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Zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus
der Deutsche Orden in der Tschechoslowakei 1945-1952
Jakub Jirovec
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Katholisch-Theologische Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Doktoratsstudium der Katholischen Theologie (Dissertationsgebiet: Katholische Fachtheologie)
Betreuer*in
Thomas Prügl
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.57227
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-17293.20912.842962-5
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die böhmische Brüderprovinz des Deutschen Ordens hatte in den Jahren des Zweiten Weltkrieges sowie in den ersten Jahren der kommunistischen Herrschaft in der Tschechoslowakei mit erheblichen Anfeindungen und Schwierigkeiten seitens der staatlichen Autoritäten zu leben. Die Dissertation will den Kampf des Ordens für seine Rechte und um die Aufrechterhaltung seiner pastoralen und karitativen Aktivitäten, aber auch seine Beziehungen zu den jeweiligen Machthabern aufgrund des erhaltenen Quellenmaterials erstmals kritisch erheben und würdigen. Nachdem sich der Deutsche Orden nach dem Ende des Ersten Weltkriegs als geistliches Priesterinstitut neu gegründet und seine Struktur als Ritterorden aufgegeben hatte, entfaltete er in der Tschechoslowakei in den Jahren von 1918 bis 1938 ein reiches seelsorgerliches und karitativ-kulturelles Wirken. Nach der Besetzung der sudetendeutschen Gebiete durch Nazi-Deutschland im Herbst 1938 wurde der Orden aufgrund seiner Loyalität zum tschechoslowakischen Staat als verdächtig angesehen. Allen Versuchen des Hochmeisters, den Orden zu retten, zum Trotz wurde dieser im Frühjahr 1939 von den Nazis aufgehoben und sein Besitz wurde konfisziert. Ein Neuanfang nach dem Krieg scheiterte zunächst vor allem wegen der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei. Darüber hinaus hatte das Landwirtschaftsministerium bereits begonnen, den Ordensbesitz mit Hinweis auf die Dekrete des Staatspräsidenten erneut zu konfiszieren. Nach der Machtübernahme der Kommunisten im Februar 1948 wurde der Deutsche Orden (zusammen mit den Jesuiten) innerhalb der katholischen Kirche zum Hauptfeind des neuen Regimes erklärt, obwohl er sich in dieser Zeit ohnehin in einem desolaten Zustand befand. Die gewaltsame Auflösung aller katholischen Orden in der Tschechoslowakei durch die Kommunisten im Jahr 1950 und der große Schauprozess gegen den Deutschen Orden (1952) bedeuteten das definitive Ende des Ordens auf seinem traditionellen Gebiet. Im zweiten Kapitel wird die Rolle des Deutschen Ordens im Rahmen des sudetendeutschen Katholizismus erschlossen; in diesem Zusammenhang wird seine Stellung zum aufgehenden „neuen“ Nationalismus nach 1933 untersucht. Die Haltung des Deutschen Ordens in jenen Jahren wird für die Wahrnehmung des Ordens durch die Nationalsozialisten und später auch für die Diskussion über die angebliche Kollaboration der Ordensleitung und des ganzen Ordens nach dem Krieg eine Schlüsselrolle spielen. Weiter behandelt das Kapitel die Auflösung des Ordens durch den Stillhaltekommissar im Februar 1939, den Kampf des Hochmeisters um die Rettung des Ordens und den Widerstand einiger Ordensbrüder in der Kriegszeit (P. Walhter Horny, P. Heribert Kluger). Das dritte Kapitel untersucht die Geschichte der Ordensprovinz in der befreiten Tschechoslowakei nach 1945. Den „politischen Rahmen“ stellt die Frage des Besitzes der „deutschen“ Ordensgemeinschaften und seine Nationalverwaltung bzw. Enteignung dar, um die in der Regierung ein heftiger Kampf entflammte. Für eine Konfiskation auf der Grundlage der Dekrete des Staatspräsidenten bemühte sich vor allem das (kommunistische) Landwirtschaftsministerium; der Orden wurde von der Volkspartei, vom Ordinariat in Olmütz und von der Prager Internuntiatur unterstützt. Weitere Haupthemen des Kapitels sind: Die Vertreibung der deutschsprachigen Brüder und Schwestern, Internierung des Hochmeisters, die Zwangsverwaltung und die Politik des neuen Provinzials P. Stanislav Dostál. Das abschließende vierte Kapitel behandelt den Orden in der Tschechoslowakei in der Zeit nach der kommunistischen Machtübernahme (1948). Zunächst wird die Rolle des Deutschen Ordens in der kommunistischen Propaganda untersucht. Die Charakterisierung des Deutschen Ordens, gemeinsam mit den Jesuiten der kirchliche Hauptfeind des Regimes zu sein, mutet angesichts der nur zwei übrig gebliebenen Ordenspriester geradezu als bizarr an. Der Grund dafür mag darin liegen, dass der Orden gewissermaßen die drei „ewigen Feinde des tschechischen Volkes“, wie es die neue kommunistische Propaganda präsentierte, in sich verkörperte: die Kirche, die Deutschen und den Adel. Weiter skizziert das Kapitel den Schauprozess gegen den Weihbischof von Olmütz Stanislav Zela, der u.a. angeklagt wurde, dass er die Konfiskationen des Deutschordensbesitzes zu verhindern versuchte. Im Jahr 1952 fand schließlich der große Schauprozess gegen die Oberin der Deutschordensschwestern Sr. Antonia Wittek statt, dem der Hauptteil des Kapitels gewidmet ist. In diesem Prozess wurde auch der Familiarenpriester Jindřich Stuchlík zu 12 Jahren Kerker verurteilt.
