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"Unterm Krummstab ist gut leben"
die katholische Kirche als Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber, exemplarisch dargestellt am Beispiel des Benediktinerstiftes Seitenstetten
Stephan Schmutzer
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Geowissenschaften, Geographie und Astronomie
Betreuer*in
Karl Husa
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.4981
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29431.74929.813362-1
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die unterschiedlichen finanziellen Ausgangspositionen der Diözesen und Orden haben dazu geführt, dass die Stifte und Klöster, die jahrhundertelang in erster Linie von der Land- und Forstwirtschaft gelebt haben, in den letzten Jahrzehnten ihre ökonomischen Aktivitäten ausgeweitet haben und heutzutage über neue Betriebszweige und innovative touristische Angebote verfügen. Insbesondere jene Stifte oder Wallfahrtskirchen, die hohe jährliche Besucherzahlen aufweisen, sind aber auch für die umliegenden Gemeinden von großer wirtschaftlicher Bedeutung, da zahlreiche Wirtschaftstreibende und insbesondere die Gastronomiebetriebe von den Touristen profitieren. Im Gegensatz dazu stehen die österreichischen Diözesen, die mit den jährlichen Kirchenbeiträgen über fixe Einnahmen verfügen und diese durch die Erlöse aus den diözesanen Museen, den Bildungshäusern, der Forstwirtschaft und dem Verkauf von Kirchenzeitschriften ergänzen und die vor allem im sozialen Bereich aktiv sind. Als Arbeitgeber spielt die katholische Kirche vor allem im Bildungs- und im Gesundheitsbereich eine wichtige Rolle. Allein in diesen beiden Bereichen werden rund 20.000 Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Hinzu kommen noch die tausenden Beschäftigten in den Betrieben der Stifte und Klöster, die von Forstbetrieben über die touristischen Einrichtungen bis hin zu Biomasseheizanlagen oder Skiliften reichen. Auch die Caritas hat, als wirtschaftlich und rechtlich eigenständige größte soziale kirchliche Organisation, österreichweit rund 11.000 Angestellte. Da viele Stifte die größten Grundbesitzer in den umliegenden Gemeinden sind, stellten ihre Grundverkäufe, wie sich im anschließenden Fallbeispiel des Benediktinerstiftes Seitenstetten noch zeigen wird, oft auch einen wichtigen Faktor für die räumliche und infrastrukturelle Entwicklung ganzer Gemeinden dar. Nicht zu unterschätzen sind auch die Wirtschaftsimpulse durch die Investitionen der katholischen Kirche in die Erhaltung der Bausubstanz, die vor allem den regionalen Bauunternehmen zugute kommen. Die Fallstudie des Benediktinerstiftes Seitenstetten zeigt, dass es über Jahrhunderte hinweg der wichtigste Arbeitgeber für die Menschen in der Gemeinde und seiner näheren Umgebung war. Großflächige Schenkungen ermöglichten land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten, welche seit seiner Gründung lange Zeit die wirtschaftliche Grundlage des Klosters bildeten. Insbesondere in der klösterlichen Landwirtschaft fanden viele Personen Arbeit oder einen wichtigen Handelspartner. Die Mechanisierung in der Land- und Forstwirtschaft führte ab 1955 zu einem massiven Rückgang der Beschäftigten in diesen beiden Bereichen und schmälerte die Bedeutung des Stiftes als lokaler Arbeitgeber. Die Landwirtschaft des Stiftes, jener Betriebszweig, der ursprünglich die meisten Arbeitsplätze zur Verfügung stellte, wurde im Jahre 1985 endgültig verpachtet. Nicht zu vergessen sind heute die Arbeitsplätze der 37 weltlichen Professoren im Stiftsgymnasium Seitenstetten. Auch wenn ihre Gehälter vom Staat bezahlt werden, ist das Stift als Schulerhalter maßgeblich an der Sicherung dieser Arbeitsplätze beteiligt. Der Rückgang der Beschäftigten im Stift Seitensteten wurde schließlich durch die Ausrichtung der Landesausstellung 1988 und der damit verbundenen Entwicklung des Kultur- und Klostertourismus in Seitenstetten gestoppt. Im Zuge der touristischen Entwicklungen und der Revitalisierung des historischen Hofgartens konnte in diesen