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Die Entwicklung des Stadtbildes Wiens ab dem Ende des 30-jährigen Krieges 1648 bis zur zweiten Stadtbelagerung 1683
Otto Wiederhold
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Kunstgeschichte
Betreuer*in
Petr Fidler
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DOI
10.25365/thesis.54949
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-18774.69553.803259-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
In der kurzen Zeitspanne von 1648 bis 1683 wurden in Wien eine schier unüberblickbare Vielzahl von Bauwerken errichtet. Sie veränderten die Stadt grundlegend und bereiteten gleichsam die Epoche des Hochbarock vor. Ein früher Ausgangspunkt der Entwicklung ist die plastische und genaue Darstellung Wiens aus der Vogelperspektive, geschaffen 1609 von Jacob Hoefnagel. Bildbeherrschend sind die modernen Wehranlagen - ausgenommen an der Donauseite, wo die mittelalterlichen Stadtmauern erst in den 1670er Jahren modernisiert werden konnten. Bildbeherrschend sind auch die schmalen mittelalterlichen Bürgerhäusern, die gotischen Kirchen und die im Westen der Stadt gelegenen Plätze. Die ursprünglich zwei- und dreigeschossigen, schmalen Bürgerhäuser wurden aufgrund des Wohnbedarfes der rasch zunehmenden Beamtenschaft mit Nachbarhäusern zusammengebaut oder um ein bis zwei Geschosse aufgestockt. Ein Stich zeigt unterschiedliche Häusertypen. Neben zweigeschossigen Ackerbürgerhäusern und schmalen vier- und fünfgeschossigen Bürgerhäusern mit Schopfwalmdächern finden sich einige wenige stattliche, traufständige fünf- und sechsachsige viergeschossige Häuser. Der einzige Fassenschmuck sind Gesimse und einfache, gerade Fensterverdachungen. Bereits 1680 weisen die noch höher und breiter gewordenen Gebäude Kolossalpilaster und querovale Putzfelder auf. Sie sind Beispiele für die Entwicklung der Architektur, aber auch den Wandel der Funktionen der Plätze – der Graben, der Hohe und Neue Markt beispielsweise wurde zunehmend mehr durch höhere Beamte, Hofbedienstete, Ärzte und Lehrer bewohnt. Die bislang dort ansässigen einfachen Bürger, Händler und Handwerker wurden in die Orte jenseits des Glacis abgedrängt. Im so genannten Herrenviertel entstanden traufständige Adelshäuser mit bis zu 19 Achsen. Sie ermöglichten eine neue Raumaufteilung und damit mehr Platz für Repräsentation. Das Piano Nobile im ersten Obergeschoss wurde beispielsweise durch Doppelfenster, bestimmte neue Formen der Fensterverdachungen, ballustierte Balkone, Putzfelder, Rustizierungen und Pilaster etc. besonders akzentuiert. Auch Büsten, Kugelmotive und Kartuschen traten aus der Flächigkeit der Fassaden hervor. Konsolen und die dazwischen liegenden Festons, Fruchtkränze und Diamantbossen bildeten den Fassadenabschluss zum Dach hin. Die Vertikale betonenden Kolossalpilaster über mehrere Geschosse wurden zu gängigen Stilelementen. Im Gegensatz zu den neu errichteten prächtigen Fassaden des Adels muteten weite Teile der Fassade der Hofburg noch mittelalterlich schlicht an – lediglich der weitläufige Leopoldinische Trakt beherrschte mit seinen 25 Achsen das Stadtbild. Der Wiederaufbau, die Aufstockung nach dem Brand 1668 erfolgte durch Giovanni Pietro Tencalla, der die risalitlose Front durch vertiefte Pilaster und im oberen Teil durch Plattendekor und durch ein besonderes Spiel mit Farben auflockerte. Auch Kirchenbauten sorgten für erhebliche urbanistische Veränderung. Gestützt durch Stiftungen des Kaiserhofes etablierte sich ein neuer italienischen Stil, von denen der Kirche Am Hof „zu den Neun Chören der Engel“ eine besondere Bedeutung zukommt. Filiberto Luchese setzte der mittelalterlichen gotischen Karmeliterkirche eine neuartige Fassade mit einer Altane vor und begradigte den einst verwinkelten Teil des Platzes. Nischen mit Skulpturen und die Mariensäule selbst sollten Zeichen der Befreiung von Plagen sein. Giovanni Giacomo Tencalla schuf mit der Dominikanerkirche ein Gotteshaus im Stile des römischen