Detailansicht
Vom Versuch, die Sucht zu kontrollieren
kontrolliertes Trinken und dessen Rezeption in der deutschsprachigen Suchtforschung : eine kritische Diskurs- und Dispositivanalyse
Ines Röhrle
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Psychologie
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Psychologie
Betreuer*in
Thomas Slunecko
DOI
10.25365/thesis.75051
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-14289.65452.482634-3
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Wer mit einer „Alkoholabhängigkeit“ diagnostiziert wird, hat per Definition die Kontrolle über seinen Konsum verloren - und daher nur eine Möglichkeit: lebenslange Abstinenz. Jedoch existiert seit einigen Jahren ein Konzept am Rande des suchtwissenschaftlichen Diskurses, welches eine Alternative zur Abstinenz darstellt: kontrolliertes Trinken. Indem es das Postulat eines irreversiblen Kontrollverlusts verneint und Betroffenen eine Rückkehr zu einem strengen, selbstüberwachtem Trinkverhalten nach Plan in Aussicht stellt, rüttelt es jedoch auch an den Grundpfeilern jahrzehntelanger abstinenzorientierter Suchtforschung. Ziel dieser Arbeit war es, zu erforschen, wie sich das Paradigma des kontrollierten Trinkens trotz heftiger Kontroversen aus dem Abstinenzparadigma entwickeln und herauslösen konnte. Dies gelang unter Verwendung der Methode der kritischen Diskurs- und Dispositivanalyse nach Jäger. In einem ersten Analysezyklus wurden anhand des Internetauftritts der Protagonist*innen zugrundeliegende Menschenbilder, Motive und Visionen herauspräpariert, um den ‚Geist‘ des kontrollierten Trinkens zu erfassen. In einem zweiten Analysezyklus wurde mithilfe einer diachronen Betrachtungsperspektive der suchtwissenschaftliche Diskurs zu kontrolliertem Trinken von 2000 bis 2020 nachvollzogen. Dazu wurden Textfragmente aus der deutschsprachigen Zeitschrift SUCHT feinanalysiert. Es konnte gezeigt werden, dass die Akzeptanz von kontrolliertem Trinken weniger von rational-wissenschaftlichen Argumenten, sondern vielmehr von vorherrschenden Menschenbildern, Vorurteilen zu Sucht und finanziellen Interessen abhängt. Jahrelang wird kontrolliertes Trinken als unwirksam abgelehnt. Jedoch wird dann die sogenannte „medikamentös gestützte Trinkmengenreduktion“ von der einflussreichen Pharmaindustrie als kapitalistisch verwertbar entdeckt und finanziell unterstützt. Nach und nach ändert sich auch die wissenschaftliche Mehrheitsmeinung und das Abstinenzparadigma weicht auf. Kontrollierter Konsum könnte das Abstinenzparadigma womöglich bald als vorherrschendes Dispositiv ablösen, da es zwei gegenläufige Elemente erfolgreich verschaltet: ein zunehmend pathologisierender Diskurs in Bezug auf Alkohol und das den Neoliberalismus bestimmende Menschenbild des autonomen, aber selbstverantwortlichen Subjektes.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
kritische Diskursanalyse Dispositivanalyse Alkoholabhängigkeit kontrolliertes Trinken reduziertes Trinken kontrollierter Konsum Abstinenz Schadensminimierung
Autor*innen
Ines Röhrle
Haupttitel (Deutsch)
Vom Versuch, die Sucht zu kontrollieren
Hauptuntertitel (Deutsch)
kontrolliertes Trinken und dessen Rezeption in der deutschsprachigen Suchtforschung : eine kritische Diskurs- und Dispositivanalyse
Publikationsjahr
2022
Umfangsangabe
152 Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Thomas Slunecko
AC Nummer
AC16566856
Utheses ID
63140
Studienkennzahl
UA | 066 | 840 | |