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Transnationale Verwaltungsakte
Christoph Danninger
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Doktoratsstudium Rechtswissenschaften
Betreuer*in
Ewald Wiederin
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.58397
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-25373.89382.866771-1
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Die vorliegende Dissertation leistet einen Beitrag zur Klärung des Wesens transnationaler Verwaltungsakte und stellt die Merkmale dieses von der Wissenschaft entwickelten eigenständigen Rechtsinstitutes heraus. Es weicht vom Grundsatz ab, dass der Wirkungsbereich eines von nationalen Behörden erlassenen Verwaltungsaktes auf das Hoheitsgebiet jenes Staates beschränkt ist, dessen Behörde ihn erlassen hat. Die Liste mehr oder weniger prominenter Beispiele reicht von der Berechtigung mit einem österreichischen Führerschein auch in Italien ein Fahrzeug zu lenken, über die Genehmigung einer französischen Behörde, mittels derer ein natürliches Mineralwasser in Österreich als solches verkauft werden darf, bis zur auch in Deutschland rechtserheblichen Zulassung eines Schienenfahrzeuges durch eine österreichische Behörde und ließe sich ad infinitum fortsetzen. So alltäglich transnationale Verwaltungsakte prima facie erscheinen, so unklar zeigt sich allerdings bislang ihre Gestalt. Ausgehend vom europäischen Richtlinienrecht hat die Rechtswissenschaft ein Meinungs- und Begriffslabyrinth auf einem dogmatisch unsicheren sowie kontroversen Terrain hervorgebracht. Termini wie anerkennungsbedingte, behördenbezogene, echte und vermittelte Transnationalität tragen zu einem diffusen Erscheinungsbild der Rechtsfigur bei. Die Grenzen zu verwandten Begriffen bleiben oftmals unklar. Der transnationale Verwaltungsakt wird in der wissenschaftlichen Diskussion überwiegend als ein Ausfluss der Europäisierung des Rechts verstanden. Vereinzelt wird wiederum die Eigenständigkeit der Rechtsfigur in Frage gestellt. Beide Thesen verdienen Widerspruch. Transnationale Verwaltungsakte sind weder eine Invention des Europarechts noch werden traditionelle Terminologien den Besonderheiten dieser Form des Verwaltungshandelns gerecht. Die Arbeit widmet sich der Explikation des transnationalen Verwaltungsaktes und versucht durch eine Konturierung sowie Simplifizierung die Aussagekraft der Rechtsfigur zu stärken. Die Falsifikation bestehender Systematisierungsleistungen im Sinne eines deduktiven Verfahrens sowie die Terminologisierung stützen sich auf ein tertium comparationis unter einem Rückgriff auf verschiedene Referenzgebiete. Da bislang weder ein internationales noch ein europäisches allgemeines Verwaltungsrecht kodifiziert wurde, sind grenzüberschreitende Wirkungen von Verwaltungsakten in den einzelnen materiellen Rechtsvorschriften enthalten. Dies reicht weit über die Historie des Europarechts hinaus. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Entgrenzung von Verwaltungsakten zur Bewältigung der Interdependenzen im internationalen Post- und Eisenbahnverkehr herangezogen. Am Beispiel der Zulassung von Schienenfahrzeugen wird nicht nur die historische Dimension des grenzüberschreitenden Verwaltungshandelns ersichtlich, sondern auch seine Vorteile und seine Grenzen. Die Materienanalyse reicht vom Schengen-Visum, als typischer Repräsentant transnationaler Verwaltungsakte, bis zum Inverkehrbringen gentechnisch veränderter Organismen. Allerdings verwirklicht nicht jede Form grenzüberschreitender Wirkungen von Verwaltungsakten das Transnationalitätsmodell. Zur Erhöhung der terminologischen Aussagekraft wird ein an den Wirkmechanismen orientiertes enges Verständnis des transnationalen Verwaltungsaktes vorgeschlagen. In diesem Sinne gelten von nationalen Verwaltungsbehörden erlassene Verwaltungsakte nur dann als transnational, wenn sie in Ausübung einer ihnen obliegenden zentralen Entscheidungskompetenz im Zeitpunkt ihres Erlasses in allen Empfangsstaaten ohne Anerkennungsakte gleichlautende Rechtserheblichkeit erlangen. Derartige Verwaltungsakte überwinden die territorialen Grenzen einzelner Staaten und sind Ausdruck einer administrativen Permeabilität nationaler Souveränität. Der dem Souveränitätsprinzip entsprechende Grundsatz, dass Staaten nur mit Wirkung für ihr eigenes Hoheitsgebiet Verwaltungsakte erlassen können, wird modifiziert. Neben einer Exposition der konstitutiven Merkmale sowie des Rechtmäßigkeitsmaßstabes werden Grenzen zu verwandten Erscheinungen wie dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung und den mehrstufigen gemeinschaftlichen Verwaltungsakten gezogen.