Frühbarocks – eine Kolossalpilasterodnung über drei Achsen und zwei Geschossen auf mit einem abschließenden Dreiecksgiebel und aufgesetztem Kreuz. Im Geschoss über der Portalzone sorgten Ädikulafenster für eine adäquate Belichtung. Andrea d‘AIlio, Silvestro Carlone und Bauführer Marco Spazio bauten die Schottenkirche nach statischen Problemen zu Beginn der 1670er Jahre wieder auf. Auch hier findet man eine Dreigeschossigkeit, sowie ein mächtiges Gesims und einen leicht vorspringenden Mittelteil mit je vier Monumentalpilastern im ersten und zweiten Geschoss. Die Nischen wurden durch Skulpturen erst in den späteren Jahrzehnten vervollständigt. Die Universitätskirche der Jesuiten Mariä Himmelfahrt wurde von Giovanni Battista Carlone zwischen 1623 und 1631 in zunächst einfacher Ausstattung an Stelle der mittelalterlichen Benedictskapelle gebaut - in typengeschichtlicher Hinsicht eines der ersten frühbarocken Sakralbauten in Mitteleuropa, welches nach dem Vorbild „Il Gesù“ erbaut wurde. Die Ursulinenkirche wurde 1673 – 1675 samt dem weitläufigen Klostergebäude anstelle von acht Bürgerhäusern erbaut. Die hochaufragende fünfachsige dreigeschossige Fassade ist durch sechs monumentale Pilaster mit toskanischen Kapitellen und einen Attikagiebel (beidseits flankiert von Voluten), auf einem Gesimsband ruhend, charakterisiert. Die Hauptfassade in der schmalen Johannesgasse weist neben Statuennischen eine großzügige Durchfensterung auf. Es war der letzte größere Sakralbau in Wien vor der Belagerung durch die Türken. Zahlreiche Bürgerhäuser mussten den beiden letztgenannte Kirchen Platz machen. In der „Oberen“ und der „Unteren Werd“ entstanden vorwiegend zwei- oder dreigeschossige Landschlösser inmitten großzügig angelegter Gartenanlagen des Hofes und des Adels. Dort errichtete man auch für verschiedene Orden Kirchen im neuen italienischen Stil. Das Repräsentationsbedürfnis des Kaiserhofes steigerte sich nach dem 30-jährigen Krieg ins unermessliche. Die aus Mantua stammenden Frauen der Kaiser sorgten nicht nur für Stiftungen und nahmen starken Einfluss auf die Bautätigkeit, sie brachten auch neue Formen des Schauspiels, der Musik und der Oper an den Hof. Das allegorische Schauspiel mit antikem Hintergrund wurde anlässlich von Kaiserankünften, Hochzeiten und Trauerfällen aufgeführt. Dazu wurden vergänglichen Bauwerke wie Triumphbogen, antikische Tempel und Paläste errichtet. Ein absoluter Höhepunkt dieser ephemeren Architektur – ein Gesamtkunstwerk aus Schauspiel, Reitkunst, Musik und Dichtkunst – war 1666 das der feierliche Anlass der Vermählung Kaiser Leopold I. mit Margarita Teresa von Spanien. Monumentale Kulissen, besondere Fahrzeuge und Effekte sorgten im Rahmen des Schauspiels „La contesa dell‘aria e dell‘acqua“ für Aufsehen, das überall in Europa wahrgenommen wurde und die Macht und Herrlichkeit des Hauses Habsburg demonstrierte. Die Hintergründe für die Bautätigkeit lagen im Wohnraumbedarf des expandieren Hofstaates. Die zahlreichen Orden, die im Zuge der Gegenreformation zur Rekatholisierung ins Land kamen, traten mit Unterstützung des Adels als Bauherrn auf. Das Repräsentationsbedürfnis der Kaiser konnte eher durch pompöse Einzüge, Schauspiele, Musik als durch Schlossbauten befriedigt werden. Schließlich erforderte die ständige Bedrohung durch die Osmanischen Heere eine moderne, sichere Befestigung.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Entwicklung Stadtbild Architektur Wien 1648 1683
Autor*innen
Otto Wiederhold
Haupttitel (Deutsch)
Die Entwicklung des Stadtbildes Wiens ab dem Ende des 30-jährigen Krieges 1648 bis zur zweiten Stadtbelagerung 1683
Publikationsjahr
2018
Umfangsangabe
217 Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Petr Fidler
Klassifikationen
20 Kunstwissenschaften > 20.10 Kunst und Gesellschaft ,
20 Kunstwissenschaften > 20.30 Kunstgeschichte: Allgemeines
AC Nummer
AC15215661
Utheses ID
48569
Studienkennzahl
UA | 066 | 835 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1