Detailansicht

Pollinator shifts and floral evolution in Merianieae (Melastomataceae)
Agnes Dellinger
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Lebenswissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Doctor of Philosophy-Doktoratsstudium NAWI Bereich Lebenswissenschaften (Dissertationsgebiet: Biologie)
Betreuer*in
Jürg Schönenberger
Volltext herunterladen
Volltext in Browser öffnen
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-23063.10361.502459-9
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die enorme Blütendiversität der Angiospermen ist vor allem durch Selektion durch unterschiedliche Bestäuber entstanden. Gewisse Merkmalskombinationen (Bestäubungssyndrome) treten häufig in Verbindung mit bestimmten funktionellen Bestäubergruppen auf und repräsentieren vermutlich konvergente Anpassungen an diese Bestäubergruppen. Wechsel zwischen Bestäubergruppen (z.B. von Bienen zu Kolibris) gehen Hand in Hand mit einer Veränderung der Selektionsdrücke auf Blüten und führen zur Entstehung unterschiedlicher Blüten. Selektion durch Bestäuber wirkt aber nicht zwangsläufig auf alle Blütenmerkmale gleich. Merkmale wie Duft, Farbe oder Blütengröße, die vor allem der Bestäuberanlockung dienen, unterliegen aller Wahrscheinlichkeit nach anderen Selektionsdrücken als Merkmale, die den optimalen Pollentransfer (Passform mit dem Bestäuber) gewährleisten. Um zu verstehen, wie Selektion Blütenvielfalt, die Funktion von Blütenorganen und die Evolution der Blütenpflanzen im Allgemeinen beeinflusst, ist der Vergleich nah verwandter Pflanzenarten, die Bestäuber gewechselt haben, besonders aufschlussreich. Nichtsdestotrotz gibt es nur relativ wenige Pflanzengruppen, wo der Einfluss von Bestäuberwechseln und Blütenevolution auf makroevolutiver Ebene getestet wurde. Ziel meines Dissertationsprojekts war eine grundlegende blüten- und bestäubungsbiologische Charakterisierung der Tribus Merianieae (Melastomataceae), die im Weiteren als Modellsystem für Forschung zu Bestäuberwechseln dienen kann. Merianieae kommen in den Neotropen vor und sind im tropischen Teil der Anden am häufigsten. Etwa 98% der Arten dieser Familie werden durch Bienen vibrationsbestäubt (buzz-pollinated), doch in der Literatur finden sich auch einzelne Hinweise auf Bestäuberwechsel zu Vertebraten. Um Bestäubungssyndrome in Merianieae zu charakterisieren, verband ich umfassende Feldarbeiten in Ekuador und Costa Rica mit einer detaillierten morphologischen und strukturellen Aufarbeitung von Blütenmaterial von 61 Arten sowie multivariaten statistischen Methoden. Gemeinsam mit meinen Kooperationspartnern Darin Penneys und Fabián Michelangeli erarbeitete ich eine Phylogenie für Merianieae, die es mir erlaubte, Bestäuberwechsel und die Veränderung von Blütenmerkmalen in einen evolutionären Kontext zu setzen. Vibrationsbestäubung durch Bienen ist das ursprüngliche und am weitesten verbreitete Bestäubungssystem in den Merianieae und ist durch Pollen als Bestäuberbelohnung sowie Pollenfreisetzung durch Vibrationen gekennzeichnet. Mehrere unabhängige Wechsel von Bienen zu zwei Vertebratenbestäubungssyndromen haben bei Merianieae stattgefunden. Ich habe ein neues gemischtes Vertebratenbestäubungssyndrom beschrieben, in dem jede Art von je einer tag- und einer nachtaktiven funktionellen Bestäubergruppe besucht wird (z.B. Kolibris und Fledermäuse oder Kolibris und Mäuse). Als Bestäuberbelohnung ist Nektar entstanden und einer neuer Mechanismus der Pollenfreisetzung hat sich entwickelt, den ich „Salzstreuermechanismus“ genannt habe. Das zweite neue Bestäubungssyndrom ist ein Sperlingsvogelsyndrom mit einem komplexen Blasebalgmechanismus zur Pollenfreisetzung und einer damit zusammenhängenden Bestäuberbelohnung, Futterkörperchen, die von den Staubblättern gebildet werden. Des Weiteren konnte ich zeigen, dass Blütenevolution in Merianieae durch die koordinierte Veränderung von Blütenmerkmalen passiert, die eine gemeinsame Funktion im Bestäubungsprozess übernehmen (Module). Dies hat auch über verschiedene Organkategorien hinweg Bestand. Die optimale Passform zwischen Blüte und Bestäuber wurde offensichtlich in jedem Syndrom durch eine Veränderung dieser funktionellen Module erreicht. Ich stelle die Hypothese auf, dass die hohe Unabhängigkeit dieser funktionellen Module bei den bienenbestäubten Merianieae ihr Schlüssel zum evolutionären Erfolg war. Die Möglichkeit zur relativ unabhängigen Veränderung funktioneller Module untereinander könnte die Anpassungsfähigkeit an leicht unterschiedliche Selektionsdrücke deutlich erhöhen. Entsprechend unterschiedliche Selektionsdrücke sind aufgrund der hohen Diversität an Bienen, die Vibrationsbestäubung durchführen können, zu erwarten, und könnten zu dem sehr diversen „Anpassungsplateau“ (adaptive plateau) der Bienenbestäubten beigetragen haben. Meine Ergebnisse zeigen die Notwendigkeit und den wissenschaftlichen Wert von grundlegender, beschreibender Feldarbeit, vor allem in den nach wie vor unzureichend untersuchten Biodiversitätshotspots der Welt wie beispielsweise den tropischen Anden. Ich habe unteranderem Mäusebestäubung in Merianieae entdeckt, die außerhalb von Südafrika bislang nur sehr selten dokumentiert wurde. Mäusebestäubte Merianieae produzieren spezielle Duftstoffe, die sonst nur von einer südafrikanischen elefanenspitzmausbestäubten Pflanze aus einer andern Ordnung (Malvales, im Gegensatz zu Myrtales, zu denen Melastomataceae gehören) bekannt sind. Diese Entdeckung eröffnet neue Fragen über konvergente Evolution von Duftstoffen, die in der Kommunikation zwischen Pflanzen und Säugetieren bedeutend sind. Dokumentarische Feldarbeit wie in diesem Projekt schafft die Grundlage zur Entwicklung neuer Ideen, Hypothesen und Konzepte für zukünftige Forschungsfragen und den Naturschutz.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Bestäubungsbiologie Bestäubungssyndrome Anden Lateinamerika Phylogenie Morphometrie Landmarks
Autor*innen
Agnes Dellinger
Haupttitel (Englisch)
Pollinator shifts and floral evolution in Merianieae (Melastomataceae)
Paralleltitel (Deutsch)
Bestäuberwechsel und Blütenevolution in Merianieae (Melastomataceae)
Publikationsjahr
2018
Umfangsangabe
183 Seiten : Illustrationen
Sprache
Englisch
Beurteiler*innen
Stacey Smith ,
Mario Vallejo-Marin
Klassifikationen
42 Biologie > 42.21 Evolution ,
42 Biologie > 42.42 Fortpflanzung, Entwicklung ,
42 Biologie > 42.56 Angiospermae ,
42 Biologie > 42.97 Ökologie: Sonstiges
AC Nummer
AC15279952
Utheses ID
49418
Studienkennzahl
UA | 794 | 685 | 437 |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1