already killed in action,
and many Jewish composers had not been in Vienna any more since some while. The quality
of the remaining composers were partially so bad that prizes were not awarded at all, the
spoiled and musically educated Viennese audience did not attend the concerts, or the works
sent to the cultural office were returned. Frighteningly many brought their national socialist
past into play, to make a better impression and to come to performances.
Nepotism, however, did not cease to exist with the Third Reich, but also continued almost
unbearable after 1945. There were prizes and awards, and above all the composer Alfred Uhl,
Ernst Ludwig Uray and Erich Marckhl each had a good career ahead of them, although they
could all make their mark during the National Socialism. After the end of the war it was not
long before the cultural life in Vienna had normalized again and once again previously ostracized
and expelled composers were once again included in the program. Hanns Blaschke was
arrested and served 6 years behind bars. Armin Caspar Hochstetter went to Bad Aussee and
hardly earned money by selling his compositions. Hermann Hibler was killed in the war and
Robert Ernst occasionally stayed again in Vienna and the surrounding area, but as a composer
he had become inconspicuous and forgotten.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
1938-1945 Cultural Office of the City of Vienna National Socialism Third Reich
Schlagwörter
(Deutsch)
1938-1945 Kulturamt der Stadt Wien Nationalsozialismus Drittes Reich
Autor*innen
Susanne Turba
Haupttitel (Deutsch)
Der Bereich Musik im "Kulturamt der Stadt Wien" von 1938-1945 mit besonderer Berücksichtigung der Förderung zeitgenössischer Komponisten
Paralleltitel (Englisch)
The area of music in the "Cultural Office of the City of Vienna" from 1938-1945, with special attention to sponsoring of contemporary composers
Publikationsjahr
2017
Umfangsangabe
384 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Margareta Saary ,
Herbert Seifert
AC Nummer
AC13758244
Utheses ID
42842
Studienkennzahl
UA | 092 | 316 | |