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Dienstboten-Emigration
wie jüdische Frauen aus Österreich und Deutschland nach England flüchten konnten
Traude Bollauf
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Historisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Betreuer*in
Gerhard Botz
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.6563
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-29597.09073.297562-4
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Von 1933 bis zum endgültigen Schließen der Grenzen des „Dritten Reiches“ fanden über 60.000 Menschen, die aus Deutschland und dem früheren Österreich vertrieben worden waren, in Großbritannien als Flüchtlinge Aufnahme. Nahezu 20.000 von ihnen kamen als domestic servants – als Hausgehilfinnen – ins Land, fast ausschließlich jüdische Frauen zwischen 18 und 45 Jahren. Ihren Höhepunkt erreichte diese Fluchtbewegung im Zeitraum zwischen dem „Anschluss“ und den Beginn des Zweiten Weltkrieges. Diese spezielle Einwanderung ist nur als Teil einer längeren Tradition der Beschäftigung von deutsch sprechenden Frauen als Hausgehilfinnen in britischen Familien verständlich. Das Domestic Permit – ausgestellt vom britischen Arbeitsministerium – ermöglichte es britischen Dienstgebern in den 1920er und 1930er Jahren, ausländisches Hauspersonal für einen bestimmten Zeitraum zu engagieren. Nach dem „Anschluss“ – und besonders nach dem Novemberpogrom – eröffnete dieses Dokument jüdischen Frauen die wichtigste der wenigen Möglichkeiten, in England Zuflucht zu finden. Ziel der Forschungen war es, im Detail herauszufinden, wie eine Fluchtbewegung derart großen Ausmaßes in einem Land mit einer eher restriktiven Einwanderungs-politik entstehen und wie sich aus der Anstellung von ausländischen Haushaltshilfen eine Zufluchtsmöglichkeit für aus NS-Deutschland vertriebene jüdische Frauen entwickeln konnte. Die Arbeit ist in fünf Hauptteile gegliedert. Der erste Teil behandelt die Situation im Bereich der bezahlten Arbeit in Haushalten in Österreich, Deutschland und Großbritannien nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Während es in Österreich und Deutschland schwierig war, einen Arbeitsplatz als Hausgehilfin zu finden, entwickelte sich in Großbritannien ein spürbarer Mangel an Hauspersonal. Junge Frauen vom Kontinent begannen sich für Jobs im Ausland zu interessieren, britische Dienstgeber begannen jenseits der Grenzen nach Dienstmädchen zu suchen. Eine Arbeitsmigration nahm ihren Anfang. Der zweite Teil beschreibt die unterschiedlichen Einstellungen der Regierungen der Ersten Republik Österreich und der Weimarer Republik in Bezug auf Arbeitslosigkeitsbekämpfung durch Förderung von Auswanderung. Während die Weimarer Republik keinerlei Versuch unternahm, Arbeitssuche im Ausland zu fördern, unterstützten die österreichischen Behörden solche Bestrebungen. Ein Ergebnis war, dass zur Zeit des „Anschlusses“ etwa 9.000 „arische“ Frauen aus dem früheren Österreich als Hausangestellte im Vereinigten Königreich arbeiteten. Sie sollten nun – entsprechend der Ideologie des Nationalsozialismus – heim ins „Reich“ geholt werden. Das verbesserte die Möglichkeiten, jüdische Frauen und Mädchen als Hausgehilfinnen in englischen Häusern unterzubringen. Teil drei zeigt – nachdem die Situation der Juden im nationalsozialistischen Deutschland und die britische Einwanderungspolitik behandelt wurden – wie sich die Arbeitsmigration zu einer Fluchtbewegung gewandelt hat. Er beschreibt auch die wichtige Rolle, die britische Flüchtlingshilfsorganisationen dabei spielten. Besonderes Augenmerk wurde auf die Erfahrungen der Frauen gerichtet, die als Hausgehilfinnen nach England geflüchtet sind. Sie haben in lebensgeschichtlichen Interviews darüber erzählt. Der vierte Teil behandelt zunächst die Situation der Flüchtlinge in Großbritannien nach Kriegsbeginn, der für sie große Schwierigkeiten mit sich brachte. Danach liegt der Schwerpunkt auf dem Beginn der Integration der Flüchtlinge in die britische Kriegsgesellschaft und auf dem politischen Erwachen mancher Hausgehilfinnen im Austrian Centre in London. Teil fünf gibt einen Ausblick auf die Zeit nach Kriegsende und auf die Entscheidungen der früheren Flüchtlinge, in ihre Ursprungsländer zurückzukehren, weiterzuwandern oder in Großbritannien zu bleiben. Eine Zusammenfassung und Analyse der Fluchtbewegung rundet die Arbeit ab.
