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Der positive Bezug auf Israel von Rechtsextremen in Deutschland und Österreich im Verhältnis zum Antisemitismus
Nikolai Schreiter
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Politikwissenschaft
Betreuer*in
Oliver Marchart
DOI
10.25365/thesis.56527
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-22749.84301.781565-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Seit 2010 ist in Teilen der deutschen und österreichischen extremen Rechten, insbesondere in den Parteien FPÖ und AfD, ein positiver Bezug auf Israel zu beobachten. Dies ist erstaunlich, weil die Israelfeindschaft dort lange fast die einzige Position zu Israel und, wie die Arbeit zeigt, ein Ausdruck des Antisemitismus war. Deshalb werden die Grundlagen der Kritischen Theorie des Antisemitismus und im Anschluss seltene positive Bezugnahmen auf Israel bzw. den Zionismus im 20. Jahrhundert von extrem rechten AkteurInnen dargestellt, die ebenfalls auf dem Antisemitismus fußten. Sodann wird gezeigt, welche Rolle Antisemitismus heute in AfD und FPÖ spielt und wie sich ihre Positionen zu Israel verändert haben. Kurz wird auf ähnliche Phänomene außerhalb dieser beiden Parteien eingegangen.
Die Arbeit fährt fort, zu zeigen, dass es bisher keine schlüssigen Erklärungen für diesen proisraelischen Wandel in Teilen der extremen Rechten gibt und führt deshalb das Konzept der Identifizierung mit dem Angreifer nach Anna Freud ein. Auf dieser Basis wird gezeigt, dass das Bild dieser Rechtsextremen von Israel doppelt charakterisiert ist: einerseits steht Israel für den ‚Juden unter den Staaten‘, dem auf antisemitischer Grundlage Autorität zugeschrieben wird, andererseits repräsentiert Israel den ‚Ausnahmejuden‘, der nur vermeintlich vom Antisemitismus ausgenommen ist. Diese Kombination ermöglicht den Rechten, wie gezeigt wird, sich mit Israel, dessen Rüge für ihren Antisemitismus sie fürchten, zu identifizieren, das Urteil über die Israelfeindschaft zu übernehmen und gleichzeitig ihre unbewusste Schuld am Antisemitismus auf andere, insbesondere auf selbst häufig, aber nicht immer antisemitische und Israel kritisierende Linke und MuslimInnen zu projizieren. Die Identifizierung wird dann anhand von vier Themenfeldern, innerhalb derer VertreterInnen der Parteien sich positiv auf Israel bezogen haben, exemplifiziert. Hierbei wird gezeigt, wie die Identifizierung mit Israel, das gleichzeitig für das Opfer, als das sie sich ebenfalls sehen und die wehrhafte Nation steht, die sie selbst sein möchten, das Gedenken an die Shoa als Hindernis für positiven Bezug auf die deutsche Nation verdrängt und den Antisemitismus verharmlost, weil jede tatsächliche oder vermeintliche Bedrohung, der sie sich ausgesetzt sehen, mit ihm gleichgesetzt wird.
Abschließend werden Implikationen der Analyse für Israel selbst, für die Kritik des Antisemitismus, des Rechtsextremismus und die materialistische Israelsolidarität diskutiert und argumentiert, dass es unwahrscheinlich ist, dass sich über die Identifizierung ein fundierter Begriff von Antisemitismus in Teilen der extremen Rechten etablieren könnte.
Abstract
(Englisch)
Since 2010, in parts of the German and Austrian extreme right, especially in the parties of AfD and FPÖ, a positive stance towards Israel can be observed. This is astonishing, because for a long time the enmity against Israel was almost the only position they took towards the Jewish State. It was, as is shown, an expression of antisemitism. Therefore, the foundations of Critical Theory of antisemitism (based on the so-called Frankfurt School) are outlined, followed by rare exceptions of positive references to Israel and Zionism from the extreme right in the 20th century. These exceptions were based on antisemitism, too. Hereafter, today’s role of antisemitism in AfD and FPÖ and the change of their positions towards Israel are depicted and a brief overview over similar phenomena beyond these parties is given.
The thesis goes on showing that up to date, there are no convincing explanations for this pro- Israel turn in the extreme right and hence introduces the concept of Identification with the Aggressor developed by Anna Freud. On this basis, the doubly characterized image these right-wing extremists have of Israel is analyzed: on the one hand, Israel stands for the ‘Jew among the nations’ and as such is attributed authority and power on the basis of antisemitism, on the other hand it represents the ‘excepted Jew’ who only supposedly is excepted from antisemitism. This combination, as is shown, allows the extreme rightists to identify with Israel, whose rebuke for their antisemitism they fear. Simultaneously, they project their unconscious guilt of antisemitism onto others like Muslims and leftists who are often, but not always themselves antisemitic and antizionist. In what follows, the identification is exemplified by reference to four topics in which representatives of AfD and FPÖ made positive comments about Israel. Herein it is shown how the identification with Israel, which simultaneously stands for the victim the rightists see themselves as, too and the protective nation they want to be, represses the remembrance of the Shoa as an obstacle for the positive reference to the German Nation and downplays antisemitism, because every real or perceived threat they see themselves facing is equated to it.
Finally, implications of the accomplished analysis for Israel itself, for the critique of antisemitism, right-wing extremism and materialist solidarity with Israel are discussed and it is argued why it is unlikely, that through the identification a well-founded notion of antisemitism could be established in parts of the extreme right.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
AfD FPÖ antisemitism right-wing extremism psychoanalysis critical theory identification with the aggressor
Schlagwörter
(Deutsch)
AfD FPÖ Antisemitismus Rechtsextremismus Psychoanalyse Kritische Theorie Identifizierung mit dem Angreifer
Autor*innen
Nikolai Schreiter
Haupttitel (Deutsch)
Der positive Bezug auf Israel von Rechtsextremen in Deutschland und Österreich im Verhältnis zum Antisemitismus
Publikationsjahr
2018
Umfangsangabe
107 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Oliver Marchart
Klassifikationen
89 Politologie > 89.03 Theorie und Methoden der Politologie ,
89 Politologie > 89.05 Politische Theorie ,
89 Politologie > 89.22 Nationalismus ,
89 Politologie > 89.52 Politische Psychologie, Politische Soziologie ,
89 Politologie > 89.61 Politische Parteien ,
89 Politologie > 89.70 Internationale Beziehungen: Allgemeines ,
89 Politologie > 89.90 Außenpolitik, Internationale Politik ,
89 Politologie > 89.94 Internationale Beziehungen: Sonstiges
AC Nummer
AC15348300
Utheses ID
49933
Studienkennzahl
UA | 066 | 824 | |