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Em nome do estado: a feminist, decolonial analysis of everyday (in)securities in Rio de Janeiro’s Favelas
Josefa Maria Stiegler
Art der Arbeit
Dissertation
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Doktoratsstudium Sozialwissenschaften (Dissertationsgebiet: Politikwissenschaft)
Betreuer*in
Saskia Stachowitsch-Clar
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.74461
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-23442.56959.719319-7
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Diese Dissertation beschäftigt sich mit den verschiedenen urbanen (Un-)Sicherheiten, die das alltägliche Leben an den „Rändern“ postkolonialer Städte charakterisieren. Sie bietet neue Überlegungen, die sich mit den Praktiken, Bedürfnissen und Herausforderungen marginalisierter, rassifizierter und vergeschlechtlichter Bevölkerungsgruppen, die alltäglicher Gewalt ausgesetzt sind, auseinandersetzen. Die Forschung privilegiert die Narrative Schwarzer Frauen aus Favelas in Rio de Janeiro, die in Bewegungen von Müttern von Opfern staatlicher Gewalt aktiv sind. Sie organisieren sich lokal und autonom, basierend auf ihrer gemeinsamen Erfahrung, dass Familienmitglieder im Namen des sogenannten „Kriegs gegen Drogen“ von der Polizei getötet wurden. Als Hauptverantwortliche der familiären Sorgearbeit leiden Mütter auf geschlechtsspezifische Weise unter dem Verlust eines Kindes. Als Aktivistinnen mobilisieren sie die Figur der trauernden Mutter, was für sie eine Möglichkeit darstellt, Handlungsfähigkeit zu erlangen und politische Forderungen zu stellen. Dennoch hat die Forschung zur urbaner Gewalt erst kürzlich begonnen, ihre Erfahrungen ins Zentrum zu stellen. Diese Studie basiert auf hybridem empirischen Material, bestehend aus Feldnotizen von einem Forschungsaufenthalt in Rio de Janeiro im Jahr 2019 und Videodaten aus virtuellen Gesprächen von 2020 und 2021, die im Rahmen einer Online-Feldforschung gesammelt wurden. Unter Verwendung des Konzepts des everyday sowohl als empirische Realität als auch spezifischen Ort integriert diese Arbeit feministische und dekoloniale Theorien der Sicherheit und des (urbanen) Raums, um theoretisch zu erfassen, wie (Un)Sicherheiten nicht nur vergeschlechtlich, rassifiziert und klassenspezifisch sind, sondern auch in den jeweiligen (postkolonialen) Räumen verankert sind, in denen sie stattfinden. Die Studie zeigt, dass ein Fokus auf den Alltag der Aktivistinnen das komplexe Geflecht aus sich überschneidenden Unsicherheiten, die im Namen des Staates verursacht werden, greifbar macht. Schwarze Mütter schaffen Gemeinschaft und Sicherheit durch Mikropolitiken der Solidarität und Sorge; sie verkörpern somit das Schwarzsein, das der Staat zu eliminieren versucht. Ich argumentiere, dass ihre Viktimisierung durch die weniger direkten, langfristigen Folgen urbaner Gewalt im Fokus der staatlichen Nekropolitik steht; urbane Sicherheitspolitiken stützen sich grundlegend auf die Unsichtbarmachung Schwarzer Frauen und die Naturalisierung ihres Leidens. Darüber hinaus stellt die Arbeit fest, dass die aktivistischen Bewegungen der Mütter durch ihre vielfältigen Erinnerungspraktiken Trauer in den städtischen Raum einschreiben; sie rehumanisieren ihre Kinder, die vom Staat als Kriminelle dargestellt werden und erzählen somit eine andere Geschichte über „Sicherheit“ in den Favelas und deren Konsequenzen. Unsicherheiten, Leid und Resilienz sind auf komplexe Weise miteinander verflochten; (städtisches) Trauma ist nicht immer tödlich, sondern kann auch ein Ausgangspunkt für Aktivismus sein, der Sinn und Hoffnung stiftet und die Herstellung von Bottom-up-Sicherheit ermöglicht. Dabei engagieren sich Schwarze Mütter von Opfern staatlicher Gewalt in einem Kampf um Bedeutung, indem sie physische und diskursive Räume aneignen, um koloniale Darstellungen Schwarzer Territorien zu demontieren.
Abstract
(Englisch)
This thesis offers new considerations of urban (in)securities that address the practices, needs and challenges of marginalized, racialized and gendered populations who are exposed to everyday violence at the urban margins of postcolonial cities. The research centers on the narratives of Black women from favelas in Rio de Janeiro who are active in movements formed by mothers of victims of state violence. They mobilize locally and autonomously based on their shared experience of having had a family member killed with the justification of the “war on drugs”. As the family’s main caretakers, mothers suffer from the loss of a child in gender-specific ways; as activists, they mobilize the figure of the grieving mother, which represents an opportunity to claim agency and make political demands. Yet urban violence research has only recently begun to focus on their experiences. The study is based on hybrid empirical material that consists of field notes from an on-site research visit to Rio de Janeiro in 2019 and video data from virtual conversations in 2020 and 2021 collected through online fieldwork. Utilizing the concept of the everyday as an empirical reality and a distinct location, this thesis integrates feminist and decolonial theories of security and (urban) space in order to theoretically grasp how (in)securities are not only gendered, racialized and classed but also grounded in the distinct (postcolonial) spaces they take place in. The study finds that a focus on activist mothers’ everyday routines makes tangible the complex web of intersecting insecurities caused in the name of the state. Black mothers create community and security through micro-politics of solidarity and care; they thus embody the Blackness the state seeks to eliminate. I argue that their victimization through the less direct, long-term consequences of urban violence is thus at the center of how the state executes necropower; urban security governance fundamentally relies on the invisibilization of Black women and the naturalization of their suffering. Moreover, this thesis finds that mothers’ movements inscribe grief in the urban fabric through a multiplicity of memory practices; they rehumanize their children whom the state renders criminals, thereby narrating a different story about “security” in favelas and its consequences. Insecurities, suffering and resilience are interwoven in a complex manner; (urban) trauma is not always lethal but can also be a departure point for activism that creates purpose and hope and the making of bottom-up security. Thereby, Black mothers of victims of state violence engage in a struggle over meaning, appropriating physical and discursive spaces to dismantle colonial representations of Black territories.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Urbane Sicherheiten Favelas Rio de Janeiro politische Mütterbewegungen räumlicher Widerstand feministisch dekolonial
Schlagwörter
(Englisch)
Urban securities favelas Rio de Janeiro political mothers’ movements spatial resistance feminist decolonial
Autor*innen
Josefa Maria Stiegler
Haupttitel (Englisch)
Em nome do estado: a feminist, decolonial analysis of everyday (in)securities in Rio de Janeiro’s Favelas
Paralleltitel (Deutsch)
Em nome do estado: eine feministische, dekoloniale Analyse alltäglicher (Un-)Sicherheiten in den Favelas von Rio de Janeiro
Publikationsjahr
2023
Umfangsangabe
207 Seiten : Illustrationen
Sprache
Englisch
Beurteiler*innen
Annick T. R. Wibben ,
Sofia Zaragocin Carvajal
Klassifikationen
89 Politologie > 89.42 Staat und Bürger ,
89 Politologie > 89.57 Politische Beteiligung ,
89 Politologie > 89.58 Politische Gewalt ,
89 Politologie > 89.76 Friedensforschung. Konfliktforschung
AC Nummer
AC16960243
Utheses ID
67832
Studienkennzahl
UA | 796 | 310 | 300 |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1