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Chemieunterricht an extremen Orten unter extremen Bedingungen
Michael Ogrodnik
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Chemie
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Lehramt Sek (AB) UF Chemie UF Geschichte und Politische Bildung
Betreuer*in
Michael Alfred Anton
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.74096
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-13182.59162.953343-2
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Bei Oceancollege handelte es sich um ein Bildungsprojekt, vergleichbar mit einem Auslandssemester für 35 SchülerInnen im Alter von 14-19 Jahren aus dem deutschsprachigen Raum. Die SchülerInnen segelten im Schuljahr 2021/2022 6 Monate lang auf dem Traditionssegelschiff „Pelican of London“ von Kiel nach Costa Rica und retour. Dabei wurden mit 14 800 Seemeilen etwa 2/3 des Erdumfanges zurückgelegt. Hierbei wurden die SchülerInnen durchgehend von einem professionellen Team aus 7-10 Seeleuten und 3 LehrerInnen betreut und unterrichtet. Die SchülerInnen arbeiteten täglich mindestens eine Wache (4 Stunden) als Matrosen und hatten von Montag bis Samstag täglich 4 Stunden regulären Unterricht. Einen besonderen Schwerpunkt des Unterrichts stellte die Einbindung des außergewöhnlichen Umfelds und des Alltages dar. Zusätzlich wurden die SchülerInnen in alle anfallenden Arbeiten an Bord eines Schiffes eingebunden, wie Deck schrubben, Reparaturen durchführen, Kochdienste in der Kombüse, Segelmanöver, Forschungs- und Vertiefungsprojekte etc. an. Im deutschsprachigen Raum gibt es mit dem „Segelnden Klassenzimmer“ auf der „Thor Heyerdahl“ und dem „High Seas Highschool“ auf der „Alexander von Humboldt“ mehrere vergleichbare und lange etablierte Projekte, die ebenfalls Schulunterricht auf einem Segelschiff auf einer ähnlichen Route anbieten. Der praktische Teil dieser Arbeit wird sich auf den Ocean College Törn 2021/2022 beziehen, an dem ich als Lehrer für Chemie, Biologie und Physik, sowie als Leiter des Forschungsprojektes teilnahm. Fragestellung: Wie kann didaktisch moderner, schülerzentrierter, experimenteller und hochqualitativer Chemieunterricht auf einem fahrenden Segelschiff mit einer heterogenen SchülerInnengruppe umgesetzt werden? Welche Anforderungen erweisen sich als essenziell für einen erfolgreichen Unterricht unter solchen Bedingungen? Diese Masterarbeit beschreibt zunächst die allgemeinen Lebens-, Arbeits- und Unterrichtsbedingungen auf der „Pelican of London“ im Verlauf der Reise 2021/2022. Anschließend erfolgt eine Analyse des didaktischen und pädagogischen Hintergrunds. Im praktischen Teil werden einige exemplarische, gehaltene Chemiestunden sowie freiwillige, chemische Zusatzstunden beschrieben. Dieser Hauptteil befasst sich vorwiegend mit dem betitelten, aktiven und experimentellen Chemieunterricht unter Extrembedingungen. Hierbei wird sowohl der umgesetzte Unterricht wie auch die Vorbereitung und die gescheiterten Experimente beschrieben. Zusätzlich wird ein Einblick in den „Science Pathway“ und die am Schiff laufenden, naturwissenschaftlichen Forschungsprojekte geliefert, welche von besonderer Bedeutung für den naturwissenschaftlichen Unterricht waren. Zum Abschluss erfolgt eine fachdidaktische Auswertung anhand von Fragebögen und Umfragen der teilnehmenden SchülerInnen. Diese Arbeit ist vermutlich unter den ersten wissenschaftlichen Abhandlungen, die sich mit Chemiedidaktik auf einem sechsmonatigen Segeltörn beschäftigen. Viele der hier beschriebenen, situationsbedingten Methoden und Unterrichtsdurchführungen befinden sich daher in ihren Pionierschuhen. Viele Situationen sind mit den Standardbedingungen in herkömmlichen europäischen Schulen