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Mechanisms of cytotype coexistence in the autopolyploid complex of Senecio carniolicus (syn. Jacobaea carniolica, Asteraceae)
Michaela Sonnleitner
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Lebenswissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Dr.-Studium der Naturwissenschaften Botanik (Stzw)
Betreuer*in
Karl Hülber
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.48576
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-23239.40322.187573-5
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Mechanismen, die die Koexistenz von nah verwandten Arten in natürlichen Lebensräumen ermöglichen, sind von zentralem Interesse in der Ökologie und beeinflussen letztlich auch die Biodiversität. Polyploidie, ein häufiges Phänomen bei Gefäßpflanzen und ein wichtiger Mechanismus der sympatrischen Artbildung, erlaubt Zytotypen mit unterschiedlicher Anzahl an Chromosomensätzen gemeinsam auf engem Raum vorzukommen. Der Polyploidkomplex Senecio carniolicus s.l. ist eine geeignete Modellgruppe, um verschiedene Aspekte der Koexistenz von Zytotypen zu untersuchen. Das erste Manuskript dieser Arbeit beinhaltet eine detaillierte Analyse der Verbreitungsmuster der Zytotypen von S. carniolicus in den Ostalpen auf unterschiedlichen räumlichen Ebenen. In ca. 3000 untersuchten Individuen fanden wir ein bemerkenswert breites Spektrum an Ploidiestufen, von diploid bis enneaploid. Die drei Hauptzytotypen (diploid, tetraploid, hexaploid) zeigten eine deutliche räumliche Strukturierung auf der Makroebene (gesamte Ostalpen), jedoch mit ausgedehnten Arealen, in denen verschiedene Zytotypen gemeinsam vorkamen. Die meisten Kontaktzonen wurden von diploiden und hexaploiden Individuen gebildet. Trotz dieser häufigen Koexistenz auf kleinstem Raum konnten Individuen mit intermediärer Ploidiestufe, d.h. mutmaßliche Hybriden, nur selten nachgewiesen werden (ca. 1 % der untersuchten Individuen), was auf starke prä- und/oder postzygotische Fortpflanzungsbarrieren hindeutet. Darüber hinaus zeigten Mikrohabitat-Parameter signifikante Habitatunterschiede zwischen den drei Hauptzytotypen, hauptsächlich in Bezug auf Seehöhe, Exposition und Vegetationsdeckung. Das zweite Manuskript zielt darauf ab, reproduktive Interaktionen zwischen Zytotypen in Kontaktzonen zu analysieren. Das Ausmaß der Hybridisierungen und die Fitness der hybridogenen Nachkommenschaft spielen eine entscheidende Rolle bei der evolutionären Dynamik von Kontaktzonen ("triploid bridge" vs. "triploid block") und der Integrität genetischer Linien. Wir führten reziproke in situ Kreuzbestäubungen innerhalb und zwischen diploiden, tetraploiden und hexaploiden Zytotypen von S. carniolicus durch. Ein Teil der geernteten Samen wurde der Ploidie-Bestimmung mittels Durchflusszytometrie zugeführt, die anderen unter kontrollierten Bedingungen im Glashaus zur Keimung gebracht, um die Fitness der F1-Generation bestimmen zu können. Die Auswertung der Keimfähigkeit von hybridogenen Samen und des Überlebens von Hybridsämlingen im Vergleich mit Nachkommen aus homoploiden Kreuzungen zeigte eine signifikant niedrigere Fitness für diploid-polyploide Hybrid-Nachkommen, während Kreuzungen zwischen Polyploiden im Vergleich zu den Nachkommen der homoploiden Kreuzungen ihrer Eltern gleich hohe oder höhere Fitness zeigten. Die Richtung der Kreuzungen (welcher Elternteil hatte die niedrigere/höhere Ploidie) hatte dabei keine Auswirkung auf Keimfähigkeit und Überleben der Keimlinge, was das Vorhandensein maternaler oder paternaler Effekte unwahrscheinlich macht. Im Gegensatz dazu zeigten an Sämlingen erhobene Wachstumsparameter sehr wohl Unterschiede zwischen reziproken Kreuzungen, die zum Teil auf maternale Effekte schließen lassen. Die starke Selektion gegen Hybriden mit einem diploiden Elternteil einerseits und die volle Interfertilität von Tetraploiden und Hexaploiden andererseits lassen einen starken Einfluss auf die Stabilität von Kontaktzonen vermuten. Daher können wir annehmen, dass diploid-polyploide