Detailansicht
Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe im Kontext von Co-Abhängigkeit
eine theologisch-ethische Auseinandersetzung
Roswitha Kaisler
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Katholisch-Theologische Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Doktoratsstudium der Katholischen Theologie (Dissertationsgebiet: Katholische Fachtheologie)
Betreuer*in
Sigrid Müller
DOI
10.25365/thesis.58110
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-13409.30011.970666-5
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Diese Arbeit greift unter dem breiten Spektrum der Abhängigkeitserkrankungen das Phänomen der Co-Abhängigkeit, der Mit-verstrickung der Angehörigen von nahestehenden Bezugspersonen mit einer Alkoholerkrankung auf. Ziel ist es, das in der Gesellschaft nicht ausreichend wahrgenommene Mit-gefangen-Sein im Suchtprozess eines Familienmitgliedes sichtbar zu machen und Wege aus dem Dilemma co-abhängigen Verhaltens zu entwickeln.
Im ersten Teil der Arbeit wird eine theoretische Grundlegung von Sucht/Abhängigkeit durchgeführt. Es werden Experten und Expertinnen vorgestellt, die sich mit dem Phänomen Co-Abhängigkeit auseinandergesetzt haben und deren Forschungsergebnisse näher dargestellt. Am Beginn der Forschung steht die Hauptthese, dass das Gottesbild co-abhängiger Personen negative Auswirkungen auf das Verbleiben in co-abhängigen Beziehungen hat. Ein weiterer wichtiger Aspekt dieses Forschungsprojektes besteht darin, den Zusammenhang von Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe im Kontext von Co-Abhängigkeit zu beforschen.
Im zweiten Teil der Arbeit wird anhand richtungsweisender Studien zur Bedeutung des Religiösen und Spirituellen der religiöse und spiriturelle Kontext von Abhängigkeit entfaltet. Daran anschließend werden methodologische Vorüberlegungen angestellt.
Die Methodologie der empirischen Untersuchungen in zwei ausgewählten Al-Anon Gruppen für Angehörige von Alkoholkranken wird im dritten Teil der Arbeit vorgestellt. Das Forschungsfeld „Co-Abhängigkeit“ wurde mittels eines ethnographischen, explorativen Zuganges erschlossen. Die Feldforschung erstreckte sich über ein Jahr lang. Für die im Feld erhobenen Daten wurde das Verfahren der Grounded Theory nach Glaser/Strauss (1967) und Corbin/Strauss (22006) herangezogen. Gegen Ende des Feldaufenthaltes konnten mittels narrativer Interviews Einblicke in den biographischen Hintergrund, in persönliche Deutungsstrukturen und Aufschlüsse über Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe bei co-abhängigen Personen gewonnen werden.
Im vierten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse aus der Begegnung mit der Realität der Co-Abhängigkeit dargestellt. Aus den generierten Daten aus der teilnehmenden Beobachtung in ausgewählten Al-Anon Gruppen und aus den narrativen Interviews wurden Schlüsselkategorien identifiziert und gedeutet. Ein anschließendes Expertengespräch mit einer klinischen Psychologin über die generierten Daten half, offene Fragestellungen einer Klärung zuzuführen. Die Ergebnisse aus der empirischen Forschung zeigen auf, dass Hoffnung, Liebe und der Glaube an eine Höhere Macht/Kraft/Gott gegeben sind. Aus den narrativen Interviews wird deutlich, dass die Ursprungsthese eines negativen Gottesbildes, das lebensförderliche Veränderungen verunmöglicht, nicht haltbar ist. Das Ungleichgewicht zwischen Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe ist der Schlüssel zum Verständnis. Diese Forschungsarbeit ist daher nicht länger in der Normenethik, sondern in der Könnensethik bzw. Ermöglichungsmoral zu verorten.
Wichtig erscheint es, co-abhängigen Personen folgende Erkenntnisschritte zu ermöglichen: den eigenen Beitrag zur Stabilisierung der belastenden Lebenssituation zu realisieren und Hilfe für die Veränderung hin zu einem positiven, lebensförderlichen Handeln an der alkoholkranken Bezugsperson und an sich selbst, anzunehmen. Die alles dominierende Hinwendung zum Partner bzw. zur Partnerin zeigt den Systemfehler auf, der im Miteinander der co-abhängigen Person mit der alkoholkranken Bezugsperson liegt. Für die Überwindung dieses Ungleichgewichtes ist die Ausbildung eines gesunden Verhältnisses zu sich selbst und zur nahestehenden alkoholkranken Person unabdingbar.
Wie dies gelingen kann, wird im fünften Teil ausgeführt, der einerseits einen Überblick über interdisziplinäre Lösungsansätze für Wege aus co-abhängigem Verhalten gibt und andererseits die aufgezeigte Blockade der Liebe theologisch-ethischen Beobachtungen und Reflexionen unterzieht.
