Detailansicht
Simulating earthquakes
explaining and understanding natural phenomena with highly idealized models
Hernan Felipe Bobadilla Rodriguez
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Dr.-Studium der Philosophie (Dissertationsgebiet: Philosophie)
Betreuer*innen
Martin Kusch ,
Karl Sigmund
DOI
10.25365/thesis.66120
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-11484.96164.956853-4
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
In den Wissenschaften werden häufig höchst idealisierte Modelle dazu verwendet Naturphänomene zu erklären und zu verstehen. Die Wissenschaftsphilosophie dieser Modellierungen versucht wiederum zu verstehen wie das überhaupt möglich ist. Eine Problemstellung hierbei ist, wie wissenschaftliche Modelle eine Erklärung und ein Verständnis ihrer Gegenstände herbeiführen können, angesichts der Tatsache, dass Modelle und ihre Gegenstände sehr unterschiedlich sind. Je nachdem wie Modelle anwendet werden, können sie zudem auch mehr oder weniger informativ sein was ihre Gegenstände betrifft.
Der allgemeine Zweck dieser Dissertation ist es Bestandteile einer Lösung dieser Rätsel bereitzustellen. Mit meinem Argument verteidige ich die tatsächlich erklärende Rolle höchst idealisierter Modelle und ihr Vermögen unser Verständnis ihrer Gegenstände zu erweitern. Ich entwickle und prüfe mein Argument im Rahmen zweier Fallstudien zu idealisierten Modellen von Erdbeben: i) das Burridge-Knopoff “spring-block” Modell und ii) das Olami-Feder-Christensen “cellular automaton” Modell.
Mein Argument ist das folgende. Modelle bedürfen mehr oder weniger bestimmter Interpretationen, um in wissenschaftlichen Erklärungen verwendbar zu sein. Diese Interpretationen werden dabei von bestimmten Erklärungszwecken der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geleitet. Der Inhalt von erklärenden Modellen und deren erkenntnistheoretischer Gehalt verhalten sich daher zugleich relativ zu den in den Modellen enthaltenen Interpretationen derselben. Diese Relativität gilt ebenso von den in Modellen vorkommenden Idealisierungen. Ich schlage vor wissenschaftlichen Idealisierungen modale Bedingungen voranzustellen und Modelle somit zu unterscheiden danach wie wahrscheinlich, wie plausibel und wie tatsächlich sie ihre jeweiligen Gegenstände erklären. Die Plausibilität und Wahrscheinlichkeit von Erklärungen betreffen demnach immer noch die tatsächlichen Beziehungen der Modelle zu ihren Gegenständen, indem wie plausibel und wie wahrscheinlich sie Mittel und Wege beschreiben die Art des Phänomens hervorzubringen, welche in ihren Gegenständen instanziiert ist.
Mit Blick auf ihre modalen Bedingungen kann auch gesehen werden, wie Modelle nicht nur wissenschaftliche Erklärungen, sondern auch wissenschaftliches Verständnis voranbringen. Ich entwickle für diese Behauptung ein neues theoretisches Rahmenwerk für wissenschaftliches Verständnis anhand von Modellen. Innerhalb dieses Rahmenwerkes unterscheide ich zwischen erklärendem und gegenständlichem Verständnis, wobei ersteres ein Sonderfall des letzteren ist. Auch behaupte ich, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit derselben Art von Verständnis – erklärend oder gegenständlich – aufgrund des Inhaltes ihres Verständnisses sich dennoch in verschieden Stadien ihres Verständnisses wiederfinden können. Dieser Inhalt verhält sich ebenfalls relativ zu den in Modellen enthaltenen Interpretationen. Ich behaupte jedoch, dass diese verschiedenen Stadien des Verständnisses durchaus wertvoll sind für wissenschaftliche Forschung. Verschiedene Verständnisse schlagen sich entsprechend nieder in eher programmatischen und eher zukunftsorientierten Formen der wissenschaftlichen Erkundung eines Gegenstandes.
