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Die Neugestaltung der Abschlussprüfer-Aufsicht in Österreich
Katja Ivanka Rulofs
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Rechtswissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Doktoratsstudium Rechtswissenschaften
Betreuer*innen
Michael Potacs ,
Bernhard Raschauer
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.70172
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-11174.43641.943931-3
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Im Zusammenhang mit den Anforderungen eines funktionierenden Binnenmarktes errichtete die Europäische Kommission am 24.06.1996 ein Grünbuch über die Rolle, Stellung und Haftung des Abschlussprüfers in der Europäischen Union, das den Grundstein der europäischen Rechtsakte im Bereich der Abschlussprüfertätigkeit legte. Eine Reihe von Bilanzskandalen, vorwiegend in den USA, führten zu wesentlichen Reformen im Bereich der amerikanischen Abschlussprüferaufsichtstätigkeit. Resultat war der SOX, der die globale Ausgestaltung der Abschlussprüfung und vor allem die Schaffung eines Aufsichtssystems im amerikanischen Recht verankerte. Durch seine nicht-territoriale Ausgestaltung wirkte er über den amerikanischen Rechtsraum hinaus und griff in die Rechtsordnungen anderer Staaten ein. Diese Entwicklung wurde auch innerhalb der EU heftig thematisiert, wodurch die Reformbestrebungen im Bereich der Abschlussprüfung und deren Aufsichtssystem, nach Errichtung der Empfehlung 2001/256/EG, vorangetrieben wurden. Zum Stand der Errichtung der Empfehlung verfügten mehrere Mitgliedstaaten über keinerlei Aufsichtssystem, weder in Form eines Peer Review-Systems noch über ein Monitoring-System, entsprachen damit nicht mehr den adäquaten Standards und waren nicht mit den externen Qualitätssicherungssystemen anderer Mitgliedstaaten vergleichbar. Dazu zählte vor allem auch Österreich. Auf Drängen der EK, die österreichische Rechtslage an internationale Erfordernisse anzugleichen und ein externes Qualitätsprüfungssystem zu schaffen, verabschiedete der österreichische Gesetzgeber unter Zugrundelegung der Empfehlung 2001/256/EG am 10.08.2005 das A-QSG und etablierte das Peer Review-Verfahren. Die Empfehlung 2001/256/EG bildete sohin den Grundstein der ersten österreichischen Abschlussprüferaufsichtsbehörde. Die Aufsicht über den Berufsstand wurde durch den AeQ und die QKB wahrgenommen. Der nationale Gesetzgebungsprozess zum A-QSG fand somit überschneidend mit der Errichtung des ersten verbindlichen Rechtsaktes im Bereich der Abschlussprüfertätigkeit und deren Aufsichtssystem, der RL 2006/43/EG, statt. Schließlich kam es durch die RL 2014/56/EU zur jüngsten Novellierung des Abschlussprüferaufsichtsbereichs. Damit einhergehend wurde die VO (EU) Nr. 537/2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse erlassen. Die Verordnung sieht das Inspektionssystem vor, das direkt durch eine weisungsfreie und unabhängige Behörde des jeweiligen EU-Mitgliedstaates vollzogen werden soll. Ziel der beiden neu geschaffenen europäischen Rechtsakte ist immer noch, wie im Grünbuch aus dem Jahre 1996 definiert, „die Stärkung des Vertrauens der Anleger in die Ordnungsgemäßheit und Zuverlässigkeit“ der durchgeführten Abschlussprüfungen. Diese beiden Rechtsakte sind der Grundstein des neu geschaffenen österreichischen Abschlussprüferaufsichtssystems, das per Gesetz am 11.08.2016 unter dem Titel Bundesgesetz über die Aufsicht über Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften kundgemacht wurde. Eine Personalüberleitung zur fand allerdings nicht statt. Während die Aufsicht über die Behördentätigkeit der vormaligen Behörden AeQ und QKB das BMWFW inne hatte, ist nun das BMF für die Aufsicht über die APAB gemäß § 14 APAG zuständig. Fraglich war, warum diese Kompetenz von einem Ressort an ein anderes übergegangen ist. Eine Antwort ließ sich in den Sitzungsprotokollen der KWT finden. Im Protokoll vom 14.12.2015 wird angesprochen, dass es nach der letzten Sitzung mit dem BMWFW am 03.12.2015 immer noch die Finanzierung der neuen Behörde ungeklärt war. Bei der Sitzung vom 03.12.2015 wurde seitens des BMWFW immer noch beteuert, nicht mehr als eine Einmalzahlung leisten zu können. Ein anwesender Vertreter des BMF allerdings stellte eine Mitfinanzierung des Bundes in Aussicht. Details sind nicht