Co-abhängigen Personen zu ermöglichen, selbst für lebensförderliche Veränderungen zu sorgen, fällt in den Bereich der pastoralen Ermöglichung. Im sechsten Teil der Arbeit wird eine mögliche pastorale Begleitung co-abhängiger Personen zu einem verantwortungsvollen Leben in Freiheit und Freude skizziert. Es werden die Kernfragen sowie die Herausforderungen für pastorales Handeln im Kontext von Co-Abhängigkeit erläutert, indem Anknüpfungspunkte aus den narrativen Interviews aufgegriffen und diskutiert werden. Die Arbeit schließt mit einem pastoraltheologischen Leitfaden für das Aufzeigen begehbarer, befreiender und lebensförderlicher Wege aus dem Dilemma co-abhängigen Verhaltens.
Abstract
(Englisch)
This work takes up among the wide range of addictive diseases the phenomenon of co-dependency, the co-entanglement of relatives of related caregivers with alcohol disease. The aim is to make visible the inadequately perceived co-perceived in society in the process of addiction of a family member and to develop ways out of the dilemma of co-dependent behaviour.
In the first part of the work a theoretical foundation of addiction/dependence is carried out. Experts are presented who have dealt with the phenomenon of co-dependency and whose research results are presented in more detail. At the beginning of the research the main thesis is that the image of God for co-dependent persons has a negative impact for staying in co-dependent relationships. Another important aspect of this research project is to investigate the connection between love of God, self-love and charity in the context of co-dependency.
In the second part of the work the religious and spiritual context of dependence is unfolded on the basis of pioneering studies on the importance of religion and spirituality. This is followed by methodological preliminary considerations.
The methodology of empirical examinations in two selected Al-Anon groups for relatives of alcohol sufferers is shown in the third part of the work. The field of research co-dependency was developed by means of an ethnographic, exploratory approach. Fieldwork spanned a year. For the data collected in the field, the Grounded Theory process was used according to Glaser/Strauss 1967 and Corbin/Strauss (22006). Towards the end of the field stay narrative interviews allowed insights into the biographical background, personal structures of interpretation and insights about love of God, self-love and charity in the case of co-dependent persons.
In the fourth part of the work the results from the encounter with the reality of co-dependency are discussed. Key categories were identified and interpreted from the data generated from the participating observation in selected Al-Anon groups and from the data generated in the narrative interviews. A subsequent expert discussion with a clinical psychologist about the data generated helped to clarify open questions. The results from empirical research show that hope, love, belief in a Higher Power/God is given in the case of co-dependent persons. It is clear from the narrative interviews that the origin thesis of a negative image of God which makes a change of living conditions impossible is no longer tenable due to the empirical results. The imbalance between love of God, self-love and charity is the key to understanding. The work is therefore no longer to be located in the ethics of norms but in the ethics of a possible morality. It seems important to enable co-dependent persons to make the following findings possible: to realize their own contribution to stabilizing the stressful living situation and to accept help for themselves and for their partners in order to find a positive and life-supporting acting. The all-dominant turn to the partner shows the system error which lies in the co-dependent person's coexistence with the alcoholic reference person. For overcoming this imbalance the formation of a healthy relationship with oneself and the related person with alcohol dependence is essential.
How this can be achieved is explained in the fifth part which on the one hand provides an overview of interdisciplinary solutions for ways of co-dependent behavior. On the other hand the blockade of love is investigated by theological-ethical observations and reflections.
Enabling co-dependent persons to make life changing is point of the realm of pastoral enabling. In the sixth part of the work a possible pastoral accompaniment of co-dependent persons into a responsible life of freedom and joy is outlined. The core questions as well as the challenges for pastoral action in the context of co-dependency are explained by taking up and discussing links from the narrative interviews. The work concludes with a pastoral theological guide to show walkable, liberating and life-enhancing paths from the dilemma of co-dependent behavior.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
phenomenon of co-dependency love of God self-love and charity ethics of a possible morality pastoral enabling
Schlagwörter
(Deutsch)
Co-Abhängigkeit Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe theologisch-ethische Auseinandersetzung pastoraler Leitfaden
Autor*innen
Roswitha Kaisler
Haupttitel (Deutsch)
Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe im Kontext von Co-Abhängigkeit
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine theologisch-ethische Auseinandersetzung
Publikationsjahr
2019
Umfangsangabe
334 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Gunter Prüller-Jagenteufel ,
Maria Elisabeth Aigner
Klassifikation
11 Theologie > 11.00 Theologie, Religionswissenschaft: Allgemeines
AC Nummer
AC15659116
Utheses ID
51317
Studienkennzahl
UA | 780 | 011 | |