Kontaktzonen im Vergleich zu tetraploid-hexaploiden Kontaktzonen evolutiv stabiler sind, was vermutlich auch die Häufigkeit von diploid-hexaploiden Kontaktzonen erklärt. Ein weiterer Mechanismus der Koexistenz nah verwandter Taxa ist die (teilweise) Differenzierung der ökologischen Nischen, um den Ressourcenwettbewerb zu verringern. Nischendifferenzierung ist ein häufig beobachteter präzygotischer Isolationsmechanismus zwischen Zytotypen innerhalb von Polyploidkomplexen, der für S. carniolicus s.l. in der dritten Publikation behandelt wird. Multivariate Analysen ökologischer Indikatorwerte (Landolt-Zahlen), die den Begleitarten zugeordnet wurden, zeigten deutlich differenzierte ökologische Nischen für Diploide, Tetraploide und Hexaploide. Die Unterschiede in der Einnischung folgten einem komplexen ökologischen Gradienten vor allem in Bezug auf Temperatur, Licht und Bodenparameter. Darüber hinaus wurde bei sympatrischem Vorkommen von zwei oder mehreren Zytotypen eine stärkere Nischendifferenzierung beobachtet als in parapatrischen Populationen. Eine solche Nischenverschiebung kann einerseits Kontaktzonen zwischen verschiedenen Zytotypen stabilisieren, andererseits könnte es aber auch als Zeichen der Nischenhomogenisierung in parapatrischen Populationen interpretiert werden. Im Allgemeinen scheint „niche displacement“ für das Verständnis ökologischer Prozesse in heteroploiden Kontaktzonen wesentlich zu sein und sollte in zukünftigen Untersuchungen mitberücksichtigt werden. Die vorliegende Studie zeigt, dass die Zytotypen von S. carniolicus in verschiedener Hinsicht gut differenziert sind. Reproduktive und ökologische Beziehungen zwischen den Zytotypen erklären die räumlichen Muster in den Kontaktzonen. Das häufige Auftreten von diploid-hexaploiden Kontaktzonen kann wahrscheinlich auf die nahezu fehlenden reproduktiven Interaktionen und die starke Nischendifferenzierung zurückgeführt werden. Im Gegensatz dazu zeigen tetraploid-hexaploide Kontaktzonen, obwohl sie selten und räumlich stark begrenzt sind, eine hohe evolutionäre Dynamik, wobei der von Hybriden vermittelte Genfluss eine oder beide Linien auf lange Sicht beeinflussen kann.
Abstract
(Englisch)
The ways and means how closely related species accomplish to coexist in certain natural habitats is a key question in ecology and ultimately influences biodiversity. Polyploidy, a common phenomenon in vascular plants and an important mechanism of sympatric speciation, offers unique opportunities for plant coexistence in close proximity. The polyploid complex of Senecio carniolicus s.l. is an excellent model system for studying various aspects of cytotype coexistence. The first paper of this thesis comprises a detailed analysis of the cytotype distribution throughout the Eastern Alps on different spatial scales. Among c. 3000 investigated individuals, we found a remarkably high diversity of DNA ploidy levels ranging from diploid to enneaploid. The three main cytotypes (diploid, tetraploid, hexaploid) showed a distinct spatial segregation on the macro-scale, however with large overlapping areas resulting in frequent cytotype mixtures. Coexisting cytotypes formed multiple contact zones including all possible combinations of the main cytotypes, however most frequently between diploids and hexaploids. Despite frequent cytotype co-occurrence on the micro-scale, intermediate ploidy levels (putative hybrids) were rarely detected (c. 1% of investigated individuals), suggesting strong pre- and/or postzygotic reproductive barriers. Additionally, microhabitat descriptors revealed significant habitat differences among the three main cytotypes according to altitude, exposition and vegetation coverage. The second paper aims at unravelling reproductive interactions among different cytotypes in contact zones. The extent of hybridizations and the performance of progeny with intermediate ploidy levels play a crucial role in the evolutionary dynamics of contact zones (“triploid bridge” vs. “triploid block”) and the integrity of lineages. We performed