erwähnt. Die Finanzierung der Aufsichtsbehörde ist ein starkes Indiz für die Überleitung der Aufsichtskompetenz an das BMF. Das größte Novum dabei ist die Errichtung der APAB, als weisungsfreie Anstalt öffentlichen Rechts mit Aufsicht- und Strafbefugnissen, selbst. Die APAB, nahm ihre Tätigkeit am 01.10.2016 auf. Die Aufsicht über die APAB hat das BMF inne. Das in der Verordnung 537/2014 vorgesehene Inspektionssystem wird mittels angestellter Inspektoren durch die APAB selbst durchgeführt. Dadurch findet im APAG sowohl das Peer Review-Verfahren als auch das Monitoring-Verfahren Anwendung. Die APAB ist bescheiderlassende Behörde und entscheidet über das Erlangen, Versagen, den Widerruf und den Entzug der Bescheinigung. Ebenso ist sie zum Erlass von Verordnungen ermächtigt. Der APAB wurden somit hoheitliche Tätigkeiten übertragen. Da die Verhängung von Verwaltungsstrafen eine ausgliederungsfeste Kernaufgabe darstellt, ist die Einrichtung der APAB als Verwaltungsstrafbehörde in § 3 Abs. 6 APAG nach eingehender Prüfung in ihrer derzeitigen rechtlichen Ausgestaltung als möglicherweise verfassungswidrig anzusehen. Zu den Aufgaben der APAB zählt allerdings ebenso die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden aus anderen EU-Mitgliedstaaten, EWR-Vertragsstaaten und Drittstaaten. Im Bereich der Zusammenarbeit mit Behörden aus Drittstaaten hat der Gesetzgeber in § 78 Abs. 6 APAG normiert, dass die vertragliche Zusammenarbeit zwischen den Behörden durch den Bundesminister für Finanzen unterzeichnet werden muss und der APAB lediglich ein Vorschlagsrecht betreffend den Abschluss einer Vereinbarung inne hat. Es erscheint fragwürdig, warum der Bundesminister für Finanzen, der der APAB keine Weisungen erteilen kann, sondern lediglich ein Aufsichtsrecht und Auskunftsrecht gemäß § 14 APAG innehat, die Verträge für die APAB abschließen kann. Meiner Ansicht nach widerspricht die Regelung in § 78 6 APAB der verfassungsrechtlich normierten Weisungsfreiheit nach § 3 Abs. 1 APAG. Betreffend die Zulassung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften ergab sich im Zuge der wissenschaftlichen Aufarbeitung dahingehend eine wesentliche Besserstellung von Prüfungsgesellschaften, als dass § 70 Abs. 1 APAG normiert, dass der Prüfer, der die Abschlussprüfung für die Gesellschaft in Österreich durchführen möchte, die Qualifikation als Wirtschaftsprüfer oder Abschlussprüfer vorweisen muss. Hier wird nicht vom zwingenden Erfordernis gesprochen, dass der Wirtschaftsprüfer als Abschlussprüfer in dem Mitgliedstaat, in dem er zugelassen ist, als Abschlussprüfer qualifiziert sein muss. Das bedeutet eine wesentlichere Besserstellung im Vergleich zu jener Person, die sich als natürliche Person als Abschlussprüfer in Österreich betätigen möchte. Der Gesetzgeber müsste die Erfordernisse des § 70 Abs. 1 APAG dahingehend angleichen, dass jedenfalls ein Prüfer, der für die antragstellende Prüfungsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat die Abschlussprüfung in Österreich durchführen soll, als Abschlussprüfer qualifiziert sein muss und, dass Wirtschaftsprüfer lediglich als ausführende Gehilfen an der vorzunehmenden Prüfung beteiligt sein können. Fraglich ist, ob die RL 2014/56/EU durch § 70 Abs.1 APAG letzter Halbsatz tatsächlich im Sinne des europäischen Gesetzgebers umgesetzt wurde. In Punkte parlamentarische Kontrolle ist zu erwähnen, dass die APAB seit ihrer Gründung im Jahr 2016 noch nicht vom Rechnungshof geprüft wurde.“ Da die VO 537/2014 den Mitgliedstaaten in Art 20 Abs. 1 und 2 die Wahl lässt, welcher Behörde sie die der VO zugrundeliegenden Aufgaben übertragen, hätte in Österreich keine rechtliche Notwendigkeit zur Schaffung eines neuen Rechtsträgers bestanden, da die FMA aufgrund der europäischen Rahmenbedingungen herangezogen hätte werden können. Festgestellt kann jedenfalls werden, dass die Abschlussprüferaufsicht als Teilbereich der Wirtschaftsaufsicht und das Abschlussprüferaufsichtssystem als Teil des Finanzmarktstabilisierungssystems angesehen werden kann und eng mit dem Verbraucher- und Anlegerschutz verbunden ist. Das vorangegangene Kapitel hat aufgezeigt, dass es in der Errichtung der Abschlussprüferaufsicht in Österreich mehrere Möglichkeiten gegeben hat, die RL 2014/56/EU konform umzusetzen und die VO 537/2014/EU adäquat zu implementieren.
