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Between wars and peace - everyday practices of self-determination
an ethnographic study of multiple Armenian perspectives
Elitsa Kapusheva
Art der Arbeit
Masterarbeit
Universität
Universität Wien
Fakultät
Fakultät für Sozialwissenschaften
Studiumsbezeichnung bzw. Universitätlehrgang (ULG)
Masterstudium DDP CREOLE-Cultural Differences and Transnational Processes
Betreuer*in
Hermann Mückler
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Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved
DOI
10.25365/thesis.75354
URN
urn:nbn:at:at-ubw:1-11657.05050.878262-0
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(Print-Exemplar eventuell in Bibliothek verfügbar)

Abstracts

Abstract
(Deutsch)
Das Selbstbestimmungsrecht wurde als produktiver und emanzipatorischer Mechanismus des Völkerrechts bezeichnet, bleibt aber sowohl in der Theorie als auch in der Praxis zweideutig. Während die der Selbstbestimmung innewohnenden Probleme einen idealen Nährboden für intellektuelle Debatten bieten, bleibt die Realität, dass viele Menschen damit kämpfen, das Selbstbestimmungsrecht als Rahmen für ihre Unabhängigkeit angesichts verschiedener Herausforderungen und Ungerechtigkeiten zu nutzen. Ziel dieser Masterarbeit ist es, sich aus einer anthropologischen Perspektive kritisch mit dem komplexen Begriff der Selbstbestimmung auseinanderzusetzen, und zwar vor dem Hintergrund seiner Einbettung im Völkerrecht und im Menschenrechtsdiskurs. Die Untersuchung geht von der Hypothese aus, dass Selbstbestimmung kein lineares Streben nach Anerkennung ist, sondern ein kontinuierlicher Prozess der Verhandlung und der Rückgewinnung von Identität im Hinblick auf ein kollektives Recht, das verdient und nicht einfach gewährt werden muss (Mégret, 2016). Die Untersuchung basiert sich auf dem konkreten Beispiel Armeniens und der nicht anerkannten Republik Arzach. Die zentrale Forschungsfrage – wie wird Selbstbestimmung im Alltag verstanden, erlebt und besprochen und auf welche Weise begründet der andauernde Prozess der Selbstbestimmung für Arzach die Identitätsaushandlung von (Arzach-)Armeniern? - leitet den Versuch, persönliche Perspektiven auf den andauernden Bergkarabach-Konflikt und insbesondere auf die Zeit nach dem 2020 Krieg zu beleuchten. Die besondere und ungewisse Temporalität eines Waffenstillstands, unter der die Feldforschung stattfindet, prägt sowohl die theoretischen als auch die methodischen Ansätze zur Beantwortung der Forschungsfrage. Theoretisch wird Selbstbestimmung durch das Konzept der Liminalität, als soziale Praxis der Resilienz und dadurch als Nährboden zur Identitätsaushandlung untersucht. Um empirisches Material zu sammeln, wurde im Zeitraum von Ende Juni bis September 2022 in Armenien eine multi-sited ethnografische Feldforschung durchgeführt, wobei die folgenden primären qualitativen Forschungsmethoden zum Einsatz kamen: (teilnehmende) Beobachtung und teilnehmende Beobachtung bei Veranstaltungen; Experten-, narrative und kollaborative Interviews. Die Auswertung der gesammelten Erkenntnisse zeigt, dass für die ForschungspartnerInnen die Frage der Selbstbestimmung Bergkarabachs nach wie vor von zentraler Bedeutung ist, die Beschäftigung mit ihr jedoch je nach persönlichen Wunden, Verlusten und Enttäuschungen durch den Konflikt allgegenwärtig, aber höchst ambivalent ist. In den Erzählungen über die vergangenen zwei Jahre zeigt sich, dass Selbstbestimmung nicht nur in kollektiven und zukünftigen Begriffen gedacht wird, sondern auch als eine Perspektive, um der persönlichen Vergangenheit einen Sinn zu geben. Vor allem in den Fällen, in denen das Streben nach kollektiver Selbstbestimmung als aussichtslos empfunden wird, verinnerlichen die GesprächspartnerInnen Selbstbestimmung als einen Weg zum Aufbau gegenwärtiger und zukünftiger Resilienz. Die tragischen Entwicklungen in Bergkarabach in den Monaten nach dem Abschluss der Feldforschung zeigen eindeutig, wie wichtig es ist, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Das Selbstbestimmungsrecht ist nicht nur ein Rechtsinstrument, um geopolitische Veränderungen zu ermöglichen oder zu verhindern, sondern aufgrund seiner begrifflichen Pattsituation hat schreckliche Folgen für das Leben der Menschen. Eine engagierte, kritische und inklusive wissenschaftliche Debatte kann dazu beitragen, weitere Gewalt, Ungerechtigkeit und Leiden zu minimieren.
Abstract
(Englisch)
The right to self-determination of peoples was coined to be a productive and emancipatory mechanism of international law, yet both in theory and practice it remains ambiguous. While the inherent conundrums of self-determination present fruitful grounds for intellectual debates, the reality remains that many people struggle to use it as a framework for their independence in the face of various challenges and injustices. The aim of this master’s thesis is to engage critically and from an anthropological perspective with the complex notion of self-determination against the backdrop of its framing in international law and the human rights discourse. The exploration commences from the hypothesis that self-determination is not a linear pursuit of recognition, but a continuous process of negotiation and reclaiming of identity towards a collective right to be earned and not simply granted (Mégret, 2016). The research is based on the concrete example of Armenia and the unrecognized Republic of Artsakh. The central research question – how is self-determination understood, experienced and talked about in everyday life and in what ways the unceasing process of self-determination for Artsakh substantiates the identity negotiation of (Artsakh-)Armenians? — guides the attempt to illuminate close-up personal perspectives from the protracted Nagorno-Karabakh conflict and especially in the aftermath of the 2020 war. The particular uncertain temporality of a ceasefire, under which the fieldwork takes place, shapes both the theoretical and methodological approaches to answering the research question. Theoretically, self-determination is examined through the concept of liminality, as a social practice of resilience and through that as a fertile ground for identity negotiation. In order to gather empirical material a multi-sited ethnographic fieldwork was carried out in Armenia in the period of late June to September 2022, whereby the following primary qualitative research methodologies were employed: (participant) observation and participant observations in events; expert, narrative and collaborative interviews. The analysis of the collected insights shows that for the research partners the question of Karabakh’s self-determination remains pivotal, nonetheless depending on their personal scarring, losses and disappointments from the conflict the preoccupation with it is ubiquitous, yet highly ambivalent. In the narration of the past two years, it transpires that self-determination is not thought of only in collective and future terms, but also as an outlook to make sense of the personal past. Most importantly, in the instances in which the pursuit of collective self-determination is perceived as hopeless, the interlocutors internalize it as a path to building present and future resilience. The tragic developments taking place in Nagorno-Karabakh in the months after the completion of the fieldwork, demonstrate unequivocally how important it is to engage with this issue. Self-determination is not simply a legal instrument to enable or prevent geopolitical change, but due to its conceptual stalemate has dire consequences over the lives of people. Engaged, critical and inclusive academic debate can potentially contribute to the minimization of further violence, injustice, and suffering.