Die Hauptbeträge dieser Dissertation sind die folgenden: i) eine Darstellung von Erklärungen anhand von Modellen mit modalen Bedingungen; ii) eine Auffassung von Interpretationen innerhalb von Modellen im Lichte ihrer jeweiligen Erklärungszwecke; iii) ein neues theoretisches Rahmenwerk für wissenschaftliches Verstehen mit Modellen, welches modale Bedingungen, Erklärungszwecke als auch erklärendes und gegenständliches Verstehen integriert. Zusätzliche Beiträge sind: i) die Einführung neuer Fallstudien mit der Erforschung wissenschaftlicher Modelle von Erdbeben; ii) die Einführung eines neuen Modells wissenschaftlicher Forschungsprogramme anhand von Erklärungszwecken; iii) eine Kritik philosophischer Auffassungen von Erklärung in der Beschreibung erklärender Praktiken in den Wissenschaften; und iv) die Einführung einer Unterscheidung zwischen zwei Formen der Erkundung durch Modelle in der Forschung, nämlich der programmatischen und der zukunftsorientierten Form.
Abstract
(Englisch)
Scientists often use highly idealized models to explain and understand natural phenomena. The philosophy of scientific modeling seeks to understand how this is possible. One problem is simply how models can foster genuine explanations and understanding of their targets despite the fact that they differ significantly from these targets. Moreover, depending on how these models are used, they can be more or less informative about the targets.
The general purpose of this dissertation is to provide components of a solution to these conundrums. I develop an argument for the genuinely explanatory role of highly idealized models and their capacity to advance the understanding of natural phenomena. I craft and test this argument in the context of two highly idealized models of earthquakes which serve as case studies: i) the Burridge- Knopoff “spring-block” model of earthquakes and ii) the Olami-Feder-Christensen “cellular automaton” model of earthquakes.
The argument of this dissertation is as follows. In order to be used for model explanations, scientists must provide their models with more or less definite interpretations. I suggest that these interpretations are guided by scientists’ explanatory commitments. As a result, the content of the ensuing model explanations and their epistemic status are relative to the interpretation embodied in the model. This relativity also applies to the idealizations in the model. To deal with these idealizations, I suggest prefixing model explanations with modal qualifications. This way, model explanations based on highly idealized models can be imputed to the target as a how-possibly, how-plausibly, and how- actually model explanation. It is worth noting that how-possibly and how-plausibly explanations provide genuine insight about the actual world, namely by stating possible or plausible ways to bring about the kind of phenomenon that the actual target instantiates.
Concerning scientific understanding, I suggest that genuine model explanations with modal qualifications advance scientific understanding in the form of explanatory understanding. I make this claim in the context of a newly developed framework for scientific understanding with models. In this framework, I distinguish explanatory and objectual understanding and consider the former to be a special case of the latter. I also argue that scientists who possess the same type of understanding – whether explanatory or objectual – may possess different states of understanding based on the content of their understanding. This content is relative to the interpretations that are embodied in the models. I suggest that these different states of understanding are valuable for scientific research. In particular, I argue that understanding differently plays an exploratory role which may be materialized in two distinct modes, namely the programmatic and prospective modes of exploration.
The main contributions of this thesis are: i) an account of genuine model explanation with modal qualifications; ii) a commitment-based account of interpretation in models; and iii) a new account of scientific understanding with models which integrates explanatory and objectual understanding and serves as a broader framework that contains the previous two accounts. Secondary contributions of this dissertation are: i) the introduction of novel case studies in discussions of explanations and understanding with models, namely models of earthquakes; ii) the introduction of a new model of “scientific research programs” based on scientific commitments; iii) a critique of the efficacy of philosophical accounts of explanation in describing scientific explanatory practices; and iv) the introduction of a distinction between two modes of exploratory research with models, namely programmatic and prospective exploration.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Englisch)
Explanation Understanding Models Idealization Earthquakes
Schlagwörter
(Deutsch)
Erklärung Verständnis Modelle Idealisierung Erdbeben
Autor*innen
Hernan Felipe Bobadilla Rodriguez
Haupttitel (Englisch)
Simulating earthquakes
Hauptuntertitel (Englisch)
explaining and understanding natural phenomena with highly idealized models
Paralleltitel (Deutsch)
Erdbeben simulieren : Erklärung und Verständnis von Naturphänomenen mit stark idealisierten Modellen
Publikationsjahr
2020
Umfangsangabe
x, 288 Seiten : Diagramme, Karten
Sprache
Englisch
Beurteiler*innen
Alisa Bokulich ,
Henk <<de>> Regt
Klassifikation
08 Philosophie > 08.32 Erkenntnistheorie
AC Nummer
AC16322332
Utheses ID
58568
Studienkennzahl
UA | 792 | 296 | |