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Deutsche Sprache und österreichische Identität 1945 bis 1955 - zur Positionierung Karl Renners und der SPÖ
eine zeitgeschichtlich kontextualisierte soziolinguistische Untersuchung
Michael Klukowski
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium Austrian Studies - Cultures, Literatures, Languages
Betreuer*in
Manfred Glauninger
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.75173
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-28794.72067.426857-6
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Den Untersuchungsgegenstand dieser Masterarbeit bilden ausgewählte (sprach-)politische sowie (sprach-)ideologische Aspekte der Positionierung von Karl Renner im Besonderen und der Sozialistischen Partei Österreichs (SPÖ) im Allgemeinen in Bezug auf das Spannungsfeld „deutsche Sprache und österreichische Identität“ im Kontext des frühen „nation building“ der Zweiten Österreichischen Republik. Als Untersuchungszeitraum gelten die Jahre von 1945 (Ende des Zweiten Weltkriegs) bis 1955 (Ende der alliierten Besatzung Österreichs und Abschluss des Österreichischen Staatsvertrages). Ziel war es, herauszufinden, ob bei Renner sowie der SPÖ (als Nachfolgepartei der ehemaligen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Zweiten Österreichischen Republik) auch in den Nachkriegsjahren weiterhin deutschnationale Tendenzen manifest waren. Die Fokussetzung auf Karl Renner liegt dabei im Umstand begründet, dass dieser eine lange politische Laufbahn durchlief und aufgrund der höchsten Staatsämter, welche er Zeit seines Lebens bekleidete, als Staatsamt und „politisches Fundament“ prägend auf die österreichische Sozialdemokratie und das kollektive Bewusstsein der österreichischen Bevölkerung wirkte. Theoretisch verortet sich die Arbeit in den soziolinguistischen Paradigmen der Diskurslinguistik (vgl. Spitzmüller / Warnke 2011) – unter Einbeziehung der Sprachideologieforschung (vgl. Busch 2019) sowie Sprachpolitikforschung (vgl. Spolsky 2004) – unter Einbeziehung von Ergebnissen der Zeitgeschichtsforschung zur Zweiten Österreichischen Republik (vgl. Rathkolb 2015, Vocelka 2010). Vor diesem Hintergrund wurden drei Forschungsfragen formuliert und im Rahmen einer inhaltlich-strukturierten qualitativen Inhaltsanalyse von Korpusmaterial (nach Kuckartz / Rädiker 2022) sowie einer hermeneutischen Auswertung von Fachliteratur beantwortet. Das Korpus bestand dabei einerseits aus Reden sowie Schriften von Karl Renner sowie andererseits aus ausgewählten Artikeln in sozialdemokratischen Zeitungen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich sowohl in Renners Schriften als auch Reden auch nach 1945 (wie schon vor der Zweiten Republik) Passagen finden lassen, die von einer deutschnationalen Polung zeugen. Obwohl Renner die Staatsdoktrin der Zweiten Republik – welche eine Loslösung vom Deutschnationalismus und den Aufbau einer eigenständigen österreichischen Nation implizierte und propagierte – mittrug, blieb er allem Anschein nach, trotz seiner österreichischen Identität, in seinem Selbstverständnis gemäß der „Logik" des im 19. Jahrhundert wurzelnden sprachbasierten Nationalismus – aufgrund der Tatsache, dass er deutschsprachig war – ein „Deutscher". Eine entsprechende Einstellung innerhalb der SPÖ auch über Renner hinaus belegen auch als deutschnational kategorisierbare Artikel in den untersuchten Pressetexten aus der Besatzungszeit. Dass dieser Fortbestand deutschnationaler Ideologien Renners Pragmatismus sowie ein politisches Kalkül seitens der SPÖ hinweisen könnte, scheint nur wenig plausibel. Vor allem kann Renner nicht als handlungsleitender Akteur hinsichtlich einer konsequent verfolgten Akzentuierung einer österreichischen Nationalidentität in Verbindung mit einer spezifisch österreichischen Sprache eingestuft werden. Ob Renners Tod zu Standpunktverschiebungen bezüglich (nationale) österreichische Identität innerhalb der SPÖ führte, konnte nicht geklärt werden.
Abstract
(Englisch)
This master's dissertation delves into selected (linguistic) political and (linguistic) ideological aspects of Karl Renner's positioning, specifically within the context of the Austrian Social Democratic Party's (SPÖ) stance regarding the interplay between the "German language and Austrian identity" during the early phase of the Second Austrian Republic's nation-building process. The research period spans from 1945 (the end of World War II) to 1955 (conclusion of the Allied occupation of Austria and the signing of the Austrian State Treaty). The objective was to ascertain whether Renner and the SPÖ (as the successor party to the former Social Democratic Workers' Party in the Second Austrian Republic) continued to exhibit German nationalist tendencies in the post-war years. The focus on Karl Renner is justified by his extensive political career and the significant impact of the highest state offices he held throughout his life, which had a formative influence on Austrian social democracy and the collective consciousness of the Austrian population. The theoretical framework of this work aligns with the sociolinguistic paradigms of discourse linguistics (Spitzmüller/Warnke, 2011), incorporating language ideology research (Busch, 2019) and language policy research (Spolsky, 2004), alongside findings from contemporary history research on the Second Austrian Republic (Rathkolb 2015, Vocelka 2010). Within this framework, three research questions were formulated and answered through a structured qualitative content analysis of corpus materials (Kuckartz/Rädiker, 2022) and a hermeneutic interpretation of specialised literature. The corpus included speeches and writings by Karl Renner, as well as selected articles from social-democratic newspapers. The findings reveal that both in Renner's writings and speeches post-1945 (similar to pre-Second Republic times), passages reflecting a German nationalist orientation can be identified. Despite Renner supporting the state doctrine of the Second Republic, which implied detachment from German nationalism and advocated for the establishment of an independent Austrian nation, he seemingly, owing to his German language identity, retained a self-perception aligned with the logic of 19th-century language-based nationalism, considering himself a "German" despite his Aus- trian identity. Correspondingly, the presence of similar attitudes within the SPÖ, evident in articles categorised as German nationalist in the examined press texts from the occupation period, reinforces this outlook, extending beyond Renner's influence. The suggestion that the persistence of German nationalist ideologies might indicate Renner's pragmatism or a political strategy by the SPÖ seems implausible. Renner cannot be regarded as a leading actor advocating for a consistent emphasis on Austrian national identity linked to a specifically Austrian language. Whether Renner's passing led to shifts in the SPÖ's standpoint regarding (national) Austrian identity remains inconclusive.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Karl Renner SPÖ deutschnational Deutschnationalismus Sprache Österreich Identität
Schlagwörter
(Englisch)
Karl Renner SPÖ German nationalist language Austria identity
Autor*innen
Michael Klukowski
Haupttitel (Deutsch)
Deutsche Sprache und österreichische Identität 1945 bis 1955 - zur Positionierung Karl Renners und der SPÖ
Hauptuntertitel (Deutsch)
eine zeitgeschichtlich kontextualisierte soziolinguistische Untersuchung
Publikationsjahr
2024
Umfangsangabe
109 Seiten : Illustrationen
Sprache
Deutsch
Beurteiler*in
Manfred Glauninger
Klassifikationen
15 Geschichte > 15.60 Schweiz. Österreich-Ungarn. Österreich ,
17 Sprach- und Literaturwissenschaft > 17.20 Soziolinguistik. Allgemeines
AC Nummer
AC17055046
Utheses ID
69866
Studienkennzahl
UA | 066 | 818 | |
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