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Das Echo der Halbmondstimmen
die gespeicherte Stimme als Medium der Zeugschaft in Philip Scheffners "The Halfmoon Files - a ghost story (2007)"
Olivia Poppe
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Theater-, Film- und Medienwissenschaft
Betreuer*in
Andrea Seier
DOI
10.25365/thesis.71101
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-17257.03293.122419-1
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Philip Scheffners Essayfilm über Phonogramme von im Ersten Weltkrieg gefangenen Kolonialsoldaten trägt einen bemerkenswerten Untertitel: A Ghost Story.
Tatsächlich sind diese Stimmaufnahmen, die nur wenige Jahrzehnte nach der Erfindung des Edison-Phonographen entstanden von einer geisterhaften Qualität, denn sie verweisen auf ein Stück fast vergessener deutscher Kolonialgeschichte. Die Produkte eines streng durchgeführten Ablaufs phonographischer Datensammlung haben einen instabilen Status, da sie nicht als selbstbestimmte Zeugnisse der körperlich und diskursiv gefangenen Personen gelten können, sich aber dennoch subversiv gegenüber ihrer Reduktion auf empirische Klangbeispiele verhalten. Ihre Stimmen sind Medium ihrer diskursiven Verstümmelung und ein subversiver Moment im Redekorsett zugleich.
The Halfmoon Files bildet zunächst den Ausgangspunkt zur Entwicklung einer Theorie der Stimme als Derrida’sche Spur des kulturellen Gedächtnisses vor dem Hintergrund ihrer technischen Loslösung und Dissimilation. Als theoretische Basis dienen mir unter anderem Sigrid Weigels Thesen zur Stimme als Medium des Nachlebens, Gayatri C. Spivaks subalternitätstheoretischer Entwurf zum Echo-Mythos, sowie Avery F. Gordons soziologische Figur des Phantoms.
Im zweiten Teil der Arbeit werde ich diese medial-orale Zeugschaft anhand von ausgewählten Szenen aus The Halfmoon Files untersuchen. Der Film bietet den ambivalenten Stimmzeugnissen einen Resonanzraum. Dieser Raum ist jedoch nicht neutral, sondern formt die Stimmen so sehr, wie er sich umgekehrt von den Stimmen formen lässt. Erfahrbar wird dabei, was Avery F. Gordon ghostly matter nennt.
Im Fokus steht das Verhältnis zwischen der Stimme Scheffners als dokumentarische Erzählstimme und der Phonogrammaufnahme des gefangenen Kolonialsoldaten Bhawan Singhs, die der Regisseur als alternativen, mythischen Erzähler einsetzt.
Ziel ist es, die Stimme unter den spezifischen Bedingungen dieser Aufnahmen auf ihre Eigenschaften als „Schwellenphänomen” und Medium der Zeugschaft zu untersuchen. Es gilt die Frage zu beantworten, wie die Spezifika der alternativen Erzählstimme Bhawan Singhs in The Halfmoon Files zum Tragen kommen. Verkörpert Bhawan Singhs Stimme jene „Phantomstimmen der Mediengeschichte“, die Weigel heraufbeschwört? Und wenn ja, in welchem Verhältnis steht sie zur Stimme Scheffners, der die Geister einer kolonialen Vergangenheit hervorruft?
Die These dieser Arbeit lautet, dass die mediatisierte Stimme ein Schlüsselmedium bildet für eine intersektionale Zusammenführung hauntologischer Fragestellungen, die sich an Konstellationen der Zeugschaft richten.
Abstract
(Englisch)
Philip Scheffner’s essay film about phonograms of colonial soldiers who were captured by the German Empire in World War I has a remarkable subtitle: A Ghost Story.
Recorded only a few years after the Edison Phonograph was invented, these phonograms have a ghostly quality, because they preserve an almost forgotten piece of colonial history. As they result from phonographic procedures following a strict protocol, their status is unstable: Neither do they record freely expressed speech, nor can they be limited to their intended purpose as sound examples. These captured voices witness their own discursive mutilation while subverting against their reduction.
In my master’s thesis, I use Scheffner’s The Halfmoon Files to develop a theory of the voice as a Derridean trace of cultural memory, considering its detachment from the body and its dissimilation via media such as phonography and film. I ground my findings on theories of the voice, haunting and subaltern speech developed by scholars such as Sigrid Weigel, Avery F. Gordon and Gayatri C. Spivak. In the next step, I return to the Halfmoon Files to apply the developed concepts by analysing the relationship between the two narrators: Scheffner and the recorded voice of Bhawan Singh, an Indian soldier in captivity.
My primary aim is to contemplate the specific ways in which Bhawan Singh’s recording stands in as a ghostly witness for what is missing. My main thesis is that the mediated voice is a key medium for the intersectional and hauntological understanding of history, as well as for witnessing of what is lost in cultural memory.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Stimme Medium Philip Scheffner The Halfmoon Files Phonogramme Grammophon Phonograph Echo Phantom Zeugschaft
Schlagwörter
(Englisch)
voice medium Philip Scheffner The Halfmoon Files recordings phonograph Echo phantom witnessing
Autor*innen
Olivia Poppe
Haupttitel (Deutsch)
Das Echo der Halbmondstimmen
Hauptuntertitel (Deutsch)
die gespeicherte Stimme als Medium der Zeugschaft in Philip Scheffners "The Halfmoon Files - a ghost story (2007)"
Paralleltitel (Englisch)
Echo of the halfmoon voices
Paralleluntertitel (Englisch)
the recorded voice as a medium of witnessing in Philip Scheffner's "The Halfmoon Files - a ghost story (2007)"
Publikationsjahr
2022
Umfangsangabe
101 Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Andrea Seier
Klassifikationen
02 Wissenschaft und Kultur allgemein > 02.99 Wissenschaft und Kultur allgemein: Sonstiges ,
06 Information und Dokumentation > 06.90 Archive, Archivkunde ,
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.02 Philosophie und Theorie der Geisteswissenschaften ,
10 Geisteswissenschaften allgemein > 10.99 Geisteswissenschaften allgemein: Sonstiges ,
24 Theater > 24.30 Film: Allgemeines
AC Nummer
AC16537386
Utheses ID
61996
Studienkennzahl
UA | 066 | 583 | |
