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"Hab' dann doch irgendwie wieder einen Weg gefunden als Überlebenskünstler." - krisenhafte biografische Erlebnisse
eine Einzelfallstudie zur biografischen Bedeutung von Gefängnishaft
Hannah Gwehenberger
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Bildungswissenschaft
Betreuer*in
Bettina Dausien
DOI
10.25365/thesis.73342
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-27661.32266.562648-7
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)
Abstracts
Abstract
(Deutsch)
Ausgehend von der Annahme, dass die Gefängnishaft ein unerwartetes, irritierendes und krisenhaftes biografisches Erlebnis für Betroffenen ist, liegt das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit sowohl auf den subjektiven biografischen Verarbeitungsweisen von Hafterfahrungen als auch deren Einbettung und Auslegung in der lebensgeschichtlichen Narration. Die Konstruktionslogik der Lebensgeschichte, die biografische Relevanz von Hafterfahrungen und deren Interpretation stehen im Mittelpunkt der Analyse. Die Forschungsarbeit ist rekonstruktiv interpretativ angelegt und hat einen Einzelfall als Rekon-struktionsgrundlage. Dieser Einzelfallanalyse liegt das biografisch-narrative Interview als Erhebungsmethode und die Narrationsanalyse als Auswertungsmethode zugrunde. In der vorliegenden Masterarbeit kann aufgezeigt werden, wie mit dem Erlebnis der Gefängnishaft auf der Handlungsebene und in der retrospektiven Interpretation umgegangen wird. Es zeigt sich, dass die Erzählstrategie verfolgt wird, sich in der biografischen Narration als handlungsfähig, selbstbestimmt und selbstwirksam zu konstruieren. Eine positiv konnotierte narrative Identität wird konstruiert. Die Rahmung der Lebensgeschichte als nicht schön dient dabei als Hintergrundfolie für eine positive Selbstdarstellung. In dieser Erzähllogik deutet der Biografieträger reaktive Handlungsschemata als autonom entworfene und erfolgreich umgesetzt, obgleich sie reaktive Fluchtpraktiken sind, um schwierigen Lebensumständen in negativen Verlaufskurven zu entkommen. Eine Diskrepanz ist hier zu erkennen. Weiters zeigt die Analyse, dass negative Erlebnisse retrospektiv als sinnhafte Erfahrungen (re-)interpretiert und positiv ausgelegt werden. Diese Erzählstrategie betrifft auch die Gefängnishaft. Hinsichtlich der biografischen Relevanz und Deutung von Gefängnishaft kann festgehalten werden, dass die längeren Gefängnisaufenthalte sich als Auszeiten von einem problembehafteten Alltag herausstellen. Die Gefängnishaft bietet einen ‚Möglichkeitsraum‘ für (Selbst-)Reflexion und für eine praktische Auseinandersetzung mit problembehafteten Handlungspraktiken. Aufgrund des Potentials zur biografi-schen Veränderung und Neuausrichtung, das in der Gefängnishaft freigesetzt wird, wird die Zeit in der totalen Institution positiv gedeutet. Die positive Auslegung bezieht sich jedoch nicht per se auf das Gefängnis mit dessen dominante Merkmale der Fremdbestimmtheit und des Freiheitsentzugs. Weiters veranschaulicht die Einzelfallstudie die komplexe Verstrickung von verschiedenen Lebensumständen mit Handlungspraktiken, und der retrospektiven Interpretation ebendieser. Außerdem gibt die Rekonstruktion Aufschluss über die Wirkung von negativen Verlaufskurven und den Umgang mit ihnen. Detailliert kann nachgezeichnet werden, wie der Biografieträger versucht, sich von heteronomen Situationen zu befreien und neue Wege einzuschlagen.
Abstract
(Englisch)
Based on the assumption that imprisonment is an unexpected, irritating and critical biographical experience for those affected, the research interest of the present work lies both in the subjective biographical ways of processing of imprisonment experiences and their embedding and interpretation in the life-story narration. The construction logic of the life story, the biographical relevance of imprisonment experiences and their interpre-tation are the focus of the analysis. The research work is designed to be reconstructive and interpretative and has an individual case as the basis for reconstruction. This case-by-case analysis is based on the biographical-narrative interview as the survey method and the narrative analysis as the evaluation method. In this master's thesis it can be shown how the experience of imprisonment is dealt at the level of action and in the retrospective interpretation. It is shown that the narrative strategy is pursued to construct oneself as capable of acting, self-determined and self-effective in the biographical narration. A positively connoted narrative identity is constructed. The framing of the life story as not beautiful serves as a background for a positive self-presentation. In this narrative logic, the biography carrier interprets reactive schemes of action as autonomously de-signed and successfully implemented, although they are reactive escape practices in order to escape difficult life circumstances in negative trajectories. A discrepancy can be seen here. Furthermore, the analysis shows that negative experiences are retrospectively (re-)interpreted as meaningful experiences and interpreted positively. This narrative strategy also applies to imprisonment. With regard to the biographical relevance and interpretation of imprisonment, it can be stated that the longer periods of imprisonment turn out to be time out from a problem-laden everyday life. Prison detention offers a 'possibility space' for (self-)reflection and for a practical examination of problematic ac-tion practices. Due to the potential for biographical change and realignment released in imprisonment, the time in the total institution is interpreted positively. However, the positive interpretation does not specifically refer to the prison with its dominant features of external determination and deprivation of liberty. In addition, the individual case study illustrates the complex entanglement of different life circumstances with action practices and the retrospective interpretation of these. The reconstruction also provides information about the effect of negative trajectories and how they are tried to be turned into positive ones through the interpretation and framing of the life story.
Schlagwörter
Schlagwörter
(Deutsch)
Biografieforschung Rekonstruktive Forschung Gefängnishaft krisenhafte biografische Erlebnisse Narrationsanalyse
Schlagwörter
(Englisch)
biographical research reconstructive research imprisonment critical biographical experiences
Autor*innen
Hannah Gwehenberger
Haupttitel (Deutsch)
"Hab' dann doch irgendwie wieder einen Weg gefunden als Überlebenskünstler." - krisenhafte biografische Erlebnisse
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine Einzelfallstudie zur biografischen Bedeutung von Gefängnishaft
Paralleltitel (Englisch)
Critical biographical experiences
Paralleluntertitel (Englisch)
a case study on biographical relevance of imprisonment experiences
Publikationsjahr
2022
Umfangsangabe
131 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Bettina Dausien
Klassifikationen
70 Sozialwissenschaften allgemein > 70.00 Sozialwissenschaften allgemein. Allgemeines ,
71 Soziologie > 71.65 Kriminalität als soziales Problem ,
79 Sozialpädagogik > 79.17 Soziale Arbeit in Lebens- und Familienkrisen ,
79 Sozialpädagogik > 79.20 Resozialisierung ,
79 Sozialpädagogik > 79.21 Obdachlosenhilfe ,
79 Sozialpädagogik > 79.22 Soziale Arbeit mit Suchtkranken ,
80 Pädagogik > 80.99 Pädagogik. Sonstiges
AC Nummer
AC16814273
Utheses ID
65690
Studienkennzahl
UA | 066 | 848 | |