Abstract
(Englisch)
From 1933 until the final closing of the borders of the Third Reich about 60.000 persons expelled from Germany and former Austria, later acknowledged as “refugees from Nazi oppression”, found refuge in Great Britain. Nearly 20.000 of them came into the country as domestic servants, the vast majority being Jewish females between 18 and 45. A very large number came from former Austria. The peak of this refugee movement fell into the period between the “Anschluss” and the beginning of World War II. This specific immigration can only be understood as part of a longer tradition of placing German-speaking young women as “Hausgehilfinnen” in British families: The Domestic Permit – issued by the British Ministry of Labour – enabled British employers in the 1920s and 1930s to engage foreign domestic servants for a limited period of time. After the “Anschluss” – and especially after the Novemberpogrom – this document opened the most important way for Jewish women to find refuge in England. The goal of the research was to find out in detail, how a refugee movement of that size could emerge in a country with a rather restrictive policy of immigration and how the system of engaging domestic servants developed into a system of refugee relief. The thesis is divided in five main parts. The first part deals with the situation in domestic service in Austria, in Germany and in Great Britain after the end of the Great War. In Austria and Germany there were problems to find jobs while in Great Britain a lack of domestic servants emerged. Young women from the continent started looking for jobs abroad while British employers began to search for maids across the borders. A labour migration started. The second part describes the different attitudes of the governments of Austrian Erste Republik and German Weimarer Republik concerning measures against unemployment by promoting labour migration. The Weimarer Republik made no attempt to promote labour migration, the Austrian authorities did. The result was that at the time of the “Anschluss” about 9.000 “Aryan” women from former Austria were working as domestics in the United Kingdom. Now – corresponding to NS-ideology – they should be taken home to the “Reich”. This increased the opportunities to place German Jewish girls as domestic servants in English homes. Part three shows – after having dealt with the situation of Jews in Nazi-Germany and with the British immigration policy – how labour migration changed and the Jewish refugee movement developed including the important role of the British refugee organisations in this process. Special stress is laid on the experiences of the refugee domestic servants who told their stories in oral-history-interviews. The fourth part deals at first with the situation of the refugees in Great Britain after the start of the war when they had a very hard time. Then it describes the beginning of their integration into British wartime society and of the political awakening of some of the refugee domestics at the Austrian Centre in London. Part five gives an outlook for the time after the end of the war and the decisions of former refugees to return to the countries of their origin, to emigrate or to stay in Great Britain. A summary and an analysis of the refugee movement complete the thesis.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Emigration National Socialism Jews
Schlagwörter
(Deutsch)
Emigration Nationalsozialismus Juden/Jüdinnen
Autor*innen
Traude Bollauf
Haupttitel (Deutsch)
Dienstboten-Emigration
Hauptuntertitel (Deutsch)
wie jüdische Frauen aus Österreich und Deutschland nach England flüchten konnten
Paralleltitel (Englisch)
Emigration by Domestic Permit ; how Jewish women from Austria and Germany could escape to England
Publikationsjahr
2009
Umfangsangabe
379 S.
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Gerhard Botz ,
Waltraud Heindl
Klassifikation
15 Geschichte > 15.96 Geschichte des jüdischen Volkes außerhalb des Staates Israel
AC Nummer
AC07452157
Utheses ID
5913
Studienkennzahl
UA | 092 | 312 | |
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