nicht vergleichbar. Daher werden in dieser Arbeit auch die Gedanken und Überlegungen des Verfassers als wesentlicher Bestandteil angesehen und zwecks Lesbarkeit aus der 1. Person geschildert. Dadurch lässt sich ebenfalls ein Einblick in den emotionalen Aspekt der Beziehungen zwischen LehrerInnen und SchülerInnen gewähren. Auswertung: Ich vertrete die Meinung, dass beim schülerbasierten, experimentellen Chemieunterricht unter solchen Extrembedingungen kreative Lösungsvorschläge an die SchülerInnen ausgelagert werden sollten. Klassische Versuchsanleitungen, die in einem entsprechend ausgestatteten naturwissenschaftlichen Labor wie Kochrezepte nachgekocht werden können, sind nicht möglich. Gegenüber den SchülerInnen hat die Lehrperson somit noch immer den Vorteil des vorhandenen Fachwissens und der Erfahrung, allerdings nicht den der Routine. Die Lehrperson sollte sehr erfahren und fachlich gut sein, da man im Wesentlichen auf sich allein gestellt und Literatur oder Internetquellen nur sehr stark begrenzt zur Verfügung hat. Gleichzeitig ist bei der Lehrperson ein sehr hohes Engagement, hohe Flexibilität sowie Teamwork Pflicht, um die Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Lehrperson muss kreativ sein sowie lösungsorientiert und Verantwortung auslagern können. Die Extrembedingungen des Segelschiffes haben in Bezug auf die Unterrichtsführung einen sehr großen Vorteil, der Beziehung der Lehrperson zu den SchülerInnen. Das gegenseitige Kennen, Vertrauen, der Umgang auf Augenhöhe, Zusammenleben sowie Arbeiten abseits des Unterrichts sowie das gemeinsame Leiden unter widrigen Umständen schaffen ein einzigartiges Verhältnis. Ein weiterer Vorteil für die Abhaltung des didaktisch modernen Chemieunterrichts war die lange Dauer der Reise. Dadurch konnten Routinen etabliert werden und sich sowohl die SchülerInnen als auch das Lehrpersonal aneinander gewöhnen. Außerdem bin ich überzeugt, dass die Extrembedingungen im Lebensalltag Kreativität nicht nur fördern, sondern auch fordern. Kreativitätsbasierte Unterrichtskonzepte, wie beispielsweise das Forschende Lernen funktionieren daher aus meiner Sicht besser als in einem bestens eingerichteten Chemielabor mit idealen Bedingungen. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss hat Humor und gute Laune, die vor allem in widrigen Bedingungen ansteckend sind und die Atmosphäre stark beeinflussen. Abschließend soll noch auf das Dreieck der „Vier Lehrqualifikationen“ von Herrn Anton verwiesen werden, um das Zusammenspiel zwischen Didaktik und Mathetik anzusprechen. Für einen erfolgreichen Unterricht befinden sich nicht nur die Lehrperson, sondern auch die SchülerInnen in einer Bringschuld. Wenn bei den SchülerInnen weder Wille noch Motivation vorhanden sind, so ist kein didaktisch moderner und schülerbasierter experimenteller Chemieunterricht möglich. Hypothese: Die Hypothese „Didaktisch moderner, schülerzentrierter, experimenteller und hochqualitativer Chemieunterricht ist auch unter Extrembedingungen an extremen Orten möglich.“ kann somit als bestätigt erachtet werden.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Segelschiff Chemiedidaktik Forschendes Lernen Experimentalunterricht Außerschulischer Lernort
Autor*innen
Michael Ogrodnik
Haupttitel (Deutsch)
Chemieunterricht an extremen Orten unter extremen Bedingungen
Publikationsjahr
2023
Umfangsangabe
95 Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Michael Alfred Anton
Klassifikationen
30 Naturwissenschaften allgemein > 30.03 Methoden und Techniken in den Naturwissenschaften ,
35 Chemie > 35.00 Chemie. Allgemeines
AC Nummer
AC16924120
Utheses ID
67636
Studienkennzahl
UA | 199 | 504 | 511 | 02
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1