Abstract
(Englisch)
Due to the numerous financial- and accounting scandals that have occurred around the world, and to prevent future financial and accounting crises, the European Union has put together a package of measures aimed at regaining investor confidence in the financial sector. Above all, the reputation of the auditor and the trustworthiness of the auditor's work has suffered worldwide due to a lack of quality or independence, which has allowed the series of scandals to occur. Part of this package of measures are the European legal acts in the field of auditors’ activity and its supervision. This was intended to "externally" monitor the quality of the work and the independence of auditors in order to counteract future negative events. With the newly enacted "National Auditor Supervision Act" (APAG) , in which Directive 2014/56/EU was implemented, the first auditor supervisory authority (APAB), was commissioned. The legislature established this as an outsourced legal entity in the form of an institution under public law that acts independently and without direct instructions. At the same time, Regulation 537/2014 was issued on specific requirements for the auditing of companies of public interest. The regulation provides for the inspection system, which is to be carried out directly by an independent authority of the respective EU member state. While within society and among political discourse the demand for administrative simplification, liberalization, a lean administrative apparatus, and cost savings has continuously grown over the course of the last few years - not to say decades - the legislature has nevertheless created another legal entity in addition to, and without utilising, already existing authorities and structures. The APAB started its activity on October 1st, 2016. The Federal Ministry of Finance is responsible for the supervision of the APAB. The inspection system provided for in Regulation 537/2014 is carried out by the APAB itself, using employed inspectors. As a result, both the peer review process and the monitoring process are used in APAG. The APAB, as the issuing authority, decides on granting, rejecting, revoking, or withdrawing the certificate. It is also authorized to issue ordinances. The APAB was thus assigned sovereign activities. Since the imposition of administrative penalties is a core task that cannot be outsourced, the establishment of the APAB as the administrative penal authority in § 3 Abs. 6 APAG is to be regarded as possibly unconstitutional after a detailed examination in its current legal form. However, the tasks of the APAB also include cooperation with the responsible authorities from other EU member states, EEA contracting states, and third countries. In the area of cooperation with authorities from third countries, the legislature has standardized in § 78 Abs. 6 APAG that the contractual cooperation between the authorities must be signed by the Federal Minister of Finance and that the APAB only has the right to propose the conclusion of an agreement. This raises the question as to why the Federal Minister of Finance, who cannot issue direct instructions to the APAB but only has the right to supervision and information according to § 14 APAG, can conclude contracts for the APAB. In my opinion, the regulation in § 78 6 APAB contradicts the constitutionally standardized freedom of instruction according to § 3 Abs. 1 APAG. With regard to the approval of statutory auditors and audit firms, the course of the academic review resulted in a significant improvement for audit firms, as § 70 Abs. 1 APAG stipulates that any auditor who wishes to conduct the statutory audit for a company in Austria be qualified as a chartered accountant or statutory auditor. There is no mention here of any mandatory requirement that the auditor be qualified as an auditor in the Member State in which he is authorized. This provides for a much better position compared to someone who, as a natural person, would like to work as an auditor in Austria. The legislature would have to adjust the requirements of § 70 Abs. 1 APAG to the effect that an auditor who is to carry out the auditing of financial statements in Austria for the applying audit firm from another Member State must be qualified as a statutory auditor, and that chartered accountants can only be involved in the examination as executive assistants. It is questionable whether Directive 2014/56/EU was actually implemented in the final half-sentence of § 70 Abs. 1 APAG, in accordance with the intention of European legislators. In terms of parliamentary control, it should be mentioned that the APAB has not yet been audited by the Court of Auditors since it was founded in 2016. Since Regulation 537/2014 in Art 20 Paragraphs 1 and 2 leaves it up to member states to choose to which authority they delegate the tasks on which the regulation is based, there would have been no legal need to create a new legal entity in Austria. According to the European framework, the FMA could have been used. In any case, it can be established that auditor supervision can be viewed as a sub-area of economic supervision and the auditor supervision system as part of the financial market stabilization system, and that it is closely linked to consumer and investor protection. The previous chapters showed that when auditor oversight was set up in Austria, there were several options for implementing Directive 2014/56 /EU in a compliant manner and for implementing Regulation 537/2014/EU adequately. From my point of view, however, it can be said that the establishment of a separate supervisory authority for the auditor profession is in any case advantageous in that the profession is given more weight in the administrative landscape.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Englisch)
Statutory audits constitution Audit Oversight Body of Austria financial market supervision of austria Austrian Auditor Oversight Act
Schlagwörter
(Deutsch)
Abschlussprüferaufsichtsbehörde Ausgliederung Verfassungskonformität Finanzmarktaufsichtsbehörde
Autor*innen
Katja Ivanka Rulofs
Haupttitel (Deutsch)
Die Neugestaltung der Abschlussprüfer-Aufsicht in Österreich
Publikationsjahr
2021
Umfangsangabe
vi, 147 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*innen
Ewald Wiederin ,
Daniel Ennöckl
Klassifikation
86 Recht > 86.43 Öffentliches Recht: Allgemeines
AC Nummer
AC16463774
Utheses ID
60079
Studienkennzahl
UA | 783 | 101 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1