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Ausdruck jenseits von Kommunikation
Arno Sterns "Malort" im Kontext kommunikationstheoretischer Ansätze
Claudia Steinlechner
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Betreuer*in
Thomas A. Bauer
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.5724
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-30036.67152.385263-4
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Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Arno Sterns Konzeption des ‚Malortes’ im Rahmen kommunikationswissenschaftlicher Ansätze zu kontextuieren. Insbesondere Sterns These von der Möglichkeit einer ‚nicht-kommunikativen Äußerung’ ist hierbei von Interesse. Sie ist kein theoretisches Konstrukt, sondern der Kern dessen, was im Malort beim Malen geschieht. Nachdem in den ersten beiden Abschnitten der Arbeit eine Einführung in Sterns ‚Malort’ und die in ihm stattfindende ‚Formulation’ – ein Malen jenseits von Erwartungen und Interpretationen, als dessen Konsequenz sich universale, kulturunabhängige Strukturen zeigen – gegeben worden ist, widmet sich der dritte Abschnitt den Fragen, was unter einer ‚nicht-kommunikativen Äußerung’ zu verstehen sein könnte, ob sie in der Praxis möglich ist und unter welchen Bedingungen sie erfolgen kann. Voraussetzung dafür ist eine möglichst treffende Charakterisierung von ‚Kommunikation’. Die Befragung einiger exemplarisch ausgewählter diesbezüglicher Ansätze (die ‚mathematische Theorie der Kommunikation’, der ‚symbolische Interaktionismus’, die ‚Theorie des kommunikativen Handelns’) ergibt, dass Kommunikation primär mit Botschaftsvermittlung zu tun hat und der Verständigung dient. Verständigung heißt, dass in sozialen Interaktionen Handelnde Interessen vertreten, wobei sie sich der Kommunikation bedienen. Vor diesem Hintergrund kann nun tatsächlich bestätigt werden, dass es sich bei den ‚Äußerungen’ in Sterns Malort um ‚nicht-kommunikative’ handelt: die dort gemalten Bilder dienen nicht der Botschaftsvermittlung und stehen nicht im Dienst von Interessen, die über das unmittelbare Geschehen selbst – das Malen als Prozess – hinausgehen. Überhaupt zeigt sich, dass Bildern an sich keine Botschaften innewohnen. Sie sind nur dann Medien, wenn über sie Bedeutungen transportiert werden, die von außen an sie herangetragen werden. In diesem Sinne kann die Verwirklichung ‚nicht-kommunikativer Äußerung’ nur darin bestehen, wenn alles, was von außen an das Bild herangetragen zu werden pflegt – Botschaften, Erwartungen, Interpretationen –, fallengelassen wird. In einem Loslassen von allem Angelernten und einem Akt der Hingabe an die aus dem ‚Eigenen’ kommenden Impulse kann sich etwas zeigen, was jenseits von kommunikativen Funktionalisierungen liegt. Die hierin zum Ausdruck kommende Haltung, alles Angelernte – Theorien, Konzepte – fallenzulassen, um zum Malen selbst als einem sich selbst genügenden Prozess zu gelangen, kann als ‚phänomenologisch’ bezeichnet werden. Der vierte Abschnitt widmet sich der Frage, worin die praktische Bedeutung einer solchen ‚nicht-kommunikativen Äußerung’ liegt. Unter Heranziehung des theoretischen Rahmens von Hans Magnus Enzensbergers ‚Baukasten zu einer Theorie der Medien’ zeigt sich, dass Sterns Malort in mancher Hinsicht emanzipatorisches Potenzial innewohnt, indem er für die in ihm Malenden den geeigneten Rahmen bietet, aus einer oft anerzogenen Passivität in eine selbstbestimmte, den eigenen Impulsen vertrauende Haltung hineinzufinden. Bedingung für eine solche Entwicklung ist die Befreiung der Äußerung von den kommunikativen Funktionen, die ihr sonst üblicherweise innewohnt. Die Arbeit zeigt am Beispiel von Sterns Malort auf, dass Ausdruck etwas ist, das auch jenseits von Kommunikation liegende Aspekte aufweist, auf deren Existenz und Pflege in unserer ‚Kommunikationsgesellschaft’ im Sinne eines heilsamen Ausgleichs nicht vergessen werden sollte.
Abstract
(Englisch)
The aim of this study is to analyze Arno Stern’s concept of the so-called ‘Malort’ (Closlieu) on the basis of communication studies. Of particular interest is Stern’s thesis of a ‘non-communicative expression’, which is not simple theory, but an explanation for what is happening at the Malort during the painting process. The first two chapters give an introduction to Stern’s Malort and what he calls ‘Formulation’ – painting which is liberated from any expectations and interpretations and consequently unrestricted and culturally independent. The third chapter deals with the following questions: what are non-communicative expressions? Do they exist and – if yes – in what context? In order to answer these questions communication first needs to be defined. According to a number of selected works (‘Mathematical Theory of Communication’, ‘Symbolic Interactionism’, ‘Theory of Communicative Action’) the main purpose of communication is passing on messages and enhancing understanding. Understanding in this context means representing social interests by means of communication. Knowing that, it is evident that the expressions in Stern’s Malort are non-communicative ones: the paintings neither pass on a message nor do they serve any interest apart from the actual painting process. Moreover, it turns out that pictures themselves bear no messages at all. The only time they act as a messaging medium is when the messages to be passed on come from an outside observer. That means that non-communicative expressions can only emerge if messages, expectations or interpretations from the outside world are left aside. The ability to liberate oneself from acquired structures and committing to one’s own impulses can reveal something that lies beyond communicative functionalizations. Getting away from acquired theories or concepts in order to understand painting as a sufficient process in itself can most likely be understood as a phenomenological attitude. The fourth chapter deals with the meaning and value of such non-communicative expressions. This part is based on Hans Magnus Enzensberger’s ‘Constituents of a Theory of the Media’ and proves that Stern’s Malort in some ways corresponds to Enzensberger’s theory of emancipatory potential since it offers the opportunity to break out of one’s often acquired passivity and to develop a self-determined attitude that relies on one’s own impulses. To achieve this state it is, however, absolutely necessary to free expressions from all their traditional communicative functions. The example of Stern’s Malort in this study shows that expression is something which also includes aspects that lie beyond communication. Being aware of these aspects and cultivating them should be regarded as a therapeutic balance in our society dominated by communication.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
painting Malort non-communicative expression Formulation communication understanding passing on messages emancipatory potential
Schlagwörter
(Deutsch)
Malen Malort nicht-kommunikative Äußerung Formulation Kommunikation Verständigung Botschaftsvermittlung Hingabe emanzipatorisches Potenzial
Autor*innen
Claudia Steinlechner
Haupttitel (Deutsch)
Ausdruck jenseits von Kommunikation
Hauptuntertitel (Deutsch)
Arno Sterns "Malort" im Kontext kommunikationstheoretischer Ansätze
Publikationsjahr
2009
Umfangsangabe
143 S. : graph. Darst.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Thomas A. Bauer
Klassifikationen
05 Kommunikationswissenschaft > 05.02 Kommunikationstheorie ,
05 Kommunikationswissenschaft > 05.12 Kommunikationsprozesse ,
05 Kommunikationswissenschaft > 05.20 Kommunikation und Gesellschaft ,
20 Kunstwissenschaften > 20.05 Kunst in Beziehung zu anderen Wissenschaftsgebieten
AC Nummer
AC07725090
Utheses ID
5132
Studienkennzahl
UA | 301 | 295 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1