Schlagwörter

Schlagwörter
(Deutsch)
Selbstbestimmungsrecht kollektive Menschenrechte Arzach Berg-Karabach Armenien Konfliktforschung Resilienz
Schlagwörter
(Englisch)
Self-determination collective rights Artsakh Nagorno-Karabakh Armenia conflict research resilience
Autor*innen
Elitsa Kapusheva
Haupttitel (Englisch)
Between wars and peace - everyday practices of self-determination
Hauptuntertitel (Englisch)
an ethnographic study of multiple Armenian perspectives
Paralleltitel (Deutsch)
Zwischen Kriegen und Frieden - Alltagspraktiken des Selbstbestimmungsrechts
Paralleluntertitel (Deutsch)
eine ethnografische Studie verschiedener armenischer Perspektiven
Publikationsjahr
2024
Umfangsangabe
133 Seiten : Illustrationen
Sprache
Englisch
Beurteiler*in
Hermann Mückler
Klassifikationen
70 Sozialwissenschaften allgemein > 70.00 Sozialwissenschaften allgemein. Allgemeines ,
73 Ethnologie > 73.08 Regionale Ethnologie ,
73 Ethnologie > 73.96 Ethnische Identität
AC Nummer
AC17100076
Utheses ID
70228
Studienkennzahl
UA | 066 | 656 | |
Universität Wien, Universitätsbibliothek, 1010 Wien, Universitätsring 1