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Sachwalterrecht und Einwilligung zur Heilbehandlung beim nicht voll einsichts- und urteilsfähigen Patienten
Sophie Theresa Hommer
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Doktoratsstudium Rechtswissenschaften
Betreuer*in
Jürgen Wallner
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.55806
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-10720.14942.421161-4
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Bedingt durch die Veränderungen und immer weiter fortschreitenden Erkenntnisse in der medizinischen Wissenschaft aber auch die verbesserten Lebensbedingungen, unter denen wir heute zu leben haben, ist ein immer weiter zunehmender Anstieg der Bevölkerungsdichte aber auch ein Anstieg der individuellen Lebenserwartung festzustellen. Selbstverständlich bereitet eine solche Entwicklung primär Freude und ist zu begrüßen, dennoch dürfen dabei nicht die negativen bzw erschwerenden Folgen außer Acht gelassen werden, die damit gezwungenermaßen ebenfalls einhergehen. Steigende Lebenserwartung heißt nicht gleichzeitig auch „gesundes Altern“. Während mit Einbußen der Beweglichkeit oder einzelner Sinnesorgane noch wesentlich „leichter“ zurechtzukommen ist, so gestaltet sich ein Umgang mit Defiziten der kognitiven Fähigkeiten als weitaus schwieriger. Dies sowohl für die Betroffenen selbst, als auch die dadurch betroffenen Familienangehörigen und sonstigen involvierten Personen. Daneben ermöglichen die wissenschaftlichen Errungenschaften kranken Menschen, die an einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung leiden, mit diesen viel besser oder länger und mitunter sogar nahezu ohne Einschränkungen zu leben, als dies noch vor einigen Jahren der Fall war. Der Staat wird dadurch regelmäßig vor die Verpflichtung gestellt, geeignete Instrumente zu schaffen, die es auch dem betagten oder psychisch kranken/geistig behinderten Menschen erlauben, trotz oder gerade wegen zunehmenden Alters oder einer Erkrankung ein Leben den eigenen Vorstellungen entsprechend zu gestalten. Die Wahrung der Selbstbestimmung und damit der menschlichen Würde ist somit oberstes Ziel eines jeden Gesetzgebers. Gesundheitsangelegenheiten stellen dabei einen besonders sensiblen Bereich dar, da sie in der Regel mit Entscheidungen verbunden sind, für die es keine allgemeingültige Lösung gibt und die jeder Mensch individuell entsprechend seiner Werte und Anschauungen zu treffen hat. In diesem Zusammenhang kann es mitunter schwierig sein, dem Einzelnen seine Entscheidungsfindung selbst zu überlassen, wenn er nicht mehr über die dafür erforderliche Einsichtsfähigkeit verfügt. Aufgabe des Gesetzgebers ist es dabei, Instrumente und Institute zu schaffen, die es einerseits dem behandelnden Arzt ermöglichen, die individuelle Einsichtsfähigkeit möglichst effizient und rasch zu beurteilen, damit er den weiteren Behandlungsverlauf danach ausrichten kann. Andererseits ist auf ein Mitwirken des Patienten selbst an Entscheidungen zu Maßnahmen und Behandlungen, die ihn betreffen, so lange als möglich hinzuwirken. Da grundsätzlich jede Einwilligung zu einer Heilbehandlung nur vom Patienten selbst erfolgen kann, hat auch das der Einwilligung zwingend vorangehende ärztliche Aufklärungsgespräch mit dem Patienten selbst stattzufinden. Eine solche Vorgehensweise kann gerade bei entscheidungsunfähigen Patienten mitunter schwierig sein, da sie gerade nicht über die Fähigkeiten verfügen, ihre gesundheitliche Situation und die Tragweite einer Entscheidung zu überblicken. Der Arzt hat jedoch die Verpflichtung den Patienten soweit als möglich an dessen Aufklärungsgespräch teilhaben zu lassen und in die Entscheidungsfindung einzubinden. Selbst eine stellvertretende Entscheidung hat sich stets am Wunsch des Patienten auszurichten und kann nur in sehr eingeschränkter Weise durch dessen Wohl begrenzt werden. Sowohl der Arzt als auch sonstige Vertreter haben dabei eine individuelle Entscheidung des Patienten zu achten und zu respektieren. In diesem Zusammenhang kann es zu Konflikten mit dem ärztlichen Fürsorgeprinzip kommen, das den behandelnden Arzt zu einer bestmöglichen Behandlung bzw Versorgung des Patienten anweist. Mit dem 2. Erwachsenenschutzgesetz soll das derzeit geltende Sachwalterrecht den jüngsten Entwicklungen und heutigen gesellschaftlichen Strukturen Rechnung tragen und dahingehend angepasst werden. Darüber hinaus soll die in der Vergangenheit immer wieder angezweifelte Konformität der österreichischen Rechtslage mit der UN-Behindertenrechtskonvention mit der Novelle endgültig aus dem Weg geräumt werden. Ziel des Gesetzes ist es, fremdbestimmte Entscheidungen auf das äußerst erforderliche Maß zu reduzieren und der individuellen Selbstbestimmung den Vorrang zu gewähren. Der Schutz der Persönlichkeit und Autonomie des Einzelnen soll in den Mittelpunkt gerückt und umfassend gestärkt werden. Ein gleichwertiges Miteinander aller Individuen – ob jung, alt, gesund oder krank – innerhalb der Gesellschaft ist das umfassende Ziel des Gesetzgebers.
