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Migration und Integration im Spiegel der österreichischen Presse
eine kritische Diskursanalyse in der österreichischen Presse
"Kurier", "die Presse" und "der Standard"
Ramazan Koca
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Thomas Alfred Bauer
DOI
10.25365/thesis.5449
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29775.84522.134166-1
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Ich werde in meinen abschießenden Betrachtungen versuchen die eingangs formulierten
Hypothesen zu verifizieren oder gegebenfalls zu falsifizieren.
Migration und Integration sind zweifelsohne ein gesellschaftliche Frage mit denen sich die
Onlinemedien im Verlauf der Untersuchung mit einer starken Kontinuität gewidmet haben.
Zwar gab es bei den unterschiedlichen Onlinemedien durchaus Unterschiede in der
Frequenz der Berichterstattung, jedoch hat dies oft auch mit der Gesamtgestaltung der
Medien und dem Informationsangebot im Allgemeinen, das sie zu bieten haben, zu tun.
Dies deutet darauf hin, dass dieses Thema von vielen Menschen verfolgt wird und als ein
wichtige sozialpolitische Agenda ist
Es stellte sich heraus, dass der linksliberale Standard bevorzugt, über das Thema
berichtet, vor allem im Ressort Panorama. Bei der Presse, die die nächst höhere Frequenz
und Sichte an Berichterstattung zum Thema anbot, erfolgte die Berichterstattung ebenfalls
im Ressort „Panorama“, Im Kurier wurde am meisten in der „Chronik“ darüber berichtet.
Dahinter folgte bei allen drei Medien zumeist das Ressort „Innenpolitik“.
Obwohl das Thema, sowohl politische, soziale und auch ökonomische Aspekte beinhaltet,
scheint es jedoch nicht ressortabhängig behandelt zu werden, sondern im Interesse von
bestimmten Redaktionsgruppen zu liegen, darauf deutet die obige Analyse der
Ressortverteilung hin.
Migration und Integration wird im Kontext der Berichterstattung über die Innenpolitik
beschrieben. Da seit dem Schengener Abkommen aber eine höhere Mobilität im
europäischen Raum der Mitgliedsländer möglich ist und im Sinn einer
gesamteuropäischen Problemstellung deshalb auch eine gesamteuropäische Lösung
angestrebt werden soll. Es gibt zwar schon den Blick auf die anderen europäischen
Länder, aber die Situation der Länder, aus denen die Migranten bzw. Migrantinnen
kommen wird, meist nicht geschildert.
In allen drei beschriebenen Medien wird das Thema auf sachliche und
informationsorientierte Art behandelt. Diese Objektivität im Stil der Berichterstattung, findet
sich aber in der Themenauswahl nicht. Migranten bzw. Migrantinnen selbst kommen kaum
zu Wort, es sei denn in der politischen Polemik. Es scheint fast als ob eine über die Köpfe
der Migrantinnen bzw. Migranten hinweg, das Thema das sie wohl am meisten betrifft und
mittels staatlilcher Instrumente eingefordert wird, verhandelt wird. Es diskutieren die
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Integrierten über die zu – Integrierenden. Dadurch gehen wichtige Einflüsse und
Anregungen verloren, das Thema wird einseitig durchdacht und Lösungen erfunden, die
sich nicht im Alltag der Zu- Integrierenden verankern lassen.
Erstaunlicherweise berichtet vor allem der Kurier über die wirtschaftsrelevanten Aspekte
von Integration und Migration und nicht die konservativ – liberale Presse. Migration und
Integration sind Wirtschaftsfaktoren. Migranten bzw. Migrantinnen eine nicht zu
unterschätzendes wirtschaftliches Potential. Migration und Integration kostet. Maßnahmen
die ergriffen werden schaffen Arbeitsplätze und helfen den Migranten bzw. Migrantinnen
sich in Österreich zu orientieren und durch Wertschöpfung zum wirtschaftlichen Wachstum
und dem internationalen Handel beizutragen. Außerdem stellen sie ein kulturelles Gut da,
das Österreich nach außen hin zu öffnen vermag, insofern dies politisch gewollt und
ermöglicht wird.
Bildung ist für den Wirtschaftsstandort Österreich von enormer Bedeutung und dazu fehlt
es nicht an Lippenbekenntnissen. Jenseits der Floskel spielt diese Frage eine große Rolle,
auch in wirtschaftlichen Zusammenhängen. Forderte die Wirtschaft eins ungelernte
Arbeitskräfte und holte diese dann auch über politische Einflussnahme ins Land, so giert
sie nun nach bestens ausgebildeten Schlüsselkräften. Damit für diese jedoch Österreich
ein attraktives Land wird, ist gerade ein multikulturelles Ambiente notwendig. Sonst wird
selbst der bestgebildetste immer nur ein Ausländer bzw. eine Ausländerin bleiben.
Seltsamerweise sind es nicht die anerkannten Qualitätszeitungen Standard und Presse,
die am meisten über Maßnahmen zur Förderung der Integration berichten, sondern das
Mid-Market-Paper Kurier. Integration scheint ein Feuilletonthema zu sein, über das sich
Jedermann und -frau auslässt. Konkrete Maßnahmen, Berichte über gelungene Integration
und erfolgreiche Migranten bzw. Migrantinnen kann man lange suchen. Was bleibt ist ein
ernüchternder Blick auf ein scheinbar zum Scheitern verurteiltes Projekt, das sich
„Multikulti“ schimpft. Ob zu diesem Zeitpunkt eine derartig desillusionierte
Berichterstattung angebracht ist sei dahingestellt. Es mag sein, dass die Konzepte der
Vergangenheit wenig fruchteten oder wie das Prinzip nachdem die „Gastarbeiter“ bzw.