Abstract
(Englisch)
The present doctoral thesis is a contribution towards clarifying the nature of transnational administrative acts and highlights the characteristics of that legal institution, which was developed by academics. It derogates from the principle that the purview of an administrative act issued by national authorities is limited to the sovereign territory of the state whose authority issued the same. The list of more or less prominent examples reaches from permission for the holder of an Austrian driving licence to drive a motor vehicle also in Italy, via the authorisation given by a French authority on the basis of which natural mineral water may be sold as such in Austria to the authorisation of a rail vehicle by an Austrian authority which is also of legal relevance in Germany, and could be continued ad infinitum. As ordinary as transnational administrative acts may appear prima facie, as unclear their form may sometimes be. Starting from the European law of directives, jurisprudence has produced a labyrinth of opinions and terms on a terrain that is dogmatically uncertain and controversial. Terms such as “anerkennungsbedingte Transnationalität” (transnationality subject to recognition) or “behördenbedingte Transnationalität” (transnationality related to a specific authority), or genuine or exequatur transnationality, contribute to a vague picture of this legal concept. How to distinguish it from related terms often remains unclear. In academic debate transnational administrative acts are often understood as an outflow of the Europeanisation of the law. Some, in turn, question the autonomy of that legal institution. Both doctrines deserve opposition. Transnational administrative acts are neither an invention of European law nor do traditional terminologies take account of the particularities of this form of administrative acts. The thesis intends to explicate transnational administrative acts and tries to strengthen the significance of this legal institution by providing a clear outline and simplification. Falsification of existing systemisation efforts following deductive methodology and terminologisation are based on a tertium comparationis with recourse to different reference areas. Since neither international nor general European administrative law has been codified to date, transnational effects of administrative acts are contained in the specific substantive law provisions. This reaches far beyond the history of European law. As early as in the second half of the 19th century the boundaries were lifted for administrative acts to cope with interdependencies in international mail and rail transport. The example of authorisation of rail vehicles not only shows the historic dimension of transnational administrative actions but also their advantages and limitations. The analysis of materials reaches from the Schengen visa as a typical representative of transnational administrative acts to introducing genetically modified organisms into the stream of commerce. However, not every form of transnational effects of administrative acts realises the transnationality model. In order to increase the terminological significance, narrow interpretation of transnational administrative acts which is oriented towards the mode of action is proposed. In this context administrative acts issued by national administrative authorities are only deemed to be transnational if, in exercising their central decision-making power, they become relevant in law in all receiving states without acts of recognition at the time they are issued. Such administrative acts overcome the territorial borders of specific states and are an expression of an administrative permeability of national sovereignty. The principle according to which states may issue administrative acts only with effect for their own sovereign territory, which is in line with the principle of sovereignty, is modified. Apart from an exposition of the constitutive features and the standard of lawfulness the concept will set limits to related manifestations, such as the principle of mutual recognition and the multi-tiered Community administrative acts.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
administrative act transnational administrative act transnationality transnational law recognition European administrative law
Schlagwörter
(Deutsch)
Transnationaler Verwaltungsakt Transnationalität Verwaltungsakt grenzüberschreitendes Verwaltungshandeln Verwaltungshandeln Handlungsformenlehre grenzüberschreitender Verwaltungsakt überstaatliches Rechtsinstitut Europäisches Verwaltungsrecht Europäisierung Internationalisierung Verwaltungsverbund indirekter Vollzug bundesstaatliche Vollzugsanalogie Anerkennung Anerkennungsprinzip
Autor*innen
Christoph Danninger
Haupttitel (Deutsch)
Transnationale Verwaltungsakte
Publikationsjahr
2019
Umfangsangabe
XVI, 309 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Bernhard Raschauer ,
Karl Stöger
Klassifikationen
86 Recht > 86.03 Rechtstheorie, Rechtsmethodik, Allgemeine Rechtslehre ,
86 Recht > 86.10 Recht einzelner Länder, Gebiete und Völker ,
86 Recht > 86.47 Allgemeines Verwaltungsrecht: Allgemeines ,
86 Recht > 86.48 Verwaltungsorganisationsrecht, Verwaltungsverfahren ,
86 Recht > 86.86 Europarecht: Allgemeines ,
86 Recht > 86.88 Gemeinschaftsaufgaben, Rechtsvereinheitlichung ,
86 Recht > 86.90 Europarecht: Sonstiges
AC Nummer
AC15561166
Utheses ID
51572
Studienkennzahl
UA | 783 | 101 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1