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Passion und Kreuzestod Jesu - medizinische und historisch-kritische Rückfragen
Hans Mosser
Art der Arbeit
Diplomarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Katholisch-Theologische Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Diplomstudium Katholische Fachtheologie, Fachbereich: Neues Testament
Betreuer*in
Josef Pichler
DOI
10.25365/thesis.60891
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-26130.37217.528554-2
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Eine medizinische Evaluierung der in den Passionsberichten der Evangelien dargestellten Ereignisse über das Leiden und den Kreuzestod Jesu benötigt zunächst einen soliden historischen Hintergrund, andernfalls sie bedeutungslose Spekulation in einem substanzlosen Raum wäre. Daher war in einem ersten Schritt ein historischer Zugang zu eröffnen. Die literarischen und rechtsgeschichtlichen Quellen über den Ablauf der Kreuzigung, der dazugehörenden ihr stets vorausgehenden Geißelung und der verwendeten Geißelwerkzeuge sind auch durch archäologische Evidenzen belegt. Dies gilt ebenso für die Form des Kreuzes, die durchaus variabel gewesen sein wird. Allerdings, die wenigen vorhandenen bildlichen Darstellungen einer römischen Kreuzigung, von denen sogar zumindest eine konkret auf die Kreuzigung Jesu Bezug nimmt (Graffiti vom Palatin), zeigen stets die Form des τ, während es bisher keine solche Belege für einen bloßen Pfahl ohne Querbalken gibt, wie dies dennoch für das Kreuz Jesu immer wieder diskutiert wird.
Die Kreuzigung des Jesus von Nazareth in der Verantwortung des römischen Präfekten Pontius Pilatus unter dem Aspekt der Sicherung der Pax Romana in der kleinen römischen Provinz Judäa gilt auch nichtchristlichen Historikern als ein gesichertes historisches Ereignis. Es konnte in dieser historischen Perspektive gezeigt werden, dass die Passionsberichte in vielem den außerchristlich erhobenen Befunden entsprechen und ihnen in nichts widersprechen. Dies macht sie zu einer belastbaren Basis für eine medizinische Bewertung des Kreuzestodes Jesu aus heutiger Sicht.
Die medizinische Literatur zu Passion und Tod Jesu ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute ist als Spiegelbild des jeweiligen Standes der Medizin zugleich Ausdruck ihrer Entwicklung zu einer Wissenschaft. Vor allem die Pathophysiologie von Verletzungen und des Schocks ist erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts erforscht, sodass früher erschienene Arbeiten über den Tod Jesu dieses Wissens ermangelten. Aber auch die neuere Literatur leidet an der fehlenden Berücksichtigung der Umstände des Todes Jesu, einerseits der Folgen der Geißelung, die in Form stumpfer Traumata entscheidenden Einfluss auf das Überleben am Kreuz hatte und andererseits des für eine Kreuzigung atypisch raschen Todeseintritts innerhalb von 3 bis 6 Stunden. So konnten vermutete Diagnosen wie Herzruptur oder Erstickungstod widerlegt werden. Einige wenige Arbeiten, die sehr seltene Todesursachen auflisteten, benötigen zu viele Zusatzannahmen, um realistisch in Betracht gezogen werden zu können, sodass sie ebenfalls auszuscheiden waren. Hingegen ist Arbeiten, die ein Schockgeschehen in ihre Überlegungen einbezogen, zwar grundsätzlich zuzustimmen, eine konkrete, den Schock initiierende Ursache konnte aber bisher nicht angegeben werden, sodass – eher nebulös – von einer multikausalen Ursache ausgegangen wurde.
Unter Berücksichtigung aller historischen Fakten zur Kreuzigung, weiters dem in den Evangelien berichteten Modus des Sterbens Jesu am Kreuz und dem heutigen medizinischen Wissensstand über stumpfe Traumata, die einer Geißelung analog sind, ist die plausibelste Ursache des Kreuzestodes Jesu eine sog. verzögerte bzw. zweizeitige Milzruptur am Kreuz als Folge der Geißelung, mit einem daraus resultierenden letalen Schock. Für diese Überlegung sind keine Zusatzannahmen erforderlich, sie entspricht der Häufigkeit dieses Verletzungsgeschehens sowie dem wachen Bewusstseinszustand Jesu bis unmittelbar vor seinem dann plötzlichen und raschen Tod.
Das Nachdenken über den konkreten Ablauf von Passion und Sterben Jesu, wie es mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächlich der Fall gewesen ist, konfrontiert jeden Menschen, der sich darauf einlässt, mit dem anthropologischen Aspekt Jesu und vermag so einen Raum zu eröffnen, in dem eine Begegnung mit Jesus von Nazareth, anders als mit dem erhöhten Christus, nämlich von Mensch zu Mensch möglich ist. Mit dem Bedenken dieses historisch-anthropologischen Seins Jesu, in dem er uns als Mensch nahe ist, lässt sich ein vielleicht nur einseitiges oder gar nur symbolhaftes Christusbild korrigieren.
Abstract
(Englisch)
The crucifixion of Jesus Christ, his execution as a political rebel around the year 30 AD under the Roman prefect Pontius Pilate is even from non-christian sources considered to be a well documented and reliable historic event in antiquity. For Christians his death on the cross is the central event of Gods history of salvation and a few centuries after Jesus’ death the cross has become a signum of their faith.
While crucifixion as a Roman method of execution for the purpose of deterrence of potential rebels against the Imperium Romanum was intended as a slow yet dramatic passing away of the convicted for many hours and even several days, in the gospel narratives Jesus was reported to have died on the cross rather rapidly after 3-6 hours. The moment when death on cross occurs can immediately be initiated by a crurifragium (breaking of both lower legs), which was reported for the 2 delinquents crucified together with Jesus, while the death of Jesus occurred spontaneously.
While the causa finalis (final cause, considering the „what for“) of Jesus’ life and death on the cross is a matter of faith and transcendence and therefore an object of theology, the causa efficiens (effective cause, considering the „how“) of his death certainly is an object of science. Since medicine in a scientific sense started to develop in the 19th century, it was not before this time that the first medical publications on the cause of death of Jesus appeared and various causes were considered among medical professionals.
This paper is aimed to present the most plausible cause of death of Jesus and is distinguished from other papers by not solely focussing on the cross but including the heavy scourging, which according to legal Roman history sources was intrinsic part of this form of execution and regularly preceded the crucifixion. A plausible explanation for the cause of death cannot be made without taking this connexion into account.
This paper differs from previous works in that the death of Jesus on the cross is not considered in isolation but in connection with the scourging preceding the crucifixion. Based on cases of modern trauma surgery, whose cause and clinical course are analogues to scourging (blunt trauma to the dorsal and lateral parts of the thorax), and in correlation with legal historical sources as well as the gospel narratives the most plausible cause of the death of Jesus appears to be a delayed splenic rupture resulting in a hemorrhagic shock.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
Jesus cause of death crucifixion scourging
Schlagwörter
(Deutsch)
Jesus Todesursache Kreuzigung Geißelung Kreuzesform
Autor*innen
Hans Mosser
Haupttitel (Deutsch)
Passion und Kreuzestod Jesu - medizinische und historisch-kritische Rückfragen
Paralleltitel (Englisch)
Suffering and crucifixion of Jesus : medical and historical-critical queries
Publikationsjahr
2019
Umfangsangabe
90 Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Josef Pichler
Klassifikationen
11 Theologie > 11.47 Theologie des Neuen Testaments ,
44 Medizin > 44.99 Medizin: Sonstiges
AC Nummer
AC15316378
Utheses ID
53800