„Gastarbeiterinnen ins Land geholt wurden in die falsche Richtung führten.
Allein durch die Tatsache, dass es eine eigene Version des Standards genannt „die
Standard“, für Frauen gibt, drängt die Vermutung auf, dass dort vielleicht vermehrt über
frauenspezifische Aspekte der Migration berichtet wird. Die Anzahl der Artikel, die jedoch
dort veröffentlicht wurden, ist nicht sehr hoch. Zwar war das meiste was zu
frauenspezifischen Aspekten geschrieben wurde im Standard zu finden, jedoch auf den
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Seiten des „Panoramas“. Dahinter folgte mit kleinem Abstand der „Kurier“ und weit
abgeschlagen die Presse,
Migration ist auch eine Frage der inneren Sicherheit des Staates. Die konservativ - liberale
„Presse“ äußerte sich am stärksten im Verhältnis zu den absoluten Zahlen zum Thema
„Kriminalität“ in Zusammenhang mit Migration und Integration, der Kurier am meisten zum
Thema „Sicherheit“
Die Kommunikationswissenschaft äußert sich positiv zu den Möglichkeiten der Integration
die Medien bieten können. Ich ging davon aus, dass das Angebot der Onlineplattformen
deshalb ein Medienangebot, das spezifisch auf Migranten bzw. Migrantinnen ausgerichtet
anbietet oder zumindest deren Situation reflektiert, Dies ist bedauerlicherweise nicht der
Fall.
Die öffentliche Diskussion um Migration und Integration heizt sich an Themen der
kulturellen Differenz auf. Kultur spielte tatsächlich eine eher untergeordnete Rolle. Im
Verhältnis berichtete die Zeitungen sogar über Rassismus am meisten, was meines
Erachtens eine Art Gegenkultur darstellt. Religion war selbstredend ebenfalls ein
umstrittenes Thema. Meine Annahme war dass Manche Themen haben vor gewissen
Ereignissen, wie beispielsweise Wahlen, besondere Konjunktur haben, weil Akteure des
öffentlichen Lebens versuchen, durch Diskurse und Themen sich zu etablieren und/oder
sich zu profilieren. Das trifft im Fall der Nationalratswahl auch zu. Österreichs Wahlkämpfe
waren so genannte „Ausländerwahlkämpfe“ oder wurden zu solchen gemacht. Besonders
verfolgenswert fand ich die Konjunktur des Begriffes „Kulturdelikt“. Ihm war nur ein kurzes
Aufblühen vergönnt. „Kopftuch“ und „Minarett“ erfreuten sich einer großen Beliebtheit. Das
Kopftuchthema wurde mit Blick auf andere europäische Länder reflektiert, und daneben
auch die Türkei. Da es ein Symbol ist, dass für jedermann und -frau ersichtlich die
Zugehörigkeit zu einem Kulturkreis dokumentiert, ist es über Monate hinweg immer wieder
in den Medien präsent. Die Interviews ergaben, dass Personen, die über eigene
Erfahrungen mit Migrations- und Integrationsphänomenen verfügen der Berichterstattung
kritisch gegenüberstehen. Man soll nicht alles glauben, was man sieht, liest oder hört, war
der übereinstimmende Tenor.
Erstaunlich ist, dass Personen, die eigene Erfahrungen mit Migrationsphänomenen haben,
kaum klar Integration zu definieren vermögen. Das deutet vage darauf hin, dass auch die
gesamtgesellschaftlichen Diskurse wenig von der Klarheit der wissenschaftlichen
Aussagen beinhalten, die im theoretischen Teil überblicksweise geboten werden. Es
scheint, als ob viel Wind um ein Thema gemacht wird, ohne dass die Akteure wissen
worauf sie hinaus wollen
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Sprache ist sehr wichtig um nicht im fremden Land, wie auf einer Insel zu leben. Die
Erstsprache ist dabei ein wichtiges Fahrzeug zum Erwerb aller anderen Sprachen. Dies
wird auch durch die Alltagserfahrung der meisten Interviewten reflektiert.
Das Thema Migration wirft allein von der Seite der Medien aus betrachtet, mehr Fragen
auf als es beantwortet, und die Diskussion reflektiert kaum, die Vielfalt der theoretischen
Ansätze die dazu geboten werden. Abschließen möchte ich mit einer Einsicht, die einer
meiner Interviewpartner nicht müde wurde zu wiederholen. Es handelt sich um einen
Prozess. Dieser kann über Generationen hinweg dauern und ist eine wichtige und
wertvolle Erfahrung, falls die Möglichkeiten nicht nur von politischer sondern auch von der
medialen Ebene geboten werden. Integration bedeutet, dass ein „Wir“ entsteht, und das ist
nur möglich, sich „Ich“ und „Ich“ in Freundschaft gegenüberstehen.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Migration Integration Diskursanalyse die österreichische Presse
Autor*innen
Ramazan Koca
Haupttitel (Deutsch)
Migration und Integration im Spiegel der österreichischen Presse
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine kritische Diskursanalyse in der österreichischen Presse
"Kurier", "die Presse" und "der Standard"
Publikationsjahr
2009
Umfangsangabe
189 S. : graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Thomas Alfred Bauer
AC Nummer
AC07695420
Utheses ID
4880
Studienkennzahl
UA | 301 | 295 | |