reciprocal in situ cross-pollinations within and among main cytotypes. Harvested seeds were subjected to DNA ploidy determination via flow cytometry and greenhouse germination experiments for performance analyses of seedlings. Evaluating seed viability and survival of hybrid seedlings in comparison with intra-cytotype offspring revealed significantly inferior performance for diploid-polyploid hybrid offspring, whereas inter-polyploid crosses performed at least intermediate compared with their respective parental intra-cytotype crosses. Here, no effect of the direction of crosses could be detected, rendering the presence of maternal or paternal effects unlikely. Growth traits of seedlings showed differences between reciprocal crosses, partly expressing maternal effects. The observed strong selection against hybrids involving diploids, and the full interfertility of tetraploids and hexaploids likely has strong implications on the stability of contact zones. Therefore, we can assume that diploid-polyploid contact zones are more stable (realized particularly in frequently occurring diploid-hexaploid contact zones) compared with tetraploid-hexaploid contact zones. A further mechanism of plant coexistence is the partitioning of ecological requirements relaxing resource competition. In polyploid complexes, niche differentiation is a common prezygotic isolation mechanism between cytotypes and is addressed for S. carniolicus s.l. in the third paper. Multivariate analyses of ecological indicator values (Landolt values) assigned to accompanying species revealed clearly differentiated ecological niches for diploids, tetraploids and hexaploids. The observed niche shift followed a complex ecological gradient mainly with respect to temperature, light and soil parameters. Moreover, niche differentiation was more strongly pronounced where cytotypes co-occurred with one or two other cytotypes. Such niche displacement may facilitate stable coexistence of cytotypes but could also be a sign of niche homogenization in the course of parapatric cytotype distribution. In general, niche displacement seems to be essential for the understanding of ecological processes involving polyploids. In conclusion, cytotypes of S. carniolicus are well differentiated from each other in many respects. Reproductive and ecological interference among cytotypes provide explanations for the spatial patterns of contact zones. The frequent occurrence of diploid-hexaploid contact zones likely can be traced back to almost lacking reproductive interactions and strong niche differentiation. In contrast, tetraploid-hexaploid contact zones, although rare and restricted to narrow stripes, exhibit high evolutionary dynamics, where gene flow mediated by hybrids may influence one or both lineages in the long run.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
autopolyploidy speciation contact zones coexistence of cytotypes Senecio carniolicus cytogeography habitat differentiation reproductive barriers niche displacement
Schlagwörter
(Deutsch)
Auotpolyploidie Artbildung Kontaktzonen Koexistenz von Zytotypen Senecio carniolicus Zytogeographie /, Habitatdifferenzierung Kreuzungsbarrieren Nischenverschiebung
Autor*innen
Michaela Sonnleitner
Haupttitel (Englisch)
Mechanisms of cytotype coexistence in the autopolyploid complex of Senecio carniolicus (syn. Jacobaea carniolica, Asteraceae)
Paralleltitel (Deutsch)
Mechanismen der Zytotypen-Koexistenz im autopolyploiden Komplex Senecio carniolicus (syn. Jacobaea carniolica, Asteraceae)
Publikationsjahr
2017
Umfangsangabe
xii, 82 Seiten : Illustrationen, Diagramme
Sprache
Englisch
Beurteiler*innen
Harald Heimberg ,
Christian Parisch
Klassifikationen
42 Biologie > 42.21 Evolution ,
42 Biologie > 42.38 Botanik: Allgemeines ,
42 Biologie > 42.44 Pflanzengeographie, Pflanzenökologie, Pflanzensoziologie ,
42 Biologie > 42.56 Angiospermae ,
42 Biologie > 42.58 Dicotyledoneae
AC Nummer
AC14469760
Utheses ID
42927
Studienkennzahl
UA | 091 | 438 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1