Bereichen wieder Personal aufgestockt werden. Die steigenden Besucherzahlen bei den Stiftsführungen wurden begleitet von zahlreichen Investitionen in die Öffentlichkeitsarbeit, dem Bau eines Klosterladens sowie der Einrichtung eines eigenen Tourismusbüros im Stift. Der Beitritt zu diversen Tourismusplattformen steigerte die Präsenz in der Öffentlichkeit und somit den Bekanntheitsgrad des Klosters. Als besonders wichtig stellte sich dabei die Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband und der LEADER-Region „Moststraße“ heraus, welche die touristischen Projekte des Stiftes, vor allem auch in finanzieller Hinsicht unterstützt. Das touristische Angebot des Klosters wurde in den Jahren seit der Landesausstellung kontinuierlich erweitert und reicht heute von Stiftsführungen über den „Urlaub im Kloster“ oder den Gartentagen im Hofgarten bis hin zu verschiedensten Produkten im Klosterladen. Die Interviews mit den Mönchen haben gezeigt, dass sie der Öffnung nach außen und den steigenden Tourismuszahlen durchaus positiv gegenüberstehen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Stiften werden in Seitenstetten die Besucher von den Mönchen selbst durch das Gebäude geführt und erhalten so auch einen sehr authentischen Einblick in das tägliche Leben der Benediktiner. Aufgrund der noch relativ niedrigen Gästezahlen und beispielsweise auch der räumlichen Trennung der Beherbergungsgäste von den Konventmitgliedern bei den Mahlzeiten hält sich der Einfluss der Besucher auf das Ordensleben im Moment noch in Grenzen. Die wirtschaftlichen Standbeine des Stiftes bilden heute die Einnahmen aus der Vermietung des „Seitenstettner Hofes“ in Wien und jene aus der Forstwirtschaft. Zusätzlich können Gelder aus der Gebäudevermietung und der Verpachtung von landwirtschaftlichen Gründen sowie der Jagd- und Fischereireviere lukriert werden. Zudem fließt auch der Großteil der Löhne der fünf Patres, die am Stiftsgymnasium unterrichten, zu den Einnahmen der Ordensgemeinschaft. Weiters belegten die Interviews mit den Mönchen, dem Bürgermeister und den anderen Wirtschaftstreibenden in der Gemeinde, dass das Stift positive Effekte auf die Wirtschaft der Gemeinde ausübt. Die Marktgemeinde Seitenstetten profitiert sehr stark vom Stift, da die Öffentlichkeitsarbeit natürlich auch ihr und der ganzen Region zugute kommt, weil es Kooperationen mit den Tourismusverbänden im Mostviertel gibt und das Stift hier gleichsam die Rolle eines „Vorzeigeprojektes“ innehat. Insbesondere die Seitenstettner Gastronomie lebt von den Touristen im Stift, da dieses selbst über keine eigene Einrichtung verfügt und daher auf die Wirte im Ort verweist. In wirtschaftlicher Hinsicht zählt aber sicherlich auch die Bauwirtschaft zu den Profiteuren. Die Renovierungen im Stiftsgebäude und im nahe gelegenen Meierhof lieferten Millionenaufträge. Einen nicht zu unterschätzenden Wirtschaftsfaktor stellen auch die 380 Schüler des Stiftsgymnasiums Seitenstetten dar, die sehr zahlreich die Papierhandlung, die Bäckerei sowie die Fleischerei der Gemeinde besuchen. Indirekt hat das Stift durch den Verkauf von Gründen für den Siedlungsbau bzw. für die Errichtung infrastruktureller und gemeinnütziger Einrichtungen sicherlich auch einen großen Beitrag zum Bevölkerungswachstum innerhalb der Gemeinde beigetragen.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
katholische Kirche Benediktinerstift Seitenstetten
Autor*innen
Stephan Schmutzer
Haupttitel (Deutsch)
"Unterm Krummstab ist gut leben"
Hauptuntertitel (Deutsch)
die katholische Kirche als Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber, exemplarisch dargestellt am Beispiel des Benediktinerstiftes Seitenstetten
Publikationsjahr
2009
Umfangsangabe
158 S. : Ill., graph. Darst., Kt.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Karl Husa
Klassifikationen
74 Geographie > 74.08 Wirtschaftsgeographie ,
74 Geographie > 74.29 Geographie, Anthropogeographie: Sonstiges
AC Nummer
AC07711430
Utheses ID
4443
Studienkennzahl
UA | 190 | 456 | 333 |
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