Detailansicht

Aspekte von Würde am Beispiel meiner hochbetagten, bettlägerigen, an Demenz erkrankten Mutter
eine philosophische Spurensuche
Christa Leitner-Wittmann
Art der Arbeit
Master-Thesis (ULG)
Universität
Universität Wien
Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Universitätslehrgang Studium Generale (MA) - Das nachberufliche Studium an der Universität Wien
Betreuer*in
Katharina Lacina
Volltext herunterladen
Volltext in Browser öffnen
Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.75308
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-23941.55436.354427-4
Link zu u:search
(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Anhand der Erfahrungen, die ich in der Zeit der Demenzerkrankung meiner Mutter machte, die gegen Ende hochbetagt und bettlägerig war, ging ich der Frage nach, inwieweit Würde unter diesen Bedingungen zu finden ist. Wer nicht mehr selbstbestimmt leben kann, ist von der Fürsorge anderer abhängig. Objektive Kriterien in medizinisch-pflegerischer, sozialer und moralischer Hinsicht sind gesellschaftlichen Strömungen unterworfen und gehen nicht immer Hand in Hand mit der subjektiven Einstellung Betroffener. Was unter dem Begriff Würde verstanden wird, hat sich immer wieder verändert. Von einem bestimmten Rollenverständnis in der Antike über eine Gottähnlichkeit bis hin zu einer Person mit Vernunft, moralischem Verständnis und kontinuierlichem Identitätsbewusstsein über die Gegenwart hinaus. Welche Bedingungen und Fähigkeiten an das Personsein geknüpft werden, betrifft unmittelbar die Zuschreibung von hilflosen, abhängigen und dementen Personen und den Umgang mit ihnen. Würde ist immer subjektiv, Messlatte ist die eigene Erfahrung und Vorstellung von Würde. Würde kann situationsbedingt von anderen „übertragen“ werden, wenn die Person selbst nicht mehr in der Lage ist, sich würdevoll zu verhalten. Die Wertzuschreibung von Würde hat v.a. Kant geprägt, der in dem Selbstzweck des Menschen seinen Wert und damit seine Würde erkennt. Ist die äußere Freiheit beschränkt, kann Würde trotz widriger Umstände bewahrt bleiben, wenn es gelingt, sich Freiheit im Inneren zu sichern. Die stoische Philosophie lehrt, an nichts zu hängen, was nicht in unserer Macht steht. Würde kann auf das Erfüllen einer Rolle eingegrenzt werden oder sich auf das ganze Leben beziehen, wie es im Verständnis der allgemeinen Menschenwürde zu finden ist. Es ist möglich, dem Tod würdevoll zu begegnen und den Verstorbenen ein würdiges Andenken zu bewahren. Das Empfinden von Würde und würdevolles Verhalten sind geprägt von Selbstachtung und Selbstverantwortung, wobei Abhängigkeit nicht automatisch zu Würdeverlust führt, Demütigung und das Überschreiten von Intimitätsgrenzen aber schon. Ein subjektiv empfundener Makel kann zu Scham führen, aus der Angst heraus, entdeckt zu werden. Besonders im Krankheitsfall besteht Gefahr, dass Würde verloren geht. Akzeptanz seitens der Kranken und seitens der Angehörigen trägt zum Schutz von Würde bei. Ob in der Täuschung der Kranken eine Schutzfunktion liegt, bedingt eine klare Abgrenzung zur Lüge. Je verletzbarer Würde ist, umso eher wird sie eingefordert, worin auch eine Gefahr von „Inflation des Würde-Anspruchs“ liegt. Würde ist ein Wert, den ich jemand anderem zugestehe und kann nur in einem sozialen Rahmen erlebt werden. Würde zeigt sich als Leitmotiv des Lebens, ohne das es kein gesellschaftliches Miteinander gäbe.
Abstract
(Englisch)
Based on the experiences I had during my mother's dementia, who was very elderly and bedridden towards the end, I explored the question oft he extent to which dignity can be found under these conditions. People who can no longer live autonomously are dependent on the care of others. Objective criteria in terms of medical, nursing, social and moral aspects are subject to social trends and do not always align with the subjective attitudes of those affected. The understanding of dignity has changed over time. From a specific understanding of roles in ancient times to god-like status and then to a person with reason, moral understanding and a continuous sense of identity beyond the present. The conditions and abilities attached to being a person directly concern the attribution of helpless, dependent and demented people and how they are treated. Dignity, as a quality, is always subjective; the benchmark is one's own experience and idea of dignity. Dignity can be "transferred" by others in situation where the person is no longer able to behave with dignity itself. The ascription of value to dignity has been influenced primarily by Kant, who recognizes the value and thus the dignity of humans in their self-purpose. Even when external freedom is restricted, dignity can be preserved despite adverse circumstances if one is able to secure its freedom internally. Stoic philosophy teaches us not to cling to anything that is not in our control. Dignity can be limited to the fulfilment of a role or can be related to one's entire life, as can be found in the understanding of universal human dignity. It is possible to face death with dignity and to preserve a dignified memory of the deceased. The perception of dignity and dignified behaviour are characterised by self-respect and selfresponsibility, whereby dependence does not automatically lead to a loss of dignity, but humiliation and crossing of intimacy boundaries do. A subjectively perceived flaw can lead to shame for fear of being discovered. There is a particular risk of dignity loss in case of illness. Acceptance from both the patient and the relatives contributes to protect dignity. Whether deception of the sick person serves a protective function requires a clear distinction from lying. The more vulnerable dignity is, the more it is demanded, which also poses a risk of "inflation of dignity claims." Dignity is a value that I grant to someone else and can only be experienced within a social framework. Dignity is evident as a guiding principle of life, without which there would be no social coexistence.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Philosophie Würde Alter Demenz Person Würde und Freiheit Würde und Zeit Scham Krankheit
Autor*innen
Christa Leitner-Wittmann
Haupttitel (Deutsch)
Aspekte von Würde am Beispiel meiner hochbetagten, bettlägerigen, an Demenz erkrankten Mutter
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine philosophische Spurensuche
Publikationsjahr
2023
Umfangsangabe
103 Seiten
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Katharina Lacina
Klassifikation
08 Philosophie > 08.00 Philosophie. Allgemeines
AC Nummer
AC17089063
Utheses ID
69633
Studienkennzahl
UA | 992 | 499 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1