Abstract
(Englisch)
The changes and the constantly growing knowledge in the field of medical sciences, as well as our improved living conditions induce both a progressive population growth, as well as a rise in individual life expectancy. Of course such developments primarily pose cause for joy, however, the negative and complicating consequences necessitated by the developments should not be ignored. Rising life expectancy does not necessarily equate with „healthy aging“. While decline in mobility or certain sensory organs can be dealt with more easily, managing deficiencies in cognitive capabilities is far more difficult. This is the case for both the afflicted person themself, as well as the affected family members or other involved persons. In comparison to years passed, scientific achievements enable persons suffering from mental illness or mental disability to deal more effectively and sustainably with their affliction, at times even making a life with close to no limitations possible. The state is regularly confronted with the obligation to create adequate instruments, helping older or mentally ill or disabled persons to lead a life fitting to their own expectations, in spite of their increased age or an illness. Therefore, every lawmaker's primary objective is the preservation of self-determination and human dignity. Health matters are an especially sensitive subject, as they are usually related to decisions for which there generally are no universally applicable solutions and which must be respectively resolved in accordance with individual values and opinions. In this regard, it can become difficult to concede the respective decision making process to every individual themself, if the individual in question no longer possesses the necessary mental capacities. The lawmaker's duty is, therefore, to create instruments and institutions which, on the one hand, enable the physician in charge to evaluate the individual mental capabilities as efficiently and quickly as possible, so that the physician can appropriately adjust further treatment. On the other hand, the patient's participation in the decision making process regarding health measures and treatments that affect him or her should be encouraged. 1 Since, in general, each approval of a certain treatment may only be given by the respective patient, a prior medical discussion with the patient is mandatory. Such an approach can be particularly difficult with patients suffering from mental illness or mental disability, as they do not possess the capabilities to assess their medical situation or the implications of their decision. The physician is, however, obligated to include the patient as much as possible in the medical discussion and decision making process. Even a representative decision must be geared towards the preferences of the patient and can only very restrictively be limited by the patient's well-being. Both the doctor, as well as other representatives must mind and respect the patient's individual decision. This can conflict with the medical principle of care, which obligates the physician in charge to best possible treatment and care. The Second Adult Care Act is meant to adjust the current legislation on adult guardianship to reflect the most recent developments and social structure's. In addition, the Second Adult Care Act is supposed to erradicate prior doubts regarding the conformity of Austria's legislation with the UN Convention on Rights of Persons with Disability. The act's goal is to reduce other-directed decision making to the bare essential cases, while granting precedence to individual decision making. The focus is supposed to lie on preservation of personage and autonomy of the individual. An equivalent togetherness of all indivuals, no matter if young, old, healthy or sick, within society is the lawmaker's paramount goal.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
legal guardianship approval medical treatment self-determination medical discussion substitution
Schlagwörter
(Deutsch)
Sachwalterschaft Einwilligung Einsichtsfähigkeit ärztliche Heilbehandlung Selbstbestimmung ärztliche Aufklärung Stellvertretung
Autor*innen
Sophie Theresa Hommer
Haupttitel (Deutsch)
Sachwalterrecht und Einwilligung zur Heilbehandlung beim nicht voll einsichts- und urteilsfähigen Patienten
Publikationsjahr
2018
Umfangsangabe
XIII, 253 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Helmut Ofner ,
Gerhard Aigner
Klassifikationen
86 Recht > 86.18 Privatrecht: Allgemeines ,
86 Recht > 86.56 Gesundheitsrecht, Lebensmittelrecht
AC Nummer
AC15319029
Utheses ID
49313
Studienkennzahl
UA | 783 | 101 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1