Abstract
(Englisch)
The Czech province of the Teutonic Order was forced to live under significant enmities and difficulties from the side of the state authorities in the years of the Second World War and in the first years of the communist rule. The main goal of this doctoral thesis is for the first time to critically assess and appreciate this fight of the order for its rights, the preservation of its pastoral and charitable activities but also its relationship to the rulers of the time on the basis of surviving archive materials. After the end of the First World War, the Teutonic Order newly established itself as a priest institute and gave up its structure of knight order. In the Czechoslovakia, the order developed a rich spectrum of pastoral and charitable-cultural activities in the years 1918–1938. After the annexation of the Sudetenland by Nazi-Germany in autumn 1938, the order was considered to be suspicious because of its loyalty to the Czechoslovakia. All attempts of the Grand Master to save the order were in vain. In the beginning of the year 1939, the order was dissolved and its properties were confiscated. After the war, a new beginning failed mainly due to the expulsion of Germans from the Czechoslovakia. Moreover, the Ministry of Agriculture already started to confiscate the property of the order referring to the Decrees of the President of the Republic. When the communist came into power in February 1948, the Teutonic Order (together with the Jesuits) was declared main enemies within the Catholic Church, although the order was in desolate state anyway in the time. The violent dissolution of all catholic orders by the communists in the Czechoslovakia in 1950 and the big show trial against the Teutonic Order (1952) meant the definitive end of the order in its traditional area. In the second chapter, the role of the Teutonic Order in the context of Sudeten German Catholicism is examined; in this regard, its attitude to the rising “new” nationalism after 1933 is analysed. The stance of the Teutonic Order in this years will play a key role in the perception of the order by the national socialists and later also for the discussion about the alleged collaboration of the order leaders and the whole order after the war. The chapter deals also with the dissolution of the order by the Liquidation Commissar (Stillhaltekommissar) in February 1939, the fight of the Grand Master to save the order and the resistance of some brothers in the time of the war (Fr. Walter Horny, Fr. Heribert Kluger). The third chapter examines the history of the order province in the liberated Czechoslovakia after 1945. The question of the property ownership of the “German” order communities and their national administration or alternatively their expropriation presents the political context, which caused a major conflict in the government. The (communist) Ministry for Agriculture made primarily an effort to confiscate the properties on the basis of the Decrees of the President of the Republic. The order was supported by the People's Party, the Ordinary of Olomouc and by the inter-nunciature in Prague. Further main topics of the chapter are: the expulsion of the German-speaking brothers and sisters, the internment of the Grand Master, the forced administration and the policy of the new provincial Fr. Stanislav Dostál. The final fourth chapter is focused on the order in the Czechoslovakia in the time after the communists‘ coming into power (1948). The role of the Teutonic Order in the communist propaganda is explored subsequently. The characterization of the Teutonic Order, the ecclesiastical main enemy of the regime together with the Jesuits, seems directly bizarre, because there were just two remaining order priest. The possible reason for this can be that the order embodied in itself in a way the three “eternal enemies of the Czech people”, as the new communist propaganda put it: the Church, the Germans, the aristocracy. Than the chapter sketches the show process against the auxiliary bishop of Olomouc Stanislav Zela, who was, among others, accused that he tried to prevent the confiscations of the property of the Teutonic Order. In the year 1952, the great show process against the Mother Superior of the Teutonic Order sisters Sr. Antonia Wittek took finally place. The main part of the chapter deals with the process. In addition, Jindřich Stuchlík, a familiary priest, was also sentenced to 12 years in prison in this process.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Deutscher Orden Nationalsozialismus Kommunismus Konfiszierung Schauprozess
Autor*innen
Jakub Jirovec
Haupttitel (Deutsch)
Zwischen Nationalsozialismus und Kommunismus
Hauptuntertitel (Deutsch)
der Deutsche Orden in der Tschechoslowakei 1945-1952
Paralleltitel (Englisch)
Between national scialism and communism : the teutonic order in the Czechoslovakia 1945–1952
Publikationsjahr
2019
Umfangsangabe
301 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Rupert Klieber ,
Jörg Seiler
Klassifikation
11 Theologie > 11.50 Kirchengeschichte, Dogmengeschichte
AC Nummer
AC15476508
Utheses ID
50528
Studienkennzahl
UA | 780 | 011 | |
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