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Missbräuchliche KESt-Rückerstattung bei Cum/Ex-Geschäften
Florian Höller
Art der Arbeit
Master-Thesis (ULG)
Universität
Universität Wien
Fakultät
Postgraduate Center
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Universitätslehrgang Steuerrecht und Rechnungswesen (LL.M.)
Betreuer*in
Hans Blasina
DOI
10.25365/thesis.60025
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-25095.94273.870353-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Die Besonderheit von Cum / Ex – Geschäften im Vergleich zu anderen Steuerhinterziehungsmodellen der Vergangenheit ist, dass es nicht um Steuerarbitrage, sondern um die zweifache Anrechnung bzw Erstattung von nur einmal einbehaltener Kapitalertragsteuer geht. Die Rendite wurden nicht durch einen Steuerausfall, sondern durch eine „Negativsteuer“ erreicht. Ermöglicht wurde diese Vorgehensweise durch das Zusammenspiel der Regelungen zu Einbehalt, Abführung und Bescheinigung der Kapitalertragsteuer auf Dividenden, der Börsenbedingungen sowie der Dividendenregulierungen. In Deutschland sind bis zum Jahr 2012 der Einbehalt und die Abführung der Kapitalertragsteuer bei Dividenden sowie die Bescheinigung institutionell auseinandergefallen. Ersteres erfolgte durch den Emittenten der Aktien, zweiteres durch die jeweilige inländische Depotbank. Diese Sollbruchstelle wurde von den Akteuren ausgenutzt. Die Marktteilnehmer konnten bis zum Jahr 2007 unter Einschaltung in- und ausländischer Kreditinstitute und bis zum Jahr 2012 nur mehr unter Einschaltung ausländischer Kreditinstitute derartige Transaktion abwickeln um eine mehrfache Steuererstattung zu erreichen. Bei den öffentlich bekannt gewordenen Varianten von Cum / Ex - Geschäften mit Leerverkäufen handelte es sich vorrangig um Anlageprodukte, welche von Banken sowie deren Beratern entwickelt wurden und vermögenden Privatpersonen angeboten wurden. Die entwickelten Modelle basierten auf einem taktierten Gesamtplan, in den neben Banken auch die Aktieninhaber, die Leerverkäufer, die Leerkäufer sowie die Broker involviert waren. Die Broker fungierten als unverzichtbare Schnittstelle um den reibungslosen Ablauf der Transaktionen gewährleisten zu können. Neben des geringen Bedarfs an Eigenkapital sowie den verschiedenen Möglichkeiten zur Kursabsicherung resultierten aufgrund der kurzen Abwicklungsdauer auch nur sehr geringen Finanzierungskosten und in Folge keinerlei Risiken für die Anleger und unermessliche Rendite. Die Abwicklung über ausländische Depotbanken war von Beginn an der treibende Faktor, da diese niemals Kapitalertragsteuer auf Dividendenkompensationszahlungen einbehielten. Zusätzlich wurde diese Vorgehensweise durch die gesetzliche Entwicklung in Deutschland beflügelt, in dem durch die Änderungen im Zuge des Jahressteuergesetzes 2007 explizit nur Kompensationszahlungen unter Einschaltung inländischer Depotbanken regelten. Jedoch ist klar festzuhalten, dass es auch bis zum Jahr 2012 bei Cum / Ex - Geschäften rechtlich nie möglich war, einmal einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer mehrfach anzurechnen bzw erstattet zu bekommen – es gab keine Gesetzeslücke. Bis zum Jahr 2006 scheiterte die Anrechnung der Kapitalertragsteuer durch den Leerkäufer daran, dass dieser nie wirtschaftliches Eigentum an den Aktien am Dividendenstichtag erlangte. Er erzielte in Folge keine Dividende, dies war jedoch Tatbestandsvoraussetzung der Anrechnung. Ab dem Jahr 2007 scheiterte die Anrechnung bzw Erstattung daran, dass auf die Kompensationszahlungen keine Kapitalertragsteuer erhoben wurde. Nach dem Wortlaut der Steuergesetze war es zwischen 1999 und 2011 zu keinem Zeitpunkt rechtlich möglich, einmal einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer mehrfach erstattet zu bekommen. Wurde vom Leerkäufer trotzdem die Erstattung der Kapitalertragsteuer begehrt, ist davon auszugehen, dass der objektive Tatbestand der Abgabenhinterziehung verwirklicht wurde. In Deutschland wurde die Problematik der mehrfachen Anrechnung bzw. Erstattung der Kapitalertragsteuer erst durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz im Jahr 2012 beseitigt, in dem das Schuldnerprinzip durch das Zahlstellenprinzip ersetzt wurde. Seitdem sind die auszahlenden Depotbanken sowohl zum Einbehalt als auch zur Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtet.
Im Vergleich zur früheren Rechtslage in Deutschland gab es in der österreichischen Rechtslage keine derartigen Zweifelsfragen. Jedoch wurde durch die Komplexität des Steuerrechts und des Abgabenverfahrens sowie die damit einhergehenden zahlreichen Antragsmöglichkeiten und -formulare eine Möglichkeit zur doppelten Rückerstattung von Kapitalertragsteuer geschaffen. Laut dem Rechnungshofberichts aus dem Jahr 2018 führten ein veraltetes IT-System, geringe Personalressourcen und die mangelhafte Abstimmung und Überprüfung der Anträge auch in Österreich zur mehrfachen Erstattung von Kapitalertragsteuern.
Es ist unbestritten, dass die Akteure von Cum / Ex – Geschäften (Banken, Rechtsanwälte, Gutachter, Wirtschaftsprüfer, Broker und Investoren) eine unfassbare Skrupellosigkeit bei der Entwicklung und Durchführung der Modelle an den Tag legten, wenn es um die möglichst unbemerkte und trickreiche Abwicklung ging. Jedoch liegt es klar in der Verantwortung eines funktionierenden Staatsapparates entsprechende Strukturen zur Verhinderung von Missständen dieser Größenordnung zu schaffen.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Cum Ex
Autor*innen
Florian Höller
Haupttitel (Deutsch)
Missbräuchliche KESt-Rückerstattung bei Cum/Ex-Geschäften
Publikationsjahr
2019
Umfangsangabe
67 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Hans Blasina
Klassifikationen
86 Recht > 86.65 Wirtschaftsrecht ,
86 Recht > 86.73 Steuerrecht
AC Nummer
AC15725247
Utheses ID
53041
Studienkennzahl
